Entscheidungsstichwort (Thema)

Freier Dienstleistungsverkehr. Rechtsangleichung. Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektrizitätsbinnenmarkt. Aufgaben und Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörde. Verbraucherschutz. Verwaltungskosten. Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde, die Rückzahlung von Beträgen anzuordnen, die Endkunden aufgrund von Vertragsklauseln gezahlt haben, wegen deren die Behörde eine Sanktion verhängt hat

 

Normenkette

Richtlinie 2009/72/EG Art. 37 Anhang I

 

Beteiligte

Green Network (Injonction de remboursement de frais)

Green Network SpA

SF

YB

Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA)

 

Tenor

Art. 37 Abs. 1 Buchst. i und n und Abs. 4 Buchst. d sowie Anhang I der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG

sind dahin auszulegen, dass

sie einen Mitgliedstaat nicht daran hindern, der nationalen Regulierungsbehörde die Befugnis zu übertragen, Elektrizitätsunternehmen anzuweisen, ihren Endkunden den Betrag der Gegenleistung zurückzuzahlen, die diese aufgrund einer von dieser Behörde für rechtswidrig gehaltenen Vertragsklausel als „Verwaltungskosten“ gezahlt haben, und zwar auch in den Fällen, in denen die Rückzahlungsanordnung nicht auf Gründen der Qualität der betreffenden, von den Unternehmen erbrachten Dienstleistung beruht, sondern auf der Verletzung von Tariftransparenzanforderungen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-5/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 31. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Januar 2022, in dem Verfahren

Green Network SpA

gegen

SF,

YB,

Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (ARERA)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič, I. Jarukaitis (Berichterstatter) und Z. Csehi,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        der Green Network SpA, vertreten durch V. Cerulli Irelli und A. Fratini, Avvocati,
  • –        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Aiello und F. Fedeli, Avvocati dello Stato,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, G. Gattinara und T. Scharf als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 37 Abs. 1 und 4 sowie von Anhang I der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Green Network SpA und der Autorità di Regolazione per Energia Reti e Ambiente (Regulierungsbehörde für Strom, Netze und Umwelt, Italien) (im Folgenden: ARERA) über deren Entscheidung, gegen Green Network eine verwaltungsrechtliche Geldbuße in Höhe von 655 000 Euro zu verhängen und sie anzuweisen, ihren Endkunden einen Betrag in Höhe von 13 987 495,22 Euro zurückzuerstatten, der bestimmten Verwaltungskosten entspricht, die sie ihnen in Rechnung gestellt hatte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 37, 42, 51 und 54 der Richtlinie 2009/72 hieß es:

„(37)      Die Regulierungsbehörden sollten über die Befugnis verfügen, Entscheidungen zu erlassen, die für die Elektrizitätsunternehmen bindend sind, und wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen Elektrizitätsunternehmen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, entweder selbst zu verhängen oder einem zuständigen Gericht die Verhängung solcher Sanktionen gegen solche Unternehmen vorzuschlagen. Auch sollte den Regulierungsbehörden die Befugnis zuerkannt werden, unabhängig von der Anwendung der Wettbewerbsregeln über geeignete Maßnahmen zu entscheiden, die durch Förderung eines wirksamen Wettbewerbs als Voraussetzung für einen ordnungsgemä/p>

(42)      Überall in der [Europäischen Union] sollten Industrie und Handel, einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen, sowie die Bürger der Union, die von den wirtschaftlichen Vorteilen des Binnenmarktes profitieren, aus Gründen der Gerechtigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit und indirekt zur Schaffung von Arbeitsplätzen auch ein hohes Verbraucherschutzniveau genießen können und insbesondere die Haushalte und, soweit die Mitgliedstaaten dies für angemessen halten, Kleinunternehmen in den Genuss gemeinwirtschaftlicher Leistungen kommen können, insbesondere hinsichtlich Versorgungssicherheit und angemessener Tarife. Darüber hinaus sollten diese Kunden ein Recht auf Wahlmöglichkeiten, Fairness, Interessenvertretung...

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