Leitsatz (amtlich)

1. Eine Eigenbedarfskündigung verstößt nicht schon deswegen gegen § 573 Abs. 3 BGB, weil sie keine detaillierten Angaben über die bisherigen Wohnverhältnisse der Bedarfspersonen enthält. Entscheidend ist, dass der Eigenbedarf im Kern unverändert durch die Beweisaufnahme bestätigt wird und, da von den in der Kündigung benannten vernünftigen Gründen getragen, unabhängig von den bisherigen Wohnverhältnissen der Bedarfspersonen nachvollziehbar bleibt. (Anschluss BGH – VIII ZR 92/16 –, Urt. v. 15.03.2017)

2. Eine Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, wenn der kündigende Wohnungseigentümer auch schon vor seinem Eigentumserwerb Vermieter war. So kann es liegen, wenn der Kläger, der die Wohnung ursprünglich als Hauptmieter angemietet hatte, um sie dem Beklagten als Untermieter zu überlassen, später Wohnungseigentümer wird. (Anschluss BGH – VIII ARZ 2/94 –, Rechtsentscheid v. 06.07.1994)

3. Bleibt unklar, welche Verabredungen der ursprünglichen Anmietung der Wohnung zum Zwecke der Untervermietung an den Beklagten zu Grunde lagen und mit welchem Ergebnis in diesem Zusammenhang geführte Verhandlungen über eine Treuhandvereinbarung endeten, so ist die Eigenbedarfskündigung auch nicht gemäß § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 15.04.2019; Aktenzeichen 213 C 141/18)

 

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 15. April 2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 213 C 141/18 – durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird gemäß §§ 719, 707 ZPO mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Berufung zurückgewiesen.

Die dem Beklagten gewährte Räumungsfrist wird bis zum 31. Dezember 2019 verlängert.

 

Tatbestand

I.

Der Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Zu Recht hat das Amtsgericht der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Klage stattgegeben. Die Einwände der Berufung greifen nicht durch. Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts bestehen nicht, so dass das Berufungsgericht gemäß § 529 ZPO an diese gebunden ist.

Das Amtsgericht hat richtig erkannt, dass das Mietverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 26. Februar 2018 beendet wurde. Der Kläger gab in dem Kündigungsschreiben an, er wolle die Wohnung zukünftig „zur Wahrung und Pflege der familiären Bindung” zusammen mit seiner Tochter bewohnen; seine derzeit angemietete Wohnung mit nur 70 m² sei ihm dafür zu klein und zu teuer. Er beschrieb damit ein im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berechtigtes Interesse an der Beendung des Mietverhältnisses, nämlich einen von vernünftigen Gründen getragenen Eigenbedarf.

1.

Eben diesen in der Kündigung beschriebenen Eigenbedarf hat der Kläger auch bewiesen. Die Kammer teilt die Bedenken des Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts nicht; der Amtsrichter hat § 286 ZPO fehlerfrei angewandt.

a)

Dabei ist zunächst nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht im streitigen Tatbestand des Urteils ausgeführt hat, der Kläger bewohne „zur Wahrung und Pflege der Familienbindung und aus finanziellen Gründen” auch schon die gegenwärtig genutzte Mietwohnung von 70 m² gemeinsam mit seiner Tochter, denn eben dies hat der Kläger auf Seite 4 der Klageschrift vorgetragen. Die Zeugin hat auch bestätigt, dass sie die aktuelle Mietwohnung in der ...strasse zusammen mit ihrem Vater bewohne, der sich dort drei bis vier Tage je Monat aufhalte.

Der Umstand, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch die Mietwohnung in der ...straße schon gemeinsam mit seiner Tochter nutzt, dies aber im Kündigungsschreiben nicht offen legte, steht seinem Räumungsbegehren nicht entgegen. Angesichts der geringeren Wohnfläche der aktuellen Mietwohnung und ihres hohen Mietpreises bedeuten die erst im Rechtsstreit bekannt gewordenen Wohnverhältnisse der Zeugin keine Abweichung von dem mit dem Kündigungsschreiben geltend gemachten Eigenbedarf, der vielmehr im Kern unverändert durch die Beweisaufnahme bestätigt worden und, da von den in der Kündigung benannten vernünftigen Gründen getragen, unabhängig von den bisherigen Wohnverhältnissen der Zeugin nachvollziehbar geblieben ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger selbst die Wohnung offenbar als regelmäßigen Zweitwohnsitz nutzen will, während seine Tochter dort ihren Lebensmittelpunkt zu begründen beabsichtigt. Entscheiden ist, dass der Kläger und seine Tochter die Wohnung nicht etwa nur für gelegentliche Ferienaufenthalte oder vorübergehend für eine...

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