Verfahrensgang

AG Heilbronn (Beschluss vom 31.07.2007; Aktenzeichen 1 IK 437/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 31.7.2007 – 1 IK 437/07 MAR – abgeändert.

Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO werden Maßnahmen der Zwangsvollstreckung der vollstreckenden Gläubigerin B. einschließlich des Betreibens des Verfahrens auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung einstweilen bis zum Abschluss des Schuldenbereinigungsplanverfahrens und des sich gegebenenfalls anschließenden Insolvenzeröffnungsverfahrens eingestellt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind.

2. Die vollstreckende Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: bis 900,00 EUR

 

Tatbestand

I.

Am 22.6.2007 beantragte der Schuldner beim Amtsgericht Heilbronn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Zugleich beantragte er gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO Vollstreckungsschutz gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubigerin B. Diese hat gegen den Schuldner einen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erwirkt und den Schuldner mit Schreiben der beauftragten Gerichtsvollzieherin vom 26.7.2007 auffordern lassen, zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 2.8.2007 zu erscheinen.

Mit Beschluss vom 31.7.2007 wies das Amtsgericht Heilbronn den Antrag des Schuldners auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurück. Das Amtsgericht ist der Auffassung, gemäß § 21 InsO seien nur Maßnahmen zu treffen, um Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Die dem Schuldner drohende Abgabe der eidesstattlichen Versicherung habe jedoch gerade keine Auswirkungen auf die Vermögenssituation des Schuldners. Insofern bestehe kein Bedürfnis, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen.

Mit Schreiben vom 08.08.2007 hat das Amtsgericht die Gläubiger zur Stellungnahme im Verfahren über den vom Schuldner eingereichten Schuldenbereinigungsplan aufgefordert.

Mit am 10.8.2007 beim Amtsgericht Heilbronn eingehendem Schriftsatz ließ der Schuldner durch seine Verfahrensbevollmächtigten sofortige Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts einlegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel des Schuldners ist zulässig.

Insbesondere ist das Rechtsmittel statthaft. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO die sofortige Beschwerde des Schuldners nur gegen die positive Anordnung von Maßnahmen des Insolvenzgerichts gemäß § 21 InsO zulässig. Soweit hiervon Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO betroffen sind, handelt es sich aber um ein offensichtliches Redaktionsversehen. Denn bei § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO handelt es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners besteht, sich gegen die Anordnung von Maßnahmen zu wenden, sondern allenfalls gegen deren Nichtanordnung. Durch das Änderungsgesetz vom 26.10.2001 sollte dem Schuldner eine generelle Anfechtungsmöglichkeit eingeräumt werden.

Auch hat der Schuldner das Rechtsmittel fristgerecht erhoben.

2. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist auch in der Sache begründet. Auf den Antrag des Schuldners ist das von der Gläubigerin eingeleitete Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß §§ 306 Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO einstweilen bis zum Abschluss des Schuldenbereinigungsplanverfahrens und des sich gegebenenfalls anschließenden Insolvenzeröffnungsverfahrens einstweilen einzustellen.

a) Entsprechende Sicherungsmaßnahmen sind gemäß § 306 Abs. 2 Satz 1 InsO bereits während des Schuldenbereinigungsplanverfahrens zulässig.

b) Mit dem von der Gläubigerin eingeleiteten Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung droht die effektive Vollstreckung in das Schuldnervermögen. Nachdem nicht ersichtlich ist, dass die Gläubigerin im Sinne der §§ 89 Abs. 2 Satz 2 InsO, 850d, f Abs. 2 ZPO privilegiert ist, und sie daher während des späteren Insolvenzverfahrens ohnehin nicht vollstrecken dürfte bzw. zwischen Antrag und Eröffnung des Verfahrens im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Vermögenswerte im Falle der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter gemäß §§ 131, 143 InsO zurückgewähren müsste, stünde deren Vollstreckung in Vermögenswerte des Schuldners im Widerspruch mit dem bereits in der jetzigen Phase des Verfahrens zu sichernden Ziel der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung. Daher ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Insolvenzgericht gemäß §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 306 Abs. 2 InsO geboten.

c) Die Einstellungsanordnung hat sich auch auf das der eigentlichen Vollstreckung vorausgehende Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu erstrecken.

Dieses Verfahren stellt sich nach seinen Voraussetzungen und seiner systematischen Stellung als Maßnahme der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO dar (vgl. LG Darmstadt NJW-RR 2003, 1493; AG Wilhelmshaven NZI 2001, 436; a.A.: AG Güstrow JurBüro 2004, 213; AG Rostock JurBüro 2004, 213; AG Hainichen JurBüro 2002, 605).

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