Verfahrensgang

VG Stade (Beschluss vom 26.08.2005; Aktenzeichen 4 B 1528/05)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 10.02.2006; Aktenzeichen 1 BvR 91/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade – 4. Kammer – vom 26. August 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die Antragstellerinnen sind im Jahr 2001 geborene Zwillinge. Sie leiden an einer Osteogenesis imperfecta. Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss ihren Antrag abgelehnt, die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie mit Beginn des Kindergartenjahres 2005/2006 in die Integrationsgruppe des Kindergartens H. der Antragsgegnerin zu 1) aufzunehmen und die Kosten der Integration zu übernehmen.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO lägen nicht vor. Die Antragstellerinnen hätten den erforderlichen Anordnungsanspruch auf ihre Aufnahme in die Integrationsgruppe des Kindergartens und Kostenübernahme nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin zu 1) sei schon nicht passivlegitimiert, weil sich der Anspruch auf einen Kindergartenplatz nach § 12 KiTaG gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe richte. Dies sei der Antragsgegner zu 2). Das Begehren habe aber auch gegen den Antragsgegner zu 2) keinen Erfolg. Die Antragstellerinnen seien unstreitig körperlich wesentlich behindert. Ihr Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz richte sich daher nach § 12 Abs. 2 KiTaG, d. h. auf einen Platz in einer teilstationären Einrichtung. Zu den teilstationären Einrichtungen dieser Vorschrift gehörten neben Sonderkindergärten auch Kindergärten, die – wie hier der Kindergarten H. mit einer Gruppe – als integrative Einrichtung zur gemeinsamen Betreuung von behinderten und nichtbehinderten Kindern eingerichtet und vom Landesjugendamt genehmigt seien. Eine Aufnahme der Antragstellerinnen in die vorhandene Integrationsgruppe des in Rede stehenden Kindergartens sei derzeit nicht möglich, weil die vier Plätze für behinderte Kinder besetzt seien. Die Antragstellerinnen könnten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auch nicht verlangen, dass die für das Betreuungsjahr 2006/2007 geplante zweite Integrationsgruppe schon jetzt geschaffen werde. Die dafür erforderlichen personellen, baulichen und organisatorischen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Den Antragstellerinnen sei es zuzumuten, den von ihrem Wohnort nur 11 km entfernten Sonderkindergarten in I. zu besuchen.

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerinnen, über die der Senat gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen in Betracht kommenden rechtlichen – auch rechtswegfremden – Gesichtspunkten nach Maßgabe der Besonderheiten des Beschwerderechts (§ 146 Abs. 4 VwGO) zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet. Sie genügt insoweit nicht den Anforderungen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn sie setzt sich nicht mit der vom Verwaltungsgericht vertretenen und in der Sache zutreffenden Auffassung auseinander, dass die Antragsgegnerin zu 1) in bezug auf die Geltendmachung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz nicht passivlegitimiert ist (vgl. auch Beschluss des 4. Senats des Gerichts vom 27.11.1996 – 4 M 4787/96 –, FEVS 47, 248).

Die gegen den Antragsgegner zu 2) gerichtete Beschwerde ist zulässig. Soweit die Antragstellerinnen ihr Begehren umgestellt und nunmehr auf die Aufnahme in eine Regelgruppe des Kindergartens J. gerichtet haben, hilfsweise mit persönlicher Assistenz, hilfsweise im Rahmen der Einzelintegration und weiterhin hilfsweise auf eine Aufnahme in die dortige Integrationsgruppe, handelt es sich um eine Antragsänderung, die – auch im zweiten Rechtszug – gemäß § 91 Abs. 1 VwGO (analog) zulässig ist. Der Antragsgegner zu 2) hat sich rügelos zu dem geänderten Antragsbegehren sachlich eingelassen und damit in die Änderung des Antrags konkludent eingewilligt (§ 91 Abs. 2 VwGO analog). Im übrigen trägt die Änderung des Antrags zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Beteiligten bei und ist deshalb als sachdienlich anzusehen.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, auf dessen Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenüber dem Antragsgegner zu 2) nicht vor, weil die Antragstellerinnen einen Anordnungsanspruch für ihr geändertes Begehren nicht glaubhaft gemacht haben.

Die Antragstellerinnen haben nach derzeitigen Erkenntnisstand, d. h. bei summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes, weder einen Anspruch auf Aufnahme in die Regelgruppe des Kindergartens H. – auch nicht unter Berücksichtigung der hilfsweise formulierten Einschränkun...

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