Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 22.11.2021; Aktenzeichen 237 C 162/21)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. November 2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 237 C 162/21 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf 6.660,00 EUR (12 × 555,00 EUR, Jahresnettokaltmiete) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Eigenbedarfs auf Räumung und Herausgabe einer seit 1. September 2019 angemieteten Einzimmerwohnung in Anspruch; wegen der Einzelheiten sowie des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils verwiesen, welches der Klägerin am 23. November 2021 zugestellt worden ist.

Das Amtsgericht hat die Eigenbedarfskündigung für unwirksam gehalten und die Klage ohne vorherige Beweisaufnahme abgewiesen. Zwar sei ein Eigenbedarf der Klägerin für ihre Gesellschafter in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geschützt und habe der Bundesgerichtshof zum Geschäftszeichen VIII ZR 19/17 entschieden, dass als Eigenbedarf auch das Interesse an der Einrichtung einer Zweitwohnung in Betracht komme. Doch habe die Klägerin in den Kündigungsschreiben ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht hinreichend dargelegt; sämtlichen Kündigungen mangele es an einer hinreichenden Begründung im Sinne von § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der am 21. Dezember 2021 eingegangenen und am 12. Januar 2022 begründeten Berufung.

Sie macht geltend, sie habe den geltend gemachten Eigenbedarf in den Kündigungsschreiben so präzise beschrieben, dass er eindeutig bezeichnet sei und sich von anderen denkbaren Kündigungsgründen abhebe; Details, die nicht zu den Kerntatsachen gehörten, habe sie im Rahmen des Rechtsstreits ergänzen dürfen. Das Amtsgericht hätte daher den angebotenen Beweis erheben müssen. Ein Härtegrund zu Gunsten des Beklagten liege nicht vor, insbesondere habe der Beklagte nicht schlüssig dargetan, dass er sich erstens überhaupt und zweitens auch außerhalb des von ihm favorisierten Bezirks Charlottenburg ausreichend um die Anmietung einer anderen Wohnung bemüht hätte.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, die Wohnung im … in … Berlin, Vorderhaus, 1. OG Mitte, mit einer Wohnfläche von ca. 46,26 m², bestehend aus einem Zimmer nebst einer Küche, Toilette, Dusche, Bad und einem Balkon zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

dem Beklagten eine großzügig bemessene Räumungsfrist zu gewähren.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 16. März 2022 gemäß § 526 ZPO auf den Einzelrichter übertragen und die Parteien darauf hingewiesen, dass die Klage mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung nicht zurückgewiesen werden könne, insbesondere die Kündigungserklärung vom 19. Juli 2021 nicht schon mangels ausreichenden Begründung unwirksam sei. Im Termin vom 11. Mai 2022 hat die Kammer die Gesellschafterin … der Klägerin persönlich angehört und ihren Ehemann zeugenschaftlich vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

2.

Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kündigungserklärung vom 19. Juli 2021 stellt den nach Maßgabe des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend gemachten Eigenbedarf zwar aus den Gründen des Beschlusses vom 16. März 2022 im Sinne des § 573 Abs. 3 BGB hinreichend dar. Die Kammer hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme aber nicht mit einer für die Räumungsverurteilung des Beklagten hinreichenden Sicherheit davon überzeugen können, dass der behauptete Eigenbedarf, nämlich das ernsthafte Vorhaben der Gesellschafterin … der Klägerin, in die Wohnung einzuziehen und dort regelmäßig zu übernachten, tatsächlich vorliegt. Die verbleibenden Zweifel der Kammer wirken sich zu Lasten der Klägerin aus; diese ist nach Ausschöpfung der von ihr benannten Beweismittel für den von dem Beklagten bestrittenen Eigenbedarf beweisfällig geblieben, sodass die Klage abzuweisen ist.

Nach der persönlichen Anhörung der Gesellschafterin … steht zunächst jedenfalls fest, dass diese die Wohnung nicht annähernd in dem Umfang nutzen will, wie die Klägerin dies ...

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