Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts. vom 21.11.2005 – M 1. – wird

zurückgewiesen.

2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: bis 500,– EUR

 

Tatbestand

I.

Über das Vermögen des Schuldners wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 11.10.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gläubigerin vollstreckt gegen den Schuldner aus einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens titulierten Forderung, der angeblich eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners zu Grunde liegt.

Mit Schreiben vom 02.07.2005 teilte die Gerichtsvollzieherin der Gläubigerin mit, dass sie das Vollstreckungsverfahren im Hinblick auf den Insolvenzeröffnungsbeschluss des Amtsgerichts H. über das Vermögen des Schuldners einstelle. Hiergegen legte die Gläubigerin mit Schreiben vom 07.07.2005 Vollstreckungserinnerung ein mit dem Antrag, die Gerichtsvollzieherin anzuweisen, das Verfahren fortzusetzen, da das Vollstreckungsverbot aus § 89 Abs. 1 InsO gemäß § 89 Abs. 2 S. 2 InsO nicht für Forderungen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen des Insolvenzschuldners gelte. Mit Beschluss vom 21.11.2005 wies das Amtsgericht S. die Erinnerung der Gläubigerin mit der Begründung zurück, die Gläubigerin sei Insolvenzgläubigerin und könne sich daher auf § 89 Abs. 2 S. 2 InsO, der nur für sog. Neugläubiger gelte, nicht berufen.

Gegen diesen der Gläubigerin am 24.11.2005 zugestellten Beschluss wendet sich die beim Amtsgericht S. am 30.11.2005 eingegangene und mit Schriftsatz vom 13.12.2005 begründete sofortige Beschwerde der Gläubigerin. Auf den Inhalt der Beschwerdebegründung wird hiermit Bezug genommen. Mit Beschluss vom 14.12.2005 erklärte das Amtsgericht Nichtabhilfe und legte die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor. Mit Beschluss vom 10.01.2006 hat die Einzelrichterin die Beschwerdeentscheidung auf die Kammer übertragen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gem. § 793 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel indessen ohne Erfolg. Die Beschwerdeführerin vollstreckt aus einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners titulierten Forderung und ist daher Insolvenzgläubigerin im Sinne von § 38 InsO. Bereits mit Beschluss vom 22.09.2004 (1 T 291/04 Bm) hat die Beschwerdekammer entschieden, dass das Vollstreckungsprivileg des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO aufgrund seiner eindeutigen systematischen Stellung und des eindeutigen Wortlautes nicht auf Insolvenzgläubiger im Sinne der § 38 InsO anwendbar ist. § 89 Abs. 2 S. 2 eröffnet vielmehr nur den sog. Neugläubigern im Sinne von § 89 Abs. 2 S. 1 InsO den Zugriff auf den nicht allgemein pfändbaren Teil der künftigen Bezüge, also denjenigen Gläubigern, die ihre Ansprüche gegen den Insolvenzschuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben haben.

An der im Beschluss der Beschwerdekammer vom 22.09.2004 (1 T 291/04 Bm) dargelegten Begründung hält die Beschwerdekammer nach wie vor fest:

Die Stellung der Insolvenzgläubiger einerseits und der Neugläubiger andererseits ist grundverschieden. Letztere werden am Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht beteiligt. Dennoch ordnet § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO die Erstreckung des Vollstreckungsverbotes für die dort bezeichneten künftigen Bezüge des Schuldners auf die Neugläubiger an, dies wiederum als Folge der Regelung des § 35 InsO, wonach auch das vom Schuldner während des Insolvenzverfahrens erlangte Vermögen zur Insolvenzmasse gehört. Alleine um diese Vollstreckungssperre für die Neugläubiger abzumildern, sieht § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO eine Ausnahme zugunsten der in der Vorschrift bezeichneten privilegierten Neugläubiger vor. Alleine ihnen eröffnet die Bestimmung im Blick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit auch während des Insolvenzverfahrens die Vollstreckung in den nicht allgemein pfändbaren Teil der künftigen Bezüge (vgl. OLG Zweibrücken, ZInsO 2001, 625ff; AG Dortmund v. 09.05.2005, Az. 257 IK 45/02; Kübler-Prütting, InsO § 89 Rnr. 89; Münchner Kommentar – Breuer, § 89 InsO Rnr. 36 S. 1886 letzter Satz; Nehrlich-Römermann-Wittowski, § 89 InsO Rnr. 20; Stöber, Forderungspfändung, Rnr. 972a; Behr JurBüro 1999, 66ff; LG Heilbronn, Beschluss v. 16.08.2004, 1 T 220/04 St).

Die von der Beschwerdeführerin geforderte Anwendung des § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO auch auf Insolvenzgläubiger, die zugleich Deliktsgläubiger sind, würde aber zu einer Benachteiligung der so genannten Neugläubiger führen. Da die Neugläubiger bereits wegen § 89 Abs. 2 Satz 1 InsO auch in künftige Forderungen auf Bezüge des Schuldners aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht mehr zugreifen können, würde die zur Abmilderung für die Neugläubiger geschaffene Möglichkeit des § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO betreffend Deliktsforderungen der Neugläubiger weitgehend leer laufen, wenn Deliktsgläubiger, die zugleich Insolvenzgläubiger sind und bereits an der ...

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