1 Leitsatz

Ein Verwalter haftet nicht auf Schadensersatz, wenn er nach der Information über die mangelhafte Durchführung von Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum Handwerker und einen Sachverständigen beauftragt sowie zeitnah eine Versammlung der Wohnungseigentümer einberuft.

2 Normenkette

§ 26 WEG; § 280 BGB

3 Das Problem

Das Sondereigentum von Wohnungseigentümer K liegt im 4. OG, das Sondereigentum von Wohnungseigentümer B ist das darüber liegende Dachgeschoss. In der Gemeinschaftsordnung ist B ein Ausbaurecht eingeräumt worden. Seit dem Jahr 2017 nutzt B dieses Ausbaurecht und baut seine Räume zu Wohnungen aus. Dazu lässt B den gesamten Dachaufbau abtragen. Am 16.6.2017 stellt K Risse an den Decken seiner Wohnung, losen Putz und Wasserflecken fest. Dies zeigt K dem B und dem Verwalter an. Nach einem Unwetter kommt es zu einem Wassereintritt in mehreren Zimmern der Wohnung des K. Am Folgetag fordert der Verwalter den B erfolglos auf, für eine hinreichende Dachdichtung zu sorgen und das Dach instand zu setzen. Parallel fordert K den Verwalter auf, die Undichtigkeiten im Dach zu beheben und die Dacheindeckung sicherzustellen. Ein vom Verwalter beauftragter Dachdecker untersucht im August 2017 das Dach. Anschließend geschieht erst einmal aber nichts. Mit einer E-Mail vom 11.10.2017 zeigt K weitere Schäden in seiner Wohnung an. Mit Schreiben vom 9.11.2017 lehnt der Verwalter die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ab. Ein von ihm stattdessen beauftragter Architekt teilt im November 2017 allerdings mit, die Risse und Wasserschäden stünden im Zusammenhang mit den Dachgeschossarbeiten des B. Es seien provisorische Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, um weitere Schäden von der Baukonstruktion abzuwenden. Im Februar 2018 kommt es daher zu einer Versammlung. K verlangt vor diesem Hintergrund von B und vom Verwalter Schadensersatz.

4 Die Entscheidung

Gegen den Verwalter hat die Klage keinen Erfolg! Der Verwalter habe seine Pflichten nicht verletzt und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Er habe im adäquaten, ihm zumutbaren Rahmen reagiert. So habe er einen Dachdecker und einen Sachverständigen beauftragt, Ortstermine durchgeführt und B zur Entfaltung der erforderlichen Maßnahmen aufgefordert. Ferner habe er zeitnah eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen. Anders sei es im Verhältnis zu B. Gegen diesen stehe K ein Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von insgesamt 32.253,40 EUR zu – und zwar entweder aus § 280 Abs. 1 BGB (i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG a. F.) oder aus § 906 Abs. 2 BGB analog. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Arbeiten ausschließlich das gemeinschaftliche Eigentum betroffen haben, bestünde ein Anspruch aus § 280 BGB, da insoweit eine Treuepflichtverletzung vorliege. Denn jeder Wohnungseigentümer habe die Pflicht, das gemeinschaftliche Eigentum nicht zu verletzen (sodass andere Wohnungseigentümer Schäden an ihrem Sondereigentum erleiden). Soweit man wegen eines Ausbaurechts eine rechtswidrige Beeinträchtigung ablehnen würde, so würde aus der Gemeinschaftsordnung jedenfalls ein Anspruch bestehen; soweit dieser Anspruch nicht als eigenständige Anspruchsgrundlage bewertet werden sollte zumindest i V. m. § 906 Abs. 2 BGB analog.

Hinweis

  1. Der Fall behandelt das Recht eines Wohnungseigentümers, aufgrund einer Vereinbarung in das gemeinschaftliche Eigentum einzugreifen. Diese Fälle werden sich im neuen Recht häufen. In aller Regel – das ist meine Prognose – werden die Wohnungseigentümer nämlich nach § 20 Abs. 1 WEG bauliche Veränderungen gestatten, aber nicht durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchführen lassen.
  2. Vor diesem Hintergrund wird es künftig noch mehr als bislang Aufgabe des Verwalters sein, Eingriffe eines Dritten in die Bausubstanz prüfend zu begleiten und notfalls einzugreifen. Im Fall hätte der Verwalter sich meines Erachtens von vornherein über die geplanten Arbeiten und ihre Umsetzung informieren lassen sollen. Jedenfalls musste er tätig werden, als sich herausstellte, dass B seine Pflichten offensichtlich verletzt hatte. Denn den für B tätigen Handwerkern war es selbstverständlich nicht erlaubt, die Arbeiten so durchzuführen, dass es zu einem Wassereintritt oder Schäden an Wohnungen kommen konnte. Der Verwalter hat daher richtig gehandelt, die Schäden zu begutachten und die Wohnungseigentümer in einer Versammlung zusammenzurufen.
  3. Im aktuellen Recht ist streitig geworden, ob der Verwaltervertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer ist. Lehnt man dieses Konstrukt mit beachtlichen Stimmen im Schrifttum ab, hätte K nicht den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen der von ihm behaupteten Pflichtwidrigkeit des Verwalters verklagen müssen. In einem 2. Schritt hätte dann, wäre die Klage erfolgreich gewesen, allerdings die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beim Verwalter Regress suchen müssen. Dabei hätte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats vertreten werden müssen. Obwohl dies für den Verwalter misslich ...

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