Verfahrensgang

AG Neuruppin (Aktenzeichen 52 F 115/20)

 

Tenor

1. Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 18.10.2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 13.09.2021 - 52 F 115/20 - aufgehoben und der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht an die zur erneuten Entscheidung zuständige Stelle des Amtsgerichts Neuruppin zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers hat die Landeskasse zu tragen.

3. Der Geschäftswert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller beanstandet die Versagung einer von ihm nach Beendigung eines Adoptionsverfahrens beantragten Akteneinsicht.

Mit Beschluss vom 22.06.2021 - 52 F 115/20 - (Bl. 70) hat das Familiengericht die Annahme eines Cousins ersten Grades des Antragstellers durch den leiblichen Vater des Antragstellers als Annahme Volljähriger ausgesprochen.

Der vom Annehmenden und dem Angenommenen mit der notariellen Beglaubigung ihrer Annahmeerklärungen beauftragte Notar reichte die notarielle Urkunde vom 26.11.2020 (Bl. 2) am 03.12.2020 beim Familiengericht ein (Bl. 1). In § 4 der Urkunde heißt es: "Für den Fall des Todes des Erschienenen zu 1) wird der beurkundende Notar mit der Einreichung des Antrags auf Annahme als Kind beim zuständigen Familiengericht betraut (§ 1753 Abs. 2 BGB)." Der Annehmende verstarb am 05.12.2020. Eine Annahmeerklärung seiner Ehefrau liegt nicht vor.

Das Familiengericht hat den Antragsteller schriftlich angehört und ihm durch seinen Verfahrensbevollmächtigten vor Erlass der Annahmeentscheidung Akteneinsicht gewährt (Bl. 58R).

Der Antragsteller hat gegen die geplante Adoption erbrechtliche Interessen und Verstöße gegen §§ 1741 Abs. 2 Satz 2 und 1753 Abs. 1 BGB eingewandt (Bl. 63).

Mit Anwaltsschriftsatz vom 14.07.2021 (Bl. 81) hat der Antragsteller Akteneinsicht beantragt. Mit Schriftsatz vom 27.07.2021 (Bl. 92) macht er eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Er beruft sich auf seine Stellung als Beteiligter des Adoptionsverfahrens und das Übergehen seiner schriftsätzlich vorgebrachten Einwände durch die Annahmeentscheidung vom 22.06.2021.

Das Familiengericht hat mit der angefochtenen Entscheidung vom 13.09.2021 (Bl. 109) die Gewährung von Akteneinsicht abgelehnt und dies auf §§ 13 Abs. 2 FamFG, 1758 BGB gestützt.

Seine am 18.10.2021 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde (Bl. 125) begründet der Antragsteller mit seiner Beteiligtenstellung im Adoptionsverfahren und einem Akteneinsichtsrecht zur Verfolgung der Gehörsrüge.

II. 1. a) Das Rechtsmittel des Antragstellers ist statthaft. Die angefochtene Entscheidung betrifft die Akteneinsicht eines nicht am Verfahren Beteiligten, sogenannten Dritten, nach Verfahrensbeendigung. Anders als ein Verfahrensbeteiligter hat ein Dritter keine Möglichkeit, gegen eine Versagung der Akteneinsicht im Rahmen einer gegen die Hauptsacheentscheidung erhobenen Beschwerde (§ 58 Abs. 2 FamFG) vorzugehen, so dass gegen die Versagung von Akteneinsicht zugunsten Dritter aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG, und des Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, ein Rechtsmittel gegeben ist (vgl. BVerfG FamRZ 2017, 1066; FamRZ 2015, 473; Gietl, NZFam 2017, 681).

b) Der Antragsteller als Kind des Annehmenden zählt nicht zu den zwingend an einem Adoptionsverfahren zu Beteiligenden nach §§ 7 Abs. 1, 188 FamFG. Der Umstand, dass die Kinder eines Annehmenden aufgrund ihrer materiell-rechtlichen Betroffenheit im Adoptionsverfahren zwingend anzuhören sind, Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG NJW 2009, 138), verleiht ihnen nicht die förmliche Stellung als Beteiligte (vgl. OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2019, 23030; OLG Düsseldorf, NZFam 2018, 91; BeckRS 2011, 777; Weber in BeckOK FamFG, Hahne/Schlögel/Schlünder, 40. Ed. Stand 01.07.2021, § 188 FamFG Rn. 5).

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Amtsgericht den Antragsteller während des laufenden Adoptionsverfahrens beteiligt hat. Ein hierzu erforderlicher Hinzuziehungsakt (OLG Düsseldorf, BeckRS 2011, 777; Burschel in BeckOK FamFG, a,a.O. § 7 FamFG Rn. 5) ist insbesondere auch nicht in der am 04.05.2021 ausweislich des Akteninhalts ohne vorherige Anhörung des Angenommenen dem Antragsteller gewährten Akteneinsicht zu erblicken. Da das Amtsgericht die Akteneinsicht gemäß Verfügung vom 04.05.2021 ausdrücklich "zur Wahrung des rechtlichen Gehörs" gewährt und dem Antragsteller keine Gelegenheit zur Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Angenommenen am 12.04.2021 eingeräumt hat, ist offensichtlich, dass eine Hinzuziehung als Beteiligter nicht erfolgt ist.

Der Antragsteller kann sich auch nicht auf ein Recht auf Einsicht in die Adoptionsakte aufgrund seiner Stellung als Beteiligter des von ihm angestrengten Rügeverfahrens gemäß § 44 FamFG berufen. Die beantragte Akteneinsicht bezieht sich nicht auf das Rügeverfahren, sondern auf das zugrunde liegende Adoptionsverfahren. Die Erhebung einer Gehörsrüge führt nicht zu ei...

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