Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen VI ZB 49/11)

 

Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10% vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten mit der im Jahr 2010 erhobenen Stufenklage Auskunft u.a. über Nebenwirkungen eines Arzneimittels.

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der ...... AG, die in Deutschland bis Anfang der achtziger Jahre das Arzneimittel ...... vertrieb. ......-Dragees fanden u.a. als hormoneller Schwangerschaftstest Verwendung.

Die Mutter des Klägers nahm zu Beginn der Schwangerschaft mit dem Kläger im Jahr 1975 ......-Dragees zur Überprüfung der Schwangerschaft ein.

Der Kläger leidet seit seiner Geburt am 16.3.1976 an einer Blasenextrophie. Er musste sich zahlreichen Operationen und Revisionsoperationen unterziehen und muss dauerhaft mit einem Stoma, einer künstlichen Harnableitung, leben. Die letzte große Operation erfolgte im Dezember 2005 und diente der Neukonstruktion des Stomas.

Der Kläger führt seine Schädigung auf die Einnahme von ...... zurück. Dies ergebe sich aus Erkenntnissen, die er erstmalig vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Dezember 2009 (Einzelheiten: Anlage K 1) erhalten hat.

Der Kläger behauptet, ...... sei abstrakt generell geeignet gewesen, den bei ihm eingetretenen Schaden zu verursachen. Auch leide er an Folgeerkrankungen der Blasenextrophie.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, Auskunft gemäß § 84a AMG zu erteilen über sämtliche ihr bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und diesbezügliche Verdachtsfälle hinsichtlich des von Seiten der Beklagten in Deutschland bis 1983 vertriebenen Medikaments ......® bzw. Cumorit® (Dragees, Wirkstoff: Ethylestradiol 0,02 mg, Norethiateronacetat 10 mg) ausgehenden schädlichen Wirkungen, soweit sie Blasenextrophien und weitere Gefäßdefekte betreffen, sowie sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet insbesondere einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Duogynon und dem Auftreten embryonaler Fehlbildungen, einschließlich der beim Kläger vorliegenden Art. Sie hat daneben die Einrede der Verjährung erhoben, und zwar bezogen auf die in den Raum gestellten Schadensersatzansprüche und auf die Ansprüche auf Auskunft.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Kläger erhobene Stufenklage ist zulässig aber unbegründet; sie war insgesamt durch Endurteil abzuweisen.

I)

Zwar ist bei einer Stufenklage grundsätzlich zunächst nur über den Auskunftsantrag zu verhandeln (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2000 - IV ZR 274/99, NJW 2001, 833) und durch Teilurteil hierüber zu entscheiden (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 254 Rn. 9). Erst nach dessen Rechtskraft ist grundsätzlich eine Verhandlung und Entscheidung über die nächste Stufe zulässig. Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge hat aber zu ergehen, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH, Urteil vom 28. November 2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042; Zöller/Greger a.a.O. Rn. 9). Dies gilt entsprechend, wenn der Hauptanspruch verjährt ist und die Einrede der Verjährung erhoben wird. Durch das damit jedenfalls bestehende Recht der Beklagten, die Leistung, hier konkret die Zahlung von Schadensersatz zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB, bzw. § 222 Abs. 1 BGB a.F.), ist auch den weiteren, im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Ansprüchen die Grundlage entzogen (BGHZ 94, 268).

II)

So liegt der Fall hier: Sämtliche Ansprüche des Klägers auf Schadensersatz gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Einnahme von ...... wären verjährt. Jedenfalls aus diesem Grund hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft, weder aus § 84a AMG, noch aus § 242 BGB als allgemeinem Auskunftsanspruch.

Es kann daher dahinstehen, ob ein Anspruch auf Auskunft aus § 84a AMG bereits deshalb ausscheidet, weil dieser nur auf Ansprüche aus § 84 AMG und nicht auf Ansprüche aus § 823 BGB bezogen sein kann. Gemäß § 118 AMG a.F. galt § 84 AMG nicht für Schäden, "die durch Arzneimittel verursacht werden, die vor dem 1. Januar 1978 abgegeben worden sind."; wäre § 118 AMG a.F. vorliegend einschlägig, könnte schon aus diesem (Rechts-) Grund kein Schadensersatzanspruch aus § 84 AMG entstehen.

1)

Die behaupteten Schadensersatzansprüche des Klägers sind spätestens im Jahr 2005 verjährt. Die im Jahr 2010 erhobene Klage konnte die Verjährung nicht mehr hemmen. Wären die Ansprüche auf § 84 AMG zu stützen, wären sie der Verjährung gemäß § 90 Abs. 1 AMG a.F. unterworfen, wonach "ohne Rücksicht auf die Kenntnis" von dem Schaden, von den Umständen, aus denen sich die Anspruchsberechtigung ergibt und von der Person des Ersatzpflichtigen Ansprüche "...

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