Die Frage, wo ein Gebäude energetisch steht, ist von zentraler Bedeutung für alle, die Energie und Kosten sparen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten möchten. Doch wie lässt sich der energetische Zustand eines Gebäudes objektiv beurteilen und im Vergleich zu anderen Gebäuden einordnen? Diese Fragen sind sowohl für Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern als auch für Verantwortliche von gewerblichen Immobilien und öffentlichen Gebäuden von Interesse.

Energieausweis

Ein erster wichtiger Schritt zur Einordnung ist die Betrachtung des Energieausweises, der unterschiedliche Kennzahlen wie den Transmissionswärmeverlust, den Endenergiebedarf und den Primärenergiebedarf enthält (siehe dazu nachfolgend Kap. 1.3.1.1). Diese Werte geben einen ersten Aufschluss über die energetische Qualität des Gebäudes und ermöglichen einen Vergleich mit anderen Gebäuden gleicher Art und Größe. Sie können auch Aufschluss darüber geben, welche Sanierungsmaßnahmen am sinnvollsten und wirtschaftlichsten wären.

Energieberatung

Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, eine detaillierte energetische Beratung in Anspruch zu nehmen. Spezialisierte Energieberater können eine genaue Bestandsaufnahme machen und individuelle Empfehlungen für Verbesserungen geben. Mit modernen Methoden wie der Thermografie (siehe auch Kap. 3.1.2.1) können Schwachstellen in der Gebäudehülle sichtbar gemacht werden und Luftdichtheitstests können Aufschluss über ungewollte Luftströme geben ("Blower Door", siehe Kap. 3.1.4).

Benchmarks

Weiterhin können Benchmarks und Durchschnittswerte aus der Branche oder der Region eine Orientierung bieten. So kann man abschätzen, ob das eigene Gebäude im Vergleich eher gut oder schlecht abschneidet und wo es das größte Potenzial für Verbesserungen gibt.

dena-Gebäudereport

Die jährliche Veröffentlichung des Gebäudereports durch die dena (Deutsche Energie-Agentur) ist eine wichtige Informationsquelle für alle, die im Gebäudesektor tätig sind.[1] Sie bietet einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Trends und dient damit als Grundlage für strategische Entscheidungen in Politik und Wirtschaft. Aber der Report dient zudem als Vergleich, wie Gebäude im Gesamtmarkt einzuordnen sind. Letztendlich geht es auch um die Marktfähigkeit der Gebäude – sei es zum Werterhalt oder zur Vermietung.

[1] Vgl. dena-Gebäudereport 2023, www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2022/dena_Gebaeudereport_2023.pdf, Abruf 15.1.2024.

1.3.1 Energieausweis

Der Energieausweis ist ein nützliches Instrument, um die Energieeffizienz eines Gebäudes zu bewerten und erste potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren. Er kann Gebäudeeigentümern, -verwaltern und -nutzern eine wertvolle erste Entscheidungshilfe sein, da er dafür da ist, die energetische Qualität zu dokumentieren.

Der Gebäudeenergieausweis ist ein Dokument, das verschiedene Kennzahlen und Informationen zur energetischen Qualität eines Gebäudes enthält (siehe ausführlich Kap. 6). Er ist 10 Jahre gültig und muss nach Ablauf dieser Frist neu erstellt werden, sofern das Gebäude verkauft, vermietet oder verpachtet werden soll. Das gilt sowohl für den Verbrauchs- als auch für den Bedarfsausweis. Ebenfalls kann nach umfassenden Sanierungen oder Änderungen am Gebäude ein neuer Energieausweis erforderlich sein, auch wenn die ursprüngliche Gültigkeitsdauer noch nicht abgelaufen ist. Ein aktualisierter Ausweis kann dann die Verbesserungen in der Energieeffizienz des Gebäudes abbilden (siehe dazu Kap. 7).

 

Verbrauchs- oder Bedarfsausweis – welcher ist aussagekräftiger?

Es gibt 2 Arten von Energieausweisen:

  • Verbrauchsausweis

    Der Verbrauchsausweis basiert auf dem tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes, der in der Regel aus den letzten 3 Jahren ermittelt wird. Dabei wird der Endenergieverbrauch in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/(m2·a)) angegeben. Diese Form des Energieausweises ist weniger genau, da der tatsächliche Verbrauch von vielen Faktoren abhängt, wie dem Verhalten der Bewohner oder den Wetterbedingungen in den betrachteten Jahren. Er spiegelt eigentlich nur die Gewohnheiten der Nutzer der Vergangenheit wider.

  • Bedarfsausweis

    Der Bedarfsausweis hingegen basiert auf einer detaillierten Analyse des Gebäudes, einschließlich der Gebäudehülle, der Heizungsanlage, der Fenster usw. und ist wesentlich genauer. Er bezieht sich ausschließlich auf das Gebäude, nicht auf die Nutzer. Auf dieser Grundlage wird der theoretische Energiebedarf des Gebäudes ermittelt. Er ist jedoch auch aufwendiger und teurer in der Erstellung.

Der Hauptunterschied liegt in der Herangehensweise: Während der Verbrauchsausweis auf realen Verbrauchsdaten basiert, beruht der Bedarfsausweis auf einer theoretischen Berechnung des Energiebedarfs.

Beide Arten von Energieausweisen enthalten oft weitere Informationen, wie z. B. über

  • Energieeffizienzklasse (von A+ bis H),
  • Transmissionswärmeverlust,
  • Primärenergiebedarf und
  • Empfehlungen für energetische Sanierungsmaßnahmen.

Die in einem Energieausweis gemachten Empfehlungen für energe...

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