Tenor

1. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das am 4. Juni 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - 2 O 641/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.824,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % p.a. aus 16.870,00 EUR seit dem 8. August 2015 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw VW Tiguan 2,0 l mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer W... zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache im Umfang von 1.295,27 EUR erledigt ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagte zu 2/3 und der Kläger zu 1/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zu 70 % und dem Kläger zu 30 % zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug VW Tiguan verbauten Motors EA 189 auf Zahlung des an die - in diesem Rechtsstreit nicht beteiligte - Verkäuferin gezahlten Kaufpreises sowie weiterer Schäden in Anspruch.

Der Kläger erwarb das Fahrzeug, einen im Jahre 2011 erstzugelassenen VW Tiguan 2,0 TDI, aufgrund eines Kaufvertrages vom 27. Juli 2015 als Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von 78.900 km zu einem Kaufpreis von 16.870 EUR, den er am 7. August 2015 bezahlte. Der von der Beklagten hergestellte Motor des Fahrzeugs verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchführt, und sodann einen besonderen Modus aktiviert (sogenannte Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch die nach der Euro-5-Norm vorgegebenen Stickoxid-Werte während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch den Einsatz dieser Motorsteuerungssoftware wurde die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erlangt.

Der Dieselmotor wurde serienmäßig in diversen Fahrzeugmodellen der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 dazu, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor der Baureihe EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorsteuerungssoftware, wonach das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Der Kläger ließ dieses Update im Februar 2017 auf das Fahrzeug aufspielen. Im Dezember 2017 verbrachte der Kläger das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 114.945 in eine Werkstatt. Hier wurden das Getriebe gereinigt und Schwungrad und Kupplung ausgewechselt. Die für diese Reparatur angefallenen Kosten von 1.975,47 EUR, zu deren Notwendigkeit sich die Beklagte mit Nichtwissen erklärt, bezahlte der Kläger am 7. Dezember 2017.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Oktober 2018 forderte der Kläger die Beklagte als Herstellerin des Motors unter Fristsetzung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises zuzüglich der Reparaturkosten auf und kündigte die Klageerhebung für den Fall an, dass innerhalb der Frist weder die Zahlung noch ein Vergleichsangebot eingehe.

Der Kilometerstand des Fahrzeugs betrug bei Klageerhebung 128.050 und zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung 134.519.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 826 BGB bejaht und der Klage in Höhe von 13.164,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2019 Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs stattgegeben. Dabei hat es vom Kaufpreis - ausgehend von einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 250.000 km - einen Betrag von 5.483,88 EUR als den Wert der vom Kläger gezogenen Nutzungen in Abzug gebracht. In dem zuerkannten Betrag sind auch die Reparaturkosten enthalten, die das Landgericht im Hinblick auf die nach der Reparatur gefahrenen Kilometer um 10 % gekürzt hat. Die weitergehende Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs, Zahlung von Zinsen auf den Kaufpreis aus § 849 BGB und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen. Die Beklagte verfolgt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen S...

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