Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Art. 28 EG und 29 EG. Freier Warenverkehr. Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Ein- oder Ausfuhrbeschränkungen. Verkehr. Richtlinien 96/62/EG und 1999/30/EG. Sektorales Fahrverbot für Lastkraftwagen über 7,5 t, die bestimmte Güter befördern. Luftqualität. Schutz der Gesundheit und der Umwelt. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Kohärenz

 

Beteiligte

Kommission / Österreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Republik Österreich

 

Tenor

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 29 EG verstoßen, dass sie für Lastkraftwagen über 7,5 t, die bestimmte Güter befördern, auf einem Teilstück der Autobahn A 12 im Inntal (Österreich) ein Fahrverbot verhängt hat.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.

3. Die Italienische Republik und das Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 21. Januar 2009,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Oliver, A. Alcover San Pedro und B. Schima als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Italienische Republik, zunächst vertreten durch I. Bruni, dann durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich der Niederlande, vertreten durch C. Wissels, Y. de Vries und M. Noort als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl, G. Eberhard und C. Ranacher als Bevollmächtigte im Beistand von L. Schmutzhard und J. Thudium,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J. Malenovský und U. Lõhmus, der Kammerpräsidentin A. Prechal sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter), E. Levits, A. Ó Caoimh und L. Bay Larsen,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Dezember 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 29 EG verstoßen hat, dass sie für Lastkraftwagen über 7,5 t, die bestimmte Güter befördern, auf einem Teilstück der Autobahn A 12 im Inntal (Österreich) ein Fahrverbot verhängt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Die Unionsregelung über den Schutz der Luftqualität ist insbesondere in der Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (ABl. L 296, S. 55) und in der Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft (ABl. L 163, S. 41) in der durch die Entscheidung 2001/744/EG der Kommission vom 17. Oktober 2001 (ABl. L 278, S. 35) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 1999/30) enthalten. Mit diesen beiden Richtlinien werden nach ihren Erwägungsgründen die Ziele des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit verfolgt.

Rz. 3

Diese Richtlinien wurden mit Wirkung vom 11. Juni 2010 durch die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152, S. 1) aufgehoben; die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung oder Anwendung dieser Richtlinien bleiben hiervon unberührt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums bleiben sie jedoch auf die vorliegende Rechtssache anwendbar.

Rz. 4

Nach ihrem Art. 1 ist der allgemeine Zweck der Richtlinie 96/62 die Festlegung der Grundsätze für eine gemeinsame Strategie mit folgendem Ziel:

  • Definition und Festlegung von Luftqualitätszielen für die Gemeinschaft im Hinblick auf die Vermeidung, Verhütung oder Verringerung schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt;
  • Beurteilung der Luftqualität in den Mitgliedstaaten anhand einheitlicher Methoden und Kriterien;
  • Verfügbarkeit von sachdienlichen Informationen über die Luftqualität und Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber, u. a. durch Alarmschwellen, und
  • Erhaltung der Luftqualität, sofern sie gut ist, und Verbesserung der Luftqualität, wenn dies nicht der Fall ist.

Rz. 5

Gemäß Art. 4 der Richtlinie 96/62 legt der Rat der Europäischen Union auf Vorschlag der Kommission die Grenzwerte für die in Anhang I dieser Richtlinie aufgezählten Schadstoffe fest. In diesem Anhang („Liste der bei der Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität zu berücksichtigenden Luftschadstoffe”) ist auch Stickstoffdioxid (NO2) aufgeführt.

Rz. 6

Art. 7 der Richtlinie 96/62 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die ...

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