Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu folgender Frage eingeholt:

Erfaßt die für die Untersuchung frischen Fleisches für den Inlandsmarkt gemäß der nach der Richtlinie des Rates 88/409/EWG vom 15. Juni 1988 anzuwendenden Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964

  1. in der Fassung der Richtlinie 89/662/EWG vom 11. Dezember 1989
  2. in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG vom 29. Juli 1991

geltende Pauschalgebühr nach

  1. der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 in Verbindung mit der Entscheidung 88/408/EWG des Rates von 15. Juni 1988
  2. der Richtlinie 85/73/EWG des Rates in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993

auch die Kosten der Durchführung von Untersuchungen von frischem Schweinefleisch auf Trichinen?

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin unterhält einen Schlachtbetrieb. Für amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchungen erhob die Beklagte für die Jahre 1992, 1993 und 1994 Gebühren. Die Parteien streiten noch über die Berechtigung der Beklagten, für die Untersuchung von Schweinefleisch auf Trichinen gesonderte Gebühren zu erheben. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Gebührenbescheide insoweit abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die Erhebung von Gebühren für die Untersuchungen auf Trichinen falle nicht unter die nach § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG verbindlichen Verbotsnormen des Art. 5 Abs. 1 der Entscheidung 88/408/EWG des Rates vom 15. Juni 1988 und des Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993. Die gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren würden nicht für solche Untersuchungen erhoben, welche nicht zwingend vorgeschrieben seien. Die Trichinenuntersuchung entfalle bei Schweinefleisch, das einer Kältebehandlung im Sinne der Richtlinie 77/96/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3768/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 unterzogen worden sei. Dem entspreche auch die Regelung des § 1 Abs. 3 FlHG. Sei nach Gemeinschaftsrecht die Trichinenuntersuchung nicht für sämtliches Schweinefleisch vorgeschrieben, könnten die Kosten dafür nicht als Kosten einer obligatorischen Fleischuntersuchung angesehen werden, für welche die harmonisierte Gebührenregelung gelte. Sie könnten deshalb durch gesonderte Gebühren allein aufgrund nationalen Rechts ausgeglichen werden. Die angefochtenen Gebührenbescheide fänden ihre Rechtsgrundlage in dem einschlägigen und insoweit beanstandungsfreien Landes- und Kommunalrecht.

Nach Abschluß des Berufungsverfahrens sind das Landesrecht und die der Gebührenerhebung zugrundeliegende Satzung des Kreises mit Rückwirkung zum 1. Januar 1991 geändert worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Verfahren ist auszusetzen, weil gemäß Art. 234 Abs. 1 und 3 EG-Vertrag von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eine Vorabentscheidung einzuholen ist.

1. Das nationale Recht trifft für die von der Beklagten durchgeführten Trichinenuntersuchungen folgende Regelungen:

a) Das Bundesrecht bestimmt in § 24 des Fleischhygienegesetzes (FlHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 1987 (BGBl I S. 649):

(1) Für die Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften werden kostendeckende Gebühren und Auslagen erhoben.

(2) Die nach Absatz 1 kostenpflichtigen Tatbestände werden durch Landesrecht bestimmt. Die Gebühren sind nach Maßgabe der Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch (ABl EG Nr. L 32 S. 14) zu bemessen …

Durch das Gesetz zur Änderung veterinärrechtlicher, lebensmittelrechtlicher und tierzuchtrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 1992 (BGBl I S. 2022), das insoweit zum 1. Januar 1993 in Kraft getreten ist und zu der Bekanntmachung der Neufassung vom 8. Juli 1993 (BGBl I S. 1189) geführt hat, wurde § 24 Abs. 2 FlHG dahin gehend ergänzt, daß vor den Worten „zu bemessen” eingefügt wurde:

und der auf Grund dieser Richtlinie erlassenen Rechtsakte der Organe der Europäischen Gemeinschaft.

Zu den Amtshandlungen im Sinne des § 24 FlHG gehören die amtlichen Untersuchungen nach § 1 FlHG. Nach § 1 Abs. 3 FlHG sind Schweine nach der Schlachtung amtlich auch auf Trichinen zu untersuchen. Die Untersuchung auf Trichinen ist jedoch bei Hausschweinen nicht erforderlich, wenn das Fleisch einer zugelassenen Kältebehandlung unter Aufsicht der zuständigen Behörde unterzogen worden ist.

b) Das Verfahren für die amtlichen Untersuchungen ist in der Verordnung über die hygienischen Anforderungen und amtlichen Untersuchungen beim Verkehr mit Fleisch (Fleischhygiene-Verordnung – FlHV –) vom 30. Oktober 1986 (BGBl I S. 1678) geregelt; die während des hier maßgebenden Zeitraums in den für diesen Rechtsstreit einschlägigen Vorschriften nicht geändert worden ist. Zu den amtlichen Untersuchungen im Sinne dieser Verordnung gehört nach ihrem § 2 die Fleischuntersuchung einschließlich der Untersuchung auf Trichinen. Die Fleischuntersuchung ist gemäß § 5 Abs. 2 FlHV nach der Anlage 1 Kapitel II durchzuführen. Nach § 5 Abs. 3 FlHV erfolgt in ihrem Rahmen zusätzlich u.a. die Untersuchung auf Trichinen gemäß Anlage 1 Kapitel III Nr. 1 der Verordnung.

c) Das hinsichtlich seiner Regelungen über Satzungen für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft getretene nordrhein-westfälische Gesetz über die Kosten der Fleisch- und Geflügelfleischhygiene (Fleisch- und Geflügelfleischhygienekostengesetz – FlGFlHKostG NW –) vom 16. Dezember 1998 (GV. NRW. S. 775, ber. GV. NRW. 1999 S. 62) bestimmt in § 1, daß die Kreise und kreisfreien Städte durch Satzung die Erhebung von Gebühren u.a. aufgrund von § 24 FlHG regeln. In § 2 werden als kostenpflichtige Tatbestände die nach dem Fleischhygienegesetz durchzuführenden Untersuchungs- und Überwachungsmaßnahmen bezeichnet und das zuständige Ministerium zum Erlaß einer Rechtsverordnung zur Bestimmung der kostenpflichtigen Tatbestände ermächtigt. § 3 verpflichtet zur Beachtung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen. § 4 bestimmt, daß grundsätzlich nur die Erhebung der Gebühr in Höhe der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalbeträge zulässig ist und daß Gebühren in gemeinschaftsrechtlich zugelassener abweichender Höhe betriebsbezogen erhoben werden dürfen. Nach § 5 werden die Gebührensätze für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung einschließlich der Hygienekontrollen sowie der Untersuchungen auf Trichinen je Tier, unterschieden nach Tierart, bemessen.

d) Die Verordnung zur Ausführung des Fleisch- und Geflügelfleischhygienekostengesetzes vom 6. Mai 1999 (GV. NRW. S. 156), geändert durch Verordnung vom 27. September 1999 (GV. NRW. S. 563), die, soweit hier von Bedeutung, rückwirkend am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist, bestimmt in § 1 Abs. 1 die kostenpflichtigen Tatbestände, für die – nach Ansicht des Verordnungsgebers – die Richtlinie 85/73/EWG des Rates vom 29. Januar 1985 in der jeweils geltenden Fassung eine Gemeinschaftsgebühr vorsieht, und in § 1 Abs. 2 die kostenpflichtigen Tatbestände, für die keine Gemeinschaftsgebühren vorgesehen sind. Zu letzteren werden in dieser Verordnung Trichinenuntersuchungen gerechnet.

e) Die Satzung des Kreises Wesel vom 16. August 1999 über die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz (Amtsblatt des Kreises Wesel Nr. 21, ber. Nr. 22), die rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist, für zurückliegende Zeiträume jedoch Übergangsbestimmungen enthält, sieht außer der Pauschalgebühr für Fleischuntersuchungen eine Gebühr für die Trichinenuntersuchung bei Schweinen in Übereinstimmung mit früheren Satzungen unterschiedlich für das Jahr 1992 sowie für die Jahre 1993 und 1994 vor.

2. Gegen die Gültigkeit dieses nationalen Rechts, die auch hinsichtlich des nach Abschluß des Berufungsverfahrens erlassenen Landesrechts durch den beschließenden Senat zu prüfen ist (BVerwGE 66, 178 ≪179≫; Urteil vom 20. Februar 1990 – BVerwG 1 C 30.86 – Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 47, S. 21), bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

Der Bundesgesetzgeber hat es in Ausübung seiner Gesetzgebungsbefugnis (Art. 71, 74 Abs. 1 Nr. 20 GG) durch § 24 Abs. 2 FlHG dem Landesgesetzgeber überlassen, kostenpflichtige Tatbestände zu bestimmen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Festlegung der gebührenpflichtigen Sachverhalte, sondern auch auf die Festlegung der Gebühr der Höhe nach, und zwar mit der bundesrechtlichen Vorgabe, daß die landesrechtlich zu regelnden Gebühren nach Maßgabe der von der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakte über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch zu bemessen sind. Dazu gehört auch für die vor dem 1. Januar 1993 geltende Fassung des Fleischhygienegesetzes die Entscheidung des Rates 88/408/EWG (vgl. Urteil vom 29. August 1996 – BVerwG 3 C 7.95 – BVerwGE 102, 39 ≪41≫).

Das Landesrecht durfte sich unter den vorliegenden Umständen nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben Rückwirkung beimessen (BVerfGE 13, 261 ≪271≫; 30, 367 ≪385≫; 94, 241 ≪258≫; 95, 64 ≪86≫; 97, 67 ≪78≫). Die zuständigen Normgeber waren befugt, die insbesondere wegen der Verflechtung des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht unklar gewordene Rechtslage einer Bereinigung zu unterziehen. Die betroffenen Betriebe mußten schon aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen und bundesrechtlichen Vorgaben gemäß § 24 FlHG mit der Erhebung von Gebühren für amtliche Fleischuntersuchungen rechnen. Dem Prinzip des Vertrauensschutzes ist durch Beibehaltung der früheren Gebührensätze Rechnung getragen worden; ein weitergehendes Vertrauen darauf, für in Anspruch genommene kostenpflichtige Amtshandlungen deswegen, weil die früheren Rechtsgrundlagen vorrangigem Recht nicht entsprochen haben mögen, keine Gebühren entrichten zu müssen, ist nicht schutzwürdig.

Das nationale Recht rechtfertigt die angefochtenen Gebührenbescheide, wenn das Gemeinschaftsrecht die Kosten für Trichinenuntersuchungen nicht erfaßt und deswegen die Erhebung besonderer Gebühren für die Trichinenuntersuchungen aufgrund nationalen Rechts nicht hindert. Insbesondere ist daraus, daß § 2 FlHV als amtliche Untersuchung die Fleischuntersuchung „einschließlich der Untersuchung auf Trichinen” benennt und die Trichinenuntersuchung nach § 5 Abs. 3 FlHV „im Rahmen der Fleischuntersuchung” durchzuführen ist, nicht abzuleiten, die (pauschale) Gebühr für die Fleischuntersuchung berücksichtige auch die Kosten für die Untersuchung auf Trichinen, denn die Fleischhygiene-Verordnung regelt keine Gebührenfragen.

Läßt dagegen das Gemeinschaftsrecht die Erhebung einer besonderen Gebühr für die Untersuchung auf Trichinen nicht zu, kann auch die entgegenstehende Regelung der landesrechtlichen Verordnung vom 6. Mai 1999 nicht zu ihrer Zulässigkeit führen. Die in § 4 FlGFlHKostG NW getroffene Regelung, daß Abweichungen von den gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren (nur) betriebsbezogen zulässig sind, schließt es aus, die Gebühr für die Trichinenuntersuchung als Erhöhung der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühr anzusehen. Die Gebühr für die Trichinenuntersuchung wird nicht betriebsbezogen erhoben.

3. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher davon ab, ob das Gemeinschaftsrecht, an das die Bundesländer bei der Gebührenbestimmung gemäß § 24 Abs. 2 FlHG gebunden sind, die Erhebung einer besonderen Gebühr für die Untersuchung von Schweinefleisch auf Trichinen zuläßt.

4. Das Gemeinschaftsrecht enthält folgende hier einschlägige Normen:

a) Über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch bestehen folgende Bestimmungen:

aa) Die Richtlinie des Rates vom 29. Januar 1985 über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch und Geflügelfleisch (ABl Nr. L 32, S. 14) – RL 85/73/EWG – bestimmt, daß die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, daß ab 1. Januar 1986 bei der Schlachtung von den in Art. 1 Abs. 2 genannten Tieren, u.a. von Haustieren der Gattung Schweine, eine Gebühr erhoben wird, um die Kosten zu decken, die durch die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen und Hygienekontrollen entstehen. Nach Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie legt der Rat auf Vorschlag der Kommission die jeweilige pauschale Höhe der Gebühren sowie Einzelheiten und Grundsätze der Durchführung der Richtlinie und die Ausnahmen fest. Nach Art. 2 Abs. 2 können die Mitgliedstaaten einen höheren Betrag erheben als in Absatz 1 vorgesehen, sofern die erhobene Gesamtgebühr je Mitgliedstaat die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

bb) Die Entscheidung des Rates vom 15. Juni 1988 über die Beträge der für die Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch zu erhebenden Gebühren gemäß der Richtlinie 85/73/EWG (ABl Nr. L 194, S. 24) – Entscheidung 88/408/EWG – legt in Art. 1 die Beträge der Gebühren, die von den Mitgliedstaaten für die in näher bezeichneten Richtlinien, u.a. der Richtlinie des Rates 64/433/EWG, „vorgesehenen Untersuchungen und Hygienekontrollen” von frischem Fleisch zu erheben sind, sowie Einzelheiten und Grundsätze der Durchführung der Richtlinie 85/73/EWG fest. Die Entscheidung bestimmt in Art. 2 Abs. 1 als durchschnittlichen Pauschalbetrag für die Gebühren nach Art. 1 bei Schweinen 1,30 ECU/Tier. Nach Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung dürfen die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten senken bzw. anheben. Dabei müssen sie von den im Anhang niedergelegten Grundsätzen ausgehen. Nach Anhang Nr. 2 kann als Voraussetzung für eine Anhebung der pauschalen Leitgebühr z.B. erhöhter Untersuchungsaufwand durch besondere Uneinheitlichkeit der Schlachttiere hinsichtlich Alter, Größe, Gewicht und Gesundheitszustand gelten. Nach Art. 5 der Entscheidung tritt der Betrag nach Art. 2 an die Stelle jeder anderen Abgabe oder Gebühr, die für die Untersuchungen und Hygienekontrollen gemäß Art. 1 erhoben wird. Die Protokollerklärung des Agrarrates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung 88/408/EWG vom 24. Januar 1989 (BAnz 1989, 901) macht die Rahmenbedingungen bekannt, die der Bemessung der Gebührenhöhe in Art. 2 der Entscheidung durch den Agrarrat zugrunde gelegt und zu Protokoll gegeben worden sind. Der Rat und die Kommission erinnern u.a. daran, daß die durchschnittlichen Pauschalbeträge unter Zugrundelegung bestimmter durchschnittlicher Untersuchungszeiten berechnet wurden, z.B. bei Schweinen einer Zeit von zwei Minuten. Nach Fußnote 1 zur Protokollerklärung können die Mitgliedstaaten u.a. die erforderliche Zeit der Trichinenuntersuchung hinzuaddieren.

cc) Die Richtlinie des Rates vom 15. Juni 1988 mit Hygienevorschriften für Fleisch für den Inlandsmarkt und zur Festlegung der gemäß der Richtlinie 85/73/EWG für die Untersuchung dieses Fleisches zu erhebenden Gebühren (ABl Nr. L 194, S. 28) – RL 88/409/EWG – bestimmt, daß der Betrag der Gebühren nach Art. 2 der Entscheidung 88/408/EWG auch auf nunmehr ebenfalls vorgeschriebene Untersuchungen von im Inland vermarktetem Fleisch anzuwenden ist.

dd) Durch die Richtlinie 93/118/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 zur Änderung der Richtlinie 85/73/EWG (ABl Nr. L 340, S. 15) – RL 93/118/EG – wurde die Entscheidung 88/408/EWG aufgehoben und die Richtlinie 85/73/EWG geändert. Nach Art. 1 Abs. 1 RL 85/73/EWG in der geänderten Fassung tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, daß für die Kosten, die durch die veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen bei Fleisch „im Sinne” bestimmter Richtlinien, u.a. der Richtlinie 64/433/EWG, entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird. Die Gebühren werden nach Art. 1 Abs. 2 in der Weise festgelegt, daß sie die Kosten decken, die die zuständige Behörde in Form von Löhnen und Gehältern einschließlich Sozialabgaben sowie Verwaltungskosten zu tragen hat. Nach Art. 2 Abs. 1 tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, daß zur Finanzierung der durchgeführten Kontrollen gemäß Art. 1 für Fleisch u.a. gemäß der Richtlinie 64/433/EWG ab 1. Januar 1994 Gemeinschaftsgebühren gemäß den im Anhang festgelegten Modalitäten erhoben werden. Nach Art. 2 Abs. 4 treten die Gemeinschaftsgebühren an die Stelle jeder anderen Abgabe oder Gebühr für die Untersuchungen und Kontrollen gemäß Art. 1. Die Mitgliedstaaten können einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet (Art. 2 Abs. 3). Nach Anhang Kapitel I Nr. 1 erheben die Mitgliedstaaten für Untersuchungskosten im Zusammenhang mit Schlachttätigkeiten bei Schweinen einen Pauschalbetrag von 1,30 ECU/Tier. Nach Nr. 4 können die Mitgliedstaaten zur Deckung höherer Kosten die unter Nr. 1 vorgesehenen Pauschalbeträge bei Vorliegen dort genannter Voraussetzungen „für bestimmte Betriebe” anheben oder „eine spezifische Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt”.

b) Die Untersuchung frischen Fleisches von Hausschweinen ist für die hier maßgebenden Zeiträume wie folgt geregelt:

aa) Die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch (ABl Nr. 121, S. 2012/64) – RL 64/433/EWG –, hier anzuwenden in der Fassung der Richtlinie vom 7. Februar 1983 (ABl Nr. L 59, S. 10) – RL 83/90/EWG – und der nachfolgenden Änderungen einschließlich der Richtlinie vom 11. Dezember 1989 (ABl Nr. L 395, S. 13) – RL 89/662/EWG –, bezieht sich nach ihrem Art. 1 Abs. 1 auf den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch, das von Haustieren u.a. der Gattung Schweine stammt. Nach Art. 2 ist frisches Fleisch im Sinne dieser Richtlinie Fleisch, das nicht zum Zwecke der Haltbarmachung – außer mit Kälte – behandelt worden ist. Nach Art. 3 Abs. 1 trägt jeder Mitgliedstaat dafür Sorge, daß aus seinem Hoheitsgebiet in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates nur frisches Fleisch versandt wird, das näher umschriebenen Anforderungen entspricht. Dazu gehört, daß es nach Anhang I Kapitel VII einer Fleischuntersuchung durch einen amtlichen Tierarzt unterzogen worden ist. Die Fleischuntersuchung umfaßt die Besichtigung des geschlachteten Tieres, das Durchtasten bestimmter Organe, das Anschneiden von Organen und Lymphknoten, die Prüfung auf Abweichung der Konsistenz, der Farbe, des Geruchs und ggf. des Geschmacks. Darüber hinaus sind bestimmte systematische Untersuchungen vorzunehmen, u.a. bei Schweinen auf Cysticerose. Art. 4 der Richtlinie bestimmt, daß über die in Art. 3 vorgesehenen Bedingungen hinaus jeder Mitgliedstaat dafür sorgt, daß frisches Fleisch aus seinem Hoheitsgebiet in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates nur versandt wird, wenn es u.a. als „frisches Fleisch von Schweinen – ausgenommen frisches Fleisch, das gemäß Anhang I (gemeint Anhang IV) der Richtlinie 77/96/EWG einer Kältebehandlung unterzogen wurde – … einer Trichinenuntersuchung nach Anhang I Kapitel VII Nummer 41 Buchstabe D unterzogen worden” ist. Der in der früheren Fassung enthaltene Vorbehalt zugunsten der Bestimmungen der Mitgliedstaaten über Trichinenuntersuchungen (Art. 6 Abs. 2 RL 64/433/EWG a.F.) ist mit der Änderung durch die Richtlinie des Rates vom 7. Februar 1983 entfallen.

bb) Die bereits angeführte Richtlinie 88/409/EWG sieht in Art. 2 vor, daß die Mitgliedstaaten die notwendigen Bestimmungen einführen, um zu gewährleisten, daß spätestens ab 1. Januar 1991 (Art. 6 Abs. 1) sämtliches im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates erzeugte und dort zur Vermarktung bestimmte frische Fleisch einer Untersuchung u.a. nach Maßgabe des Kapitels VII des Anhangs I der Richtlinie 64/433/EWG unterzogen wird.

cc) Mit der bis zum 1. Januar 1993 von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl Nr. L 268, S. 69) – RL 91/497/EWG – wurde die Richtlinie 64/433/EWG zwecks Ausdehnung ihrer Bestimmungen auf die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch, d.h. auf die Fleischproduktion für den Inlandsmarkt, geändert und kodifiziert. Nach Art. 3 der neuen Fassung haben die Mitgliedstaaten für Fleischuntersuchungen durch einen amtlichen Tierarzt gemäß Anhang I Kapitel VIII zu sorgen, in dem unter Nr. 42 A 3 u.a. bestimmt ist, daß der Tierarzt systematisch Untersuchungen auf Trichinen bei frischem Fleisch vorzunehmen hat. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der kodifizierten Richtlinie 64/433/EWG tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, daß frisches Schweinefleisch, bei dem keine Untersuchung auf Trichinen gemäß Anhang I der Richtlinie 77/96/EWG vorgenommen wurde, einer Kältebehandlung gemäß Anhang IV der vorgenannten Richtlinie unterzogen wird.

dd) Die Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1972 zur Regelung viehseuchenrechtlicher und gesundheitlicher Fragen bei der Einfuhr von Rindern und Schweinen und von frischem Fleisch aus Drittländern (ursprüngliche Fassung ABl Nr. L 302, S. 28) – RL 72/462/EWG – bestimmt in Art. 21, daß der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Methode zur Untersuchung von Schweinefleisch auf Trichinen festlegt. Dies ist in der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Untersuchung von frischem Schweinefleisch auf Trichinen bei der Einfuhr aus Drittländern (ursprüngliche Fassung ABl Nr. L 26, S. 67) – RL 77/96/EWG – geschehen. Danach ist das eingeführte Fleisch nach der in dem Anhang I aufgeführten Methode auf Trichinen zu untersuchen. Die Mitgliedstaaten können jedoch bestimmen, daß frisches Fleisch aus bestimmten Drittländern oder Teilen solcher Länder nicht untersucht werden muß, wenn es in dem Drittstaat oder einer Einfuhruntersuchungsstelle einer Kältebehandlung gemäß Anhang IV unterzogen wird.

5. Dem Gemeinschaftsrecht läßt sich nicht mit der für eine abschließende Entscheidung durch den beschließenden Senat hinreichenden Eindeutigkeit entnehmen, ob die ggf. zu erhöhende Pauschalgebühr den Untersuchungsaufwand abdeckt, der durch die Untersuchung auf Trichinen ausgelöst wird.

a) Für die hier in Rede stehenden Veranlagungsjahre stellen sich folgende Zweifelsfragen:

(1.) 1992

Mit seiner Entscheidung 88/408/EWG hat der Rat die Beträge der Gebühren festgesetzt, die von den Mitgliedstaaten für die in der Richtlinie 64/433/EWG „vorgesehenen” Untersuchungen zu erheben sind. Fraglich ist, ob „vorgesehen” im Sinne dieser Entscheidung nur die in allen Fällen zwingend vorgeschriebenen Untersuchungen sind oder auch solche, die nur fakultativ in Betracht kommen, also unter bestimmten Voraussetzungen entfallen.

In der Ursprungsfassung der Richtlinie 64/433/EWG waren die Untersuchungen auf Trichinen nicht geregelt. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 83/90/EWG verlangt eine Untersuchung auf Trichinen, nimmt davon aber Fleisch aus, das einer Kältebehandlung gemäß einem Anhang zur Richtlinie 77/96/EWG unterzogen wurde. Zwar betrifft die Richtlinie 77/96/EWG nur Fleisch aus Drittstaaten. Die Regelung des Art. 4 RL 64/433/EWG in der genannten Fassung läßt aber ein Verständnis dahin gehend zu, daß nicht auf die Anwendungsvoraussetzungen der Richtlinie 77/96/EWG verwiesen wird, sondern ausschließlich auf die Methode der Kältebehandlung, wie sie in dieser Richtlinie umschrieben ist. Bei Zugrundelegung dieses Verständnisses ist die Kältebehandlung eine zugelassene Alternative zur Untersuchung auf Trichinen auch für Fleisch, das in einem Mitgliedstaat erzeugt und im innergemeinschaftlichen Handelsverkehr vermarktet wird. Dies gilt dann in Anwendung der Richtlinie 88/409/EWG für Fleisch, das – wovon hier mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist – zur Vermarktung im Inland bestimmt ist, in gleicher Weise. Zwar fordert Art. 2 RL 88/409/EWG eine Untersuchung nach Maßgabe des Anhangs I Kapitel VII der Richtlinie 64/433/EWG, wonach der amtliche Tierarzt frisches Fleisch von Schweinen systematisch auf Trichinen zu untersuchen hat (Nr. 41 D). Diese Regelung des Anhangs steht jedoch unter dem in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie formulierten Vorbehalt für kältebehandeltes Fleisch. Der Protokollerklärung des Rates und der Kommission vom 24. Januar 1989 läßt sich unbeschadet ihrer Rechtsqualität nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, daß ihr die Vorstellung zugrunde liegt, die Untersuchung auf Trichinen dürfe nur durch ggf. erhöhte Pauschalgebühren abgegolten werden. Sie läßt sich auch so verstehen, daß der durch die Pauschalgebühr berücksichtigten durchschnittlichen Untersuchungszeit die erforderliche Zeit der Trichinenuntersuchung hinzuaddiert werden darf, daß aber andere Arten der Weitergabe der dadurch entstehenden Aufwendungen, etwa eine gesonderte Gebühr, nicht ausgeschlossen werden.

(2.) 1993

Art. 6 Abs. 1 Buchst. a RL 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 91/497/EWG läßt sich wie Art. 4 Abs. 1 Buchst. a RL 64/433/EWG in der Fassung der Richtlinie 83/90/EWG ebenfalls dahin verstehen, daß auch für den Gemeinschafts- und den Inlandsmarkt eine Kältebehandlung als Alternative zur Trichinenuntersuchung zugelassen ist.

(3.) 1994

Die Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/118/EG betrifft die Kosten, die durch die veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen „im Sinne der Richtlinien 64/433/EWG …” entstehen. Die Frage, ob dazu auch die Untersuchungen auf Trichinen gehören, stellt sich in gleicher Weise wie für die Vorjahre.

b) Die aufgezeigte Problematik wird in der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte unterschiedlich beantwortet. Außer dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen im vorliegenden Verfahren vertritt namentlich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Auffassung, daß neben der Gemeinschaftsgebühr aufgrund nationalen Rechts eine besondere Gebühr für die Untersuchung auf Trichinen erhoben werden dürfe, weil die Trichinenuntersuchung nicht Teil der bei sämtlichem Schweinefleisch obligatorischen Fleischuntersuchungen sei, sondern nur durchzuführen sei, wenn keine Kältebehandlung stattgefunden habe, und deswegen nicht unter die harmonisierte gemeinschaftsrechtliche Gebührenregelung falle (Beschluß vom 18. Januar 2000 – OVG 11 K 5275/98 –). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof neigt ebenfalls dieser Ansicht zu (Beschluß vom 19. August 1999 – VGH 4 ZS 99.2065 –). Demgegenüber vertreten andere Gerichte die Meinung, daß die Pauschalgebühr die Kosten der Untersuchung auf Trichinen erfaßt (z.B. Verwaltungsgericht Magdeburg, Urteil vom 25. Januar 1999 – VG 8 K 328/98 –; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluß vom 24. Juni 1999 – VG W 8 S 99.416 –).

c) Den bisherigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über Gebühren für Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Untersuchung frischen Fleisches läßt sich für die dargelegte Frage des Gemeinschaftsrechts keine Antwort entnehmen. Namentlich befassen sich die Urteile vom 10. November 1992 – Rs C-156/91 – (Slg. 1992 I, 5567 = NJW 1993, 315) und vom 9. September 1999 – Rs C-374/97 – (EuZW 2000, 22) nicht mit der aufgeworfenen Frage. Unter diesen Umständen ist der Senat verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs einzuholen.

 

Unterschriften

Meyer, Gielen, Mallmann, Hahn, Groepper

 

Fundstellen

Haufe-Index 565885

GewArch 2000, 385

LMuR 2001, 77

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