Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen 5 C 501/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. Januar 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg – 5 C 501/05 – geändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 148,98 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9. September 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages plus 10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugunsten der Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Das am 25.01.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, mit welchem die auf Ausgleich des Betriebskostensaldos für das Jahr 2003 gerichtete Klage abgewiesen worden ist, ist der Klägerin am 30.01.2006 zugestellt worden. Diese hat hiergegen am 20.02.2006 Berufung eingelegt und begründet.

Die Klägerin trägt vor, die Zeugin Edward habe die streitgegenständliche Betriebskostenabrechnung am 23.11.2004 erneut, versehen mit der neuen Anschrift der Beklagten, ausgedruckt und zur Postsammelstelle der Hausverwaltung gebracht. Die Zeugin … habe die Abrechnung sodann mit der gesammelten Tagespost auf den Postweg gebracht. Sie ist der Auffassung, für etwaige Versäumnisse der Postzustellung habe sie nicht einzustehen. Auf den tatsächlichen Zugang der Nebenkostenabrechnung komme es daher nicht an.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 148,89 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung und nehmen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten Bezug.

Die Kammer hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, sie habe die streitgegenständliche Betriebskostenabrechnung am an die Beklagten abgesandt, durch Vernehmung der Zeuginnen … und … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.05.2006 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 513, 515, 517, 519, 520 ZPO).

Sie hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ausgleich der Betriebskostenforderung für das Abrechnungsjahr 2003 gemäß § 535 Abs. 2 BGB.

Die Abrechnung ist formell wirksam; sie wird auch inhaltlich von den Beklagten nicht beanstandet. Allerdings ist den Beklagten die Abrechnung nicht innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB mitgeteilt worden. Insoweit kann sich die Klägerin zunächst nicht auf den Einwurf in den Briefkasten der ehemaligen Wohnung der Beklagten am 16.11.2004 berufen. Diese waren zum fraglichen Zeitpunkt bereits ausgezogen. Auch wenn die Beklagten – was streitig ist – nicht sämtliche Briefkastenschlüssel an die Klägerin zurückgegeben haben, konnte die Klägerin nicht damit rechnen, dass durch den Einwurf in den Briefkasten ein tatsächlicher Zugang der Abrechnung an die Beklagten gewährleistet ist.

Der Geltendmachung der Forderung steht die Versäumung der Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB gleichwohl nicht entgegen. Denn die Wirkung des Ausschlusses mit Nachforderungen tritt dann nicht ein, wenn der Vermieter die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten hat. Dabei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand; an diesen sind strenge Anforderungen zu stellen. Grundsätzlich hat der Vermieter jedes Verschulden zu vertreten (§ 276 Abs. 1 BGB). Er kann das Vertreten-Müssen in der Regel auch nicht dadurch vermeiden, dass er sich auf Untätigkeiten oder Verspätungen Dritter beruft. Denn er muss grundsätzlich die Erfüllung der durch Dritte ihm gegenüber obliegenden Pflichten überwachen und rechtzeitig für deren Erfüllung sorgen (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, § 556 Rn 172). Der Vermieter muss nämlich nicht nur für sein eigenes Verschulden eintreten, sondern in gleicher Weise für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen, wie sich aus § 278 BGB ergibt. Vorliegend steht ein etwaiges Verschulden des Zustelldienstes in Rede. Ob dieser tatsächlich Erfüllungsgehilfe des Vermieters i.S.d. § 278 ZPO ist – ein bestehendes Weisungsrecht ist insoweit gerade nicht erforderlich (vgl. BGHZ 62, 124) –, kann letztlich dahinstehen. Denn es bestehen jede...

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