3.6.1.1 Formalbeleidigung

Grobe Formalbeleidigungen muss sich der Vermieter nicht gefallen lassen. Sie rechtfertigen auch ohne vorherige Abmahnung die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.

  • Bezeichnet der Mieter seinen Vermieter als "promovierten Arsch", rechtfertigt dies auch ohne vorangegangene Abmahnung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Dies insbesondere, wenn sich der Mieter nicht zeitnah entschuldigt.[1]
  • Die Mieterin hatte in einem vom Vermieter gegen sie geführten Verfahren auf Zustimmung zur Mieterhöhung unzutreffend behauptet, ihre Wohnung sei durch die darunter liegende Heizanlage überwärmt. Schriftsätzlich hatte sie dem Vermieter "massive Sterbehilfe", "brutale Sterbehilfe" und "versuchten Mord" unterstellt. Weiter verglich sie ihre Wohnsituation damit, "als die Deutschen die Jend in die Öfen geschoben haben". Schließlich wurde die Hausverwaltung als "Sterbehelfer" bezeichnet. Dies alles rechtfertigte eine außerordentliche fristlose Kündigung auch ohne vorangegangene Abmahnung.[2]
  • Die bewusste und wiederholte grobe Beleidigung des Vermieters (zweimal "Arschloch" hintereinander), die keinem momentanen Kontrollverlust entspringt, rechtfertigt die fristlose Kündigung des Mietvertrags.[3]
  • Die Bezeichnung des Vermieters als "Arschloch", "Penner", "Sau" und "dumme Kuh" stellt einen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung dar.[4]
 

Wird wegen Beleidigung des Mieters gekündigt, muss auch dieser beleidigt haben

Wird das Mietverhältnis wegen beleidigender Äußerungen des Mieters gekündigt, muss die Beleidigung auch vom Mieter ausgesprochen worden sein. Hat nicht er beleidigt, sondern sein Sohn, ist die Kündigung unwirksam, auch wenn sich der Mieter das Verhalten seines mit ihm zusammenlebenden Sohnes zurechnen lassen muss.[5] Der Vermieter muss sich aber nicht dauerhafte Beleidigungen von Angehörigen des Mieters gefallen lassen. Er sollte den Mieter nach einmaliger Beleidigung seitens seiner Angehörigen abmahnen. Es ist dem Mieter nämlich durchaus zumutbar, entsprechend auf seine Angehörigen einzuwirken, dass diese sich sozialadäquat verhalten.

Auch wenn erhebliche Formalbeleidigungen des Mieters den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigen, kann durchaus das Mieterverhalten nach Ausspruch der Kündigung noch ins Gewicht fallen. Entschuldigt sich der Mieter beim Vermieter für die Entgleisung, fließt eine solche in die Abwägung der beiderseitigen Interessen mit ein. Wenn dem Mieter erstmals unangemessen "der Kragen geplatzt" ist, dürfte dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Entschuldigung des Mieters durchaus zumutbar sein.

[1] AG München, Urteil v. 28.11.2014, 474 C 18543/14, ZMR 2015, 725.
[2] AG München, Urteil v. 19.11.2014, 452 C 16687/14, ZMR 2016, 466.
[4] LG Berlin, Urteil v. 15.1991, 64 S 297/90, GE 1991, 933.
[5] AG Köln, Urteil v. 4.9.2014, 217 C 218/13, WuM 2015, 623.

3.6.1.2 Streitgespräch

Kommt es während eines Streitgesprächs zwischen Mieter und Vermieter zur Beleidigung des Vermieters, ist die Rechtsprechung nicht einheitlich:

  • So soll etwa eine einmalige schwerwiegende Beleidigung bei einem Streitgespräch in aller Regel nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen.[1]
  • Andererseits soll die während eines Streits ausgesprochene schwere Beleidigung ("Du Arschloch") gegenüber dem Vermieter die fristlose Kündigung rechtfertigen.[2]
 

Beleidigung nach Provokation

Kommt es zur Beleidigung des Vermieters im Rahmen eines Streitgesprächs mit dem Mieter, ist stets zu prüfen, inwieweit Provokationen des Vermieters hierfür ursächlich waren. Diese hat der Mieter im Fall eines Rechtsstreits zwar zu beweisen,[3] kommt es aber in einem bislang unbelasteten Mietverhältnis anlässlich einer Auseinandersetzung einmal zu einer Beleidigung und konnte sich der Mieter durch Äußerungen des Vermieters hierzu provoziert gefühlt haben, sollte der Vermieter lediglich abmahnen. Im Wiederholungsfall ist er dann mit seiner Kündigung auf der sicheren Seite, soweit er nicht selbst die Beleidigung durch eine vorangegangene Beleidigung provoziert hat.

3.6.1.3 Wahrnehmung berechtigter Interessen

Ehrverletzende Äußerungen des Mieters über den Vermieter rechtfertigen nur dann eine Kündigung, wenn die Äußerung des Mieters weder in Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB erfolgt, noch es sich bei ihr um eine vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinungsäußerung handelt.[1]

Beleidigung im Rechtsstreit

Großzügig ist die Rechtsprechung stets bei Beleidigungen im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen:

  • Beschreibt der Mieter den Vermieter im Verfahren als "krankhaft streitsüchtig", rechtfertigt dies keine Kündigung.[2] Eine solche Äußerung hält sich noch im Rahmen sachgerechter Rechtsverteidigung.
  • Ents...

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