Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatsimmunität. Nichtanerkennung ausländischen Urteils. Londoner Schuldenabkommen. Zwei-plus-Vier-Vertrag. Ansprüche aus Verletzungen des Kriegsvölkerrechts. Militärische Handlungen während des Zweiten Weltkriegs. Ausnahme vom Amtshaftungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anerkennung des Urteils eines griechischen Gerichts, durch das die Bundesrepublik Deutschland wegen Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht in Griechenland im Zweiten Weltkrieg zur Zahlung von Schadensersatz an verletzte griechische Staatsangehörige verurteilt wurde, ist ausgeschlossen, weil ein solches Urteil dem völkerrechlichen Grundsatz der Staatenimmunität widerspricht.

LondSchAbk v. 27.2.1953 (BGBl. II,331)

Die "Zurückstellung der Prüfung" der in Art. 5 Abs. 2 des Londoner Schuldenabkommmens bezeichneten Forderungen hat mit dem In-Kraft-Treten des Vertrages v. 12.9.1990 über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-Vier-Vertrag) geendet.

Nach der im Zweiten Weltkrieg gegebenen Rechtslage standen im Falle von Verletzungen des Kriegsvölkerrechts etwaige Schadensersatzansprüche gegen den verantwortlichen fremden Staat nicht einzelnen geschädigten Personen, sondern nur deren Heimatstaat zu.

Jedenfalls nach dem Verständnis des deutschen Amtshaftungsrechts in der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren dem Staat zurechenbare militärische Handlungen während des Krieges im Ausland von dem Amtshaftungstatbestand des § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV ausgenommen.

 

Normenkette

ZPO § 328; HLKO §§ 2-3; BGB § 839; WRC § 131

 

Verfahrensgang

OLG Köln

LG Bonn

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.02.2006; Aktenzeichen 2 BvR 1476/03)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil v. 14.10.1999 wird aufrechterhalten. Die Kläger haben die weiteren Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger sind griechische Staatsangehörige. Ihre Eltern wurden am 10.6.1944 im damals besetzten Griechenland von Angehörigen einer in die deutsche Wehrmacht eingegliederten SS-Einheit nach einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit Partisanen im Zuge einer gegen das Dorf Distomo (Böotien) gerichteten "Sühnemaßnahme" erschossen, zusammen mit weiteren 300 an den Partisanenkämpfen unbeteiligten Dorfbewohnern - überwiegend Frauen und Kindern - sowie zwölf gefangen genommenen Partisanen. Das Dorf wurde niedergebrannt.

Die Kläger nehmen die beklagte Bundesrepublik Deutschland aus übergegangenem Recht (wegen Zerstörung des elterlichen Hauses nebst Inventar und Warenbestand des von ihren Eltern geführten Einzelhandelsgeschäfts) und aus eigenem Recht (wegen gesundheitlicher Schäden und Nachteile in der beruflichen Ausbildung und in ihrem Fortkommen) im Wege einer Feststellungsklage auf Schadensersatz, hilfsweise auf Entschädigung in Anspruch.

LG und OLG haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

In der ersten Revisionsverhandlung sind die Kläger nicht erschienen. Es ist Versäumnisurteil gegen sie ergangen, gegen das sie rechtzeitig Einspruch eingelegt haben.

In einem in Griechenland von der Präfektur Böotien u. a. auch in Vertretung der Kläger geführten Schadensersatzprozess wegen des Distomo-Massakers gegen die Bundesrepublik Deutschland hat die Zivilkammer des LG Livadeia durch Versäumnisurteil v. 30.10.1997 u. a. den Klägern des vorliegenden Prozesses näher bezifferte Zahlungsansprüche zuerkannt. Den von der Bundesrepublik Deutschland gestellten Antrag auf Kassation dieses Urteils hat das Plenum des griechischen Areopag durch Urt. v. 4.5.2000 zurückgewiesen. Die Vollstreckung aus diesem Urteil in Vermögen der Beklagten in Griechenland ist gescheitert, weil Griechenland nicht die nach dortigem Recht erforderliche Genehmigung erteilt hat.

 

Entscheidungsgründe

Das Versäumnisurteil v. 14.10.1999 ist aufrechtzuerhalten, denn die - insgesamt zulässige - Revision der Kläger gegen das klagabweisende Urteil des Berufungsgerichts ist nicht begründet.

A.

Zutreffend hat das Berufungsgericht die auf Feststellung einer Ersatz- bzw. Entschädigungspflicht der Beklagten gerichtete Klage als zulässig angesehen.

Zu Unrecht meint die Beklagte, ein Feststellungsinteresse der Kläger i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO sei zu verneinen, weil sie auf Leistung klagen könnten und dies für sie zumutbar sei (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rz. 7a m. w. N.). Indessen besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage. Erstere ist trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.1978 - VIII ZR 166/77, NJW 1978, 1520 [1521]; Urt. v. 9.6.1983 - III ZR 74/82, MDR 1984, 28 = NJW 1984, 1118 [1119]). Das ist i. d. R. anzunehmen, wenn es sich, wie hier, bei der beklagten Partei um eine öffentliche Körperschaft handelt, so dass zu erwarten ist, dass sie sich auch einem eventuellen Feststellungsurteil beugen wird (BGH, Urt. v. 9.6.1983 - III ZR 74/82, MDR 1984, 28 = NJW 1984, 1118 [1119]). Soweit die Beklagte dem entgegenhält, sie werde sich einem etwaigen Feststellungsurteil i. S. d. Klage nicht einfach beugen können, weil es zur Höhe der geltend gemachten Schadens- bzw. Entschädigungspositionen weiteren Streit geben werde, ist nicht ersichtlich, dass Letzteres zu einem weiteren Prozess (einer Leistungsklage der Kläger) führen müsste.

B.

Die Klage ist jedoch, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, unbegründet. Die von den Klägern geltend gemachten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte bestehen nicht.

I.

Einer Zurückweisung der Revision (Abweisung der Klage) im vorliegenden Rechtsstreit steht nicht schon die materielle Rechtskraft des Urteils des LG Livadeia v. 30.10.1997 - i. S. d. Verbots einer abweichenden Entscheidung (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1964 - V ZR 34/62, NJW 1964, 1626; v. 26.11.1986 - IVb ZR 90/85, MDR 1987, 393 = NJW 1987, 1146) - entgegen, soweit dieses bestimmten Schadensersatzansprüchen der Kläger stattgegeben hat und die Parteien und Streitgegenstände des vorliegenden Prozesses und jenes Rechtsstreits in Griechenland in dem betreffenden Umfang identisch sind. Eine inhaltliche Bindung an die ausländische Entscheidung kommt nur in Betracht, wenn und soweit diese von deutschen Gerichten anzuerkennen ist. Daran fehlt es hier.

1. Die Frage, ob das (rechtskräftige) Urteil des LG Livadeia anzuerkennen ist, richtet sich nicht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Denn zu den Zivil- und Handelssachen, in denen dieses multilaterale Abkommen gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuGVÜ anzuwenden ist, gehört - bei einer vertragsautonomen Qualifikation dieses Begriffes - nicht der Schadensersatzanspruch gegen einen Hoheitsträger, der in Ausübung hoheitlicher Befugnisse gehandelt hat (vgl. EuGH, Urt. v. 21.4.1993 - Rs. C-172/91, IPRax 1994, 37 m. Anm. Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S. 10; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Art. 1 EuGVÜ Rz. 8).

2. Auch eine Anerkennung des griechischen Urteils auf der Grundlage des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen v. 4.11.1961 (BGBl. 1963 II, 109) oder auf der Grundlage von § 328 ZPO kommt im Ergebnis nicht in Betracht. Auf nähere Einzelheiten braucht insoweit nicht eingegangen zu werden.

Voraussetzung der Anerkennung des Urteils des LG Livadeia ist nämlich sowohl nach dem deutsch-griechischen Vertrag v. 4.11.1961 als auch nach § 328 ZPO, dass der dortige Streitgegenstand überhaupt der - von der Bundesrepublik Deutschland in Abrede gestellten - Gerichtsbarkeit des griechischen Staates unterlag. Das wird zwar in den maßgeblichen Vorschriften nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich aber zumindest mittelbar aus dem Erfordernis der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einerseits, Art. 3 Nr. 3 des deutsch-griechischen Abkommens v. 4.11.1961 andererseits) und aus dem Gesichtspunkt des (deutschen) ordre public (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; Art. 3 Nr. 1 des Abkommens v. 4.11.1961). Diese Anerkennungsvoraussetzung ist nicht erfüllt.

a) Nach dem völkerrechtlichen Grundsatz der (begrenzten) Staatenimmunität kann ein Staat Befreiung von der Gerichtsbarkeit - schon im Erkenntnisverfahren - eines fremden Staats beanspruchen, soweit es um die Beurteilung seines hoheitlichen Verhaltens ("acta iure imperii") geht, während ein Staat nicht gehalten ist, einem fremden Staat in einem gegen diesen gerichteten Erkenntnisverfahren, das über dessen nicht-hoheitliches Verhalten ("acta iure gestionis") befindet, Befreiung von der Gerichtsbarkeit zu gewähren (vgl. BVerfG BVerfGE 16, 27; BVerfGE 46, 342; Gloria in Ipsen, Völkerrecht, 4. Aufl., § 26 Rz. 16 ff.; von der Beklagten vorgelegtes Gutachten Tomuschat/McCaffrey v. 24.10.2000, S. 6, 8, 14). Aus dieser herkömmlichen Sicht war Gegenstand des Prozesses vor dem LG Livadeia ein hoheitliches Handeln deutscher Streitkräfte im besetzten Griechenland während des Zweiten Weltkriegs. Dies gilt auf den ersten Blick, wenn man (lex fori des Anerkennungsstaats) deutsches Recht zugrunde legt, aber grundsätzlich auch nach griechischem Recht, in dem hoheitliches und nicht hoheitliches Handeln ähnlich wie im deutschen Recht unterschieden wird. Soweit das LG Livadeia in seinem Urt. v. 30.10.1997 eine Qualifizierung des in Rede stehenden Kriegsverbrechens (im Kern nur wegen der Schwere des Rechtsverstoßes) als hoheitliches Handeln verneint hat, ist dies methodisch nicht überzeugend.

b) Demgegenüber gibt es in neuerer Zeit Bestrebungen, den Grundsatz der Staatenimmunität noch enger zu fassen und diese bei Verstößen gegen zwingende Normen des Völkerrechts ("ius cogens") nicht anzuerkennen (s. die Darstellungen von Wirth, Jura 2000, 70 [72 ff.]; Ambos, JZ 1999, 16 [21 ff.]). Das ist jedoch nach überwiegender Meinung nicht geltendes Völkerrecht (vgl. Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S. 292 f.; Kämmerer, Kriegsrepressalie oder Kriegsverbrechen ? ArchVölkerR, Bd. 37, 1999, S. 307 f.; Rensmann, IPRax 1998, 44 [47]; Seidl-Hohenveldern, IPRax 1996, 52 [53 f.]; Scheffler, Die Bewältigung hoheitlich begangenen Unrechts durch fremde Zivilgerichte, 1997, 87 f.; a. A. Kokott, FS für Rudolf Bernhardt, 1995, S. 135, 148 f.); der Immunitätsvorbehalt liefe sonst auch weitgehend leer (vgl. Reimann, IPRax 1995, 123 [127]).

Ein anderer Ansatz für eine (weitere) Einschränkung des Grundsatzes der Staatenimmunität ergibt sich aus neueren Konventionen bzw. Konventionsentwürfen, etwa dem Europäischen Übereinkommen v. 16.5.1972 (BGBl. II, 34), dem allerdings Griechenland bisher nicht beigetreten ist. Nach Art. 11 dieses Europäischen Übereinkommens kann ein Vertragsstaat vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats Immunität nicht beanspruchen, wenn das Verfahren den Ersatz eines Personen- oder Sachschadens betrifft, das schädigende Ereignis im Gerichtsstaat eingetreten ist und der Schädiger sich bei Eintritt des Ereignisses in diesem Staat aufgehalten hat. Dem Wortlaut nach wären hiervon schadensstiftende Handlungen im Gerichtsstaat unabhängig davon betroffen, ob es sich um "acta iure imperii" handelte oder nicht (vgl. Geiger, NJW 1987, 1124 [1125]; Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S. 293). Andererseits geht der Ursprung dieser Regelung eher in die Richtung der Bewältigung von Vorfällen, die mit den hier streitgegenständlichen Handlungen nichts zu tun haben (z. B. Verkehrsunfälle bei Dienstfahrten ausländischer Diplomaten; vgl. Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S. 293; Gutachten, Tomuschat/McCaffrey v. 24.10.2000, S. 24). Jedenfalls besagt Art. 31 des Übereinkommens v. 16.5.1972 ausdrücklich, dass dieses nicht die Immunität oder Vorrechte berührt, die ein Vertragsstaat für alle Handlungen oder Unterlassungen genießt, "die von seinen Streitkräften oder im Zusammenhang mit diesen im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats begangen werden". Schließlich ist die rückwirkende Anwendung einer "Deliktsklausel" der in Rede stehenden Art bedenklich (vgl. Gutachten Tomuschat/McCaffrey v. 24.10.2000, S. 32).

c) Es sprechen danach weiterhin die überwiegenden Gesichtspunkte gegen die Annahme, bei Regeln wie Art. 11 des Europäischen Übereinkommens v. 16.5.1972 handele es sich um mittlerweile geltendes Völkergewohnheitsrecht (vgl. Heß, IPRax 1994, 10 [14]; zweifelnd Geimer, Internationales Zivilprozeßrech,t 3. Aufl., Rz. 626 c; abl. Steinberger, State Immunity in R. Bernhardt, Encyclopedia of Public International Law, 10. Lieferung, S. 439). Jedenfalls wird eine militärische Aktion der hier in Rede stehenden Art während eines Krieges hiervon nicht erfasst, schon gar nicht mit "Rückwirkung" für den Zweiten Weltkrieg.

d) Der Senat ist an der Beurteilung, dass die Beklagte sich gegenüber der Inanspruchnahme vor einem griechischen Gericht wegen des Distomo-Massakers im Zweiten Weltkrieg auf die Staatenimmunität berufen konnte, nicht durch Art. 100 Abs. 2 GG gehindert. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht eine Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist (Art. 25 GG), also auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts, die die dargestellten prozessualen Auswirkungen hätte, überhaupt existiert.

Solche möglicherweise ursprünglich vorhandenen (objektiven) Zweifel, ob die hier erörterte Völkerrechtsregel existiert, sind indessen jedenfalls durch die nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen beseitigt worden:

Das Oberste Sondergericht Griechenlands hat am 17.9.2002 auf eine Vorlage des Areopag in einem anderen Rechtsstreit wegen gleichgelagerter Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden,

"dass es nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand des Völkerrechts nach wie vor eine allgemein anerkannte Norm dieses Rechts gibt, nach der es unzulässig ist, einen Staat vor dem Gericht eines anderen Staates auf Schadensersatz wegen irgendeines im Hoheitsgebiet des Gerichtsstaats verübten Delikts, an dem in irgendeiner Weise (Art) Streitkräfte des beklagten Landes beteiligt waren, zu verklagen, und zwar sowohl im Kriegs- als auch im Friedensfall",

wodurch auch der gegenteilige Ausspruch des Plenums des Areopag v. 4.5.2000 betreffend den Prozess der Kläger vor dem LG Livadeia, was die allgemeine völkerrechtliche Beurteilung durch die Gerichte in Griechenland angeht, als "überholt" anzusehen ist.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Beschl. v. 12.12.2002 die Beschwerde der im Prozess vor dem LG Livadeia obsiegenden Kläger dagegen, dass Griechenland die nach der griechischen Zivilprozessordnung erforderliche Genehmigung zur Zwangsvollstreckung aus dem Urteil in in Griechenland belegenes Vermögen der Bundesrepublik Deutschland verweigerte (was im Vollstreckungsverfahren die griechischen Gerichte bestätigten), für unzulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, er sehe es nicht für erwiesen an,

"... dass es zum jetzigen Zeitpunkt eine Akzeptanz im Völkerrecht gäbe, wonach Staaten in Bezug auf Schadensersatzklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit , die in einem anderen Staat geltend gemacht werden, nicht mehr zur Immunität berechtigt sein sollten (s. Al-Adsani ./. Vereinigtes Königreich [sc. Nr. 35763/97, EGMR, 2001 - XI], Geimer, Internationales Zivilprozessrecht 3. Aufl., Rz. 66). Demnach könne von der griechischen Regierung nicht verlangt werden, die Regel der Staatenimmunität gegen ihren Willen zu durchbrechen. Dies treffe jedenfalls auf den gegenwärtigen Stand im Völkerrecht zu, wie der Gerichtshof in der vorbezeichneten Rechtssache Al-Adsani erkannt hat, was aber eine Weiterentwicklung des Völkergewohnheitsrechts in der Zukunft nicht ausschließt".

Beide Erkenntnisse stehen im Einklang mit der Sicht des Senats.

II.

Hinsichtlich der vom Berufungsgericht in Betracht gezogenen Anspruchsgrundlagen für das Klagebegehren der Kläger ist zu unterscheiden, ob eine Einstandspflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer selbstständigen Nachkriegsverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland in Betracht kommt oder eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland für eine Schuld des zusammengebrochenen Deutschen Reichs aus dem Zweiten Weltkrieg - etwa unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge (vgl. Art. 134 Abs. 4, 135a Abs. 1 Nr. 1 GG; BVerfG BVerfGE 15, 126 [133 ff.]; BGH BGHZ 16, 184 [188 f.]; BGHZ 36, 245 [248 f.]; Kreft in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 839 Rz. 67).

Eine Anspruchsgrundlage der zuerst genannten Art scheidet hier nach den rechtsfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts aus. Es hat mit Recht angenommen, dass das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG) v. 18.9.1953 (BGBl. I, 1387) die vorliegenden Ansprüche der Kläger nicht abdeckt. Gemäß § 1 Abs. 1 BEG hat einen Anspruch nach diesem Gesetz nur derjenige, der in der Zeit v. 30.1.1933 bis zum 8.5.1945 (Verfolgungszeit) wegen seiner gegen den Nationalsozialismus gerichteten politischen Überzeugung, aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung (Verfolgungsgründe) durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen oder in seinem beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat (Verfolgter). Der Verfolgung wegen politischer Überzeugung gleichgestellt wird eine Verfolgung, die darauf beruht, dass der Verfolgte auf Grund eigener Gewissensentscheidung sich unter Gefährdung seiner Person aktiv gegen die Missachtung der Menschenwürde oder gegen die sittlich, auch durch den Krieg, nicht gerechtfertigte Vernichtung von Menschenleben eingesetzt hat (§ 1 Abs. 2 BEG). Nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen in diesem Sinne sind deshalb nur gegeben, wenn sie aus den genannten Verfolgungsgründen vorgenommen worden sind (§ 1 Abs. 3 S. 1 BEG). Um Maßnahmen dieser Art handelte es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Zerstörung des Dorfes Distomo und der Exekution ihrer Bewohner jedoch nicht. Die tatrichterliche Feststellung, Gründe der politischen Gegnerschaft oder der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung hätten diesen Vorgängen nicht zugrunde gelegen, wird von der Revision nicht angegriffen.

III.

1. Das Berufungsgericht, das auch Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs verneint, hat sich nicht durch Art. 5 Abs. 2 des Abkommens über deutsche Auslandsschulden v. 27.2.1953 (BGBl. II 1953, 336; Londoner Schuldenabkommen - LondSchAbk) - dessen Anwendbarkeit im Streitfall es offen gelassen hat - gehindert gesehen, den Klageanspruch unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen und die Klage insoweit endgültig abzuweisen. Das ist im Ergebnis richtig.

a) Durch Art. 5 Abs. 2 des Londoner Schuldenabkommens, das auch für das Königreich Griechenland Geltung erlangt hat (vgl. Bekanntmachung v. 4.7.1956, BGBl. II, 864; in Kraft getreten am 21.4.1956) wurde "eine Prüfung der aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet von Deutschland besetzt war, und von Staatsangehörigen dieser Staaten gegen das Reich und im Auftrage des Reichs handelnde Stellen oder Personen ... bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt". Das kam nach der Rechtsprechung des BGH in seiner rechtlichen Wirkung - bis zum Zustandekommen der vorgesehenen "Regelung" der Reparationsfrage - einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Stillhalteabkommen (Moratorium) gleich. Die genannten Forderungen waren also vorläufig gestundet und deshalb regelmäßig mangels Fälligkeit als zurzeit unbegründet abzuweisen (BGH BGHZ 16, 207 [211 f.]; BGHZ 18, 22 [30]; Urt. v. 26.2.1963 - VI ZR 85/62, MDR 1963, 492; v. 19.6.1973 - VI ZR 74/70, NJW 1973, 1549 [1552]). Das heißt, dass, soweit die Vorschrift des Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk greift, die Klageforderung grundsätzlich sachlich nicht geprüft - also im Regelfall auch nicht endgültig abgewiesen - werden konnte (BGH, Urt. v. 26.2.1963 - VI ZR 85/62, MDR 1963, 492; v. 19.6.1973 VI ZR 74/70, NJW 1973, 1549 [1552]).

b) Das Londoner Schuldenabkommen ist jedoch durch die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland ("Zwei-plus-Vier-Vertrag" v. 12.9.1990, BGBl. II, 1318; in Kraft seit dem 15.3.1991, BGBl. II, 585) im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands als Moratorium gegenstandslos geworden. Der Senat folgt insoweit der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG Münster v. 19.11.1997 - 14 A 362/93, NJW 1998, 2302; OLG Stuttgart v. 20.6.2000 - 12 U 37/00, OLGReport Stuttgart 2000, 301 = NJW 2000, 2680; OLG Hamm v. 27.10.2000 - 9 W 47/00, OLGReport Hamm 2000, 358 = NJW 2000, 3577 [3579]; KG v. 6.6.2000 - 9 W 2104/00, KGReport Berlin 2000, 257 [259 f.]) und der in diesem Punkt jedenfalls im Ergebnis einhelligen Fachliteratur (vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 9. Aufl., Rz. 1871 ff.; Blumenwitz, NJW 1990, 3041 [3042]; Dolzer, NJW 2000, 2480 [2481]; Eichhorn, Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung, 1992, S. 144 ff.; v. Goetze, NJW 1990, 2161 [2168]; Kämmerer, ArchVölkerR, Bd. 37, 1999, 283 ff., 312 ff., 315; Kempen, Die deutsch-polnische Grenze nach der Regelung des Zwei-plus-Vier-Vertrages, 1997, 208 ff., 218 f.; Paech, KritJustiz 1999, 381 [391]; Rauschning, DVBl. 1990, 1275 [1279 f.]; Rauschning, JuS 1991, 977 [983]; Weiß, JA 1991, 56 [60]). Der Zwei-plus-Vier-Vertrag mag zwar nicht als Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, der üblicherweise die Beendigung des Kriegszustandes, die Aufnahme friedlicher Beziehungen und eine umfassende Regelung der durch den Krieg entstandenen Rechtsfragen erfasst, zu qualifizieren sein. Er hatte aber erklärtermaßen das Ziel, eine abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland herbeizuführen, und es wurde deutlich, dass es weitere (friedens-)vertragliche Regelungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geben wird. Hieraus ergab sich auch, dass die Reparationsfrage in Bezug auf Deutschland nach dem Willen der Vertragspartner nicht mehr vertraglich geregelt werden soll. Die Bundesregierung hat auch am 27.10.1997 im Bundestag ausdrücklich die Erklärung abgegeben, dass es zwar wegen der bekannten Gegensätze der vier Hauptsiegermächte in der Nachkriegszeit nicht zu der im Londoner Schuldenabkommen vorgesehenen endgültigen Regelung der Reparationszahlungen gekommen sei, dass jedoch fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges "die Reparationsfrage obsolet" geworden sei und dass in diesem Verständnis die Bundesregierung den Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland abgeschlossen habe (BT-Drucks.13/8840, 2; in diesem Sinne auch MdB Bosbach in der Plenardebatte des Bundestages am 6.7.2000, BT-Plenarprot. 14/114, 10755). Daran ist die Beklagte festzuhalten. Soweit sie im Vorliegenden Prozess darüber hinaus meint, der Zwei-plus-Vier-Vertrag schließe sämtliche unter Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk fallenden Individualansprüche endgültig aus (vgl. auch Eichhorn, Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung, 1992, S. 144 f.), hat dies allerdings, was die streitigen Ansprüche der Kläger angeht, keine Grundlage, weil - abgesehen davon, dass Griechenland nicht Vertragspartei war - nicht ersichtlich ist, woraus sich ein Verzicht dieses Staates auf individuelle Ansprüche zulasten seiner Angehörigen ergeben und seine Wirksamkeit herleiten soll. Schon in dem Vertrag v. 18.3.1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsangehöriger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen sind (BGBl. II, 1597), auf Grund dessen die Beklagte an Griechenland 115 Mio. DM gezahlt hat, waren von der Erledigungsklausel in Art. III ausdrücklich "etwaige gesetzliche Ansprüche griechischer Staatsangehöriger" gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgenommen worden.

2. Ausgehend davon, dass Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk für den Klageanspruch zwar einschlägig war, aber dessen Prüfung jetzt nicht mehr hindert, kann dem Anspruch auch nicht - was das Berufungsgericht ebenfalls offenläßt - das Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG) v. 5.11.1957 (BGBl. I, 1747) entgegenstehen, das das Erlöschen bestimmter Ansprüche u. a. gegen das Deutsche Reich anordnet, jedoch ausspricht, dass das Londoner Schuldenabkommen durch dieses Gesetz nicht berührt wird (§ 101 AKG; dazu Féaux de la Croix, AKG, 1959, § 101 Anm. 3 f.), d. h. dass Ansprüche, die dem Londoner Schuldenabkommen unterliegen, vom Allgemeinen Kriegsfolgengesetz nicht erfasst werden (Kämmerer, ArchVölkerR, Bd. 37, 1999, S. 312 Fn. 127).

3. Schließlich wird der vorliegende Anspruch auch nicht durch den bereits erwähnten deutsch-griechischen Vertrag v. 18.3.1960 ausgeschlossen. Denn dieser Vertrag regelt nur die Folgen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen und lässt etwaige gesetzliche Ansprüche griechischer Staatsangehöriger ausdrücklich unberührt.

IV.

Für die Beurteilung etwaiger Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich, für die die Bundesrepublik Deutschland ggf. haften müsste, kommt es auf die Rechtslage zu der Zeit, als die hier in Rede stehende Tat begangen wurde (1944), an. Denn es handelte sich bei solchen Schulden, auch wenn sie von der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen wären, immer nur um "Verbindlichkeiten des Reiches" (vgl. Art. 135a Abs. 1 Nr. 1 GG). Selbst auf der Grundlage der Identität des Bundes mit dem Reiche (vgl. BVerfG BVerfGE 36, 1 [15 f.]; Beschl. v. 17.12.1998 - IX ZB 59/97, NJW-RR 1999, 1007) würde sich nicht eine Einstandspflicht der Bundesrepublik Deutschland für Reichsschulden wie für seit ihrer Entstehung neu begründete eigene Verbindlichkeiten ergeben (BVerfG BVerfGE 15, 126 [145]; zur Abgrenzung vgl. BGH BGHZ 29, 22 f.; BGHZ 36, 245 [247]). Dies bedeutet insbesondere, dass hinsichtlich der gegen das Reich in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen rechtliche Fortentwicklungen bzw. veränderte Rechtsanschauungen - etwa im Lichte des heute geltenden Grundgesetzes oder von Änderungen des internationalen Rechts - außer Betracht bleiben müssen. Bei alledem versteht sich von selbst, dass bei der Ermittlung und Würdigung der maßgeblichen Rechtslage im Jahre 1944 nationalsozialistisches Gedankengut unberücksichtigt zu bleiben hat.

Jedenfalls aus diesem Blickwinkel ergibt sich, dass den Klägern aus dem Geschehen v. 10.6.1944 in Distomo keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche gegen das Deutsche Reich, für die die Bundesrepublik Deutschland einzustehen hätte, erwachsen sind.

1. Einen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch der Kläger wegen eines völkerrechtlichen Delikts verneint das Berufungsgericht mit der Begründung, zwar handele es sich um ein Kriegsverbrechen, nach den überkommenen Grundsätzen des Völkerrechts stünden jedoch darauf gegründete Ersatzansprüche regelmäßig nicht der verletzten Person selbst zu, sondern nur ihrem Heimatstaat.

a) Diese Rechtsauffassung trifft jedenfalls für den hier zu beurteilenden Zeitpunkt zu (s. BVerfG v. 13.5.1996 - 2 BvL 33/93, BVerfGE 94, 315 [329 f.]): Die traditionelle Konzeption des Völkerrechts als eines zwischenstaatlichen Rechts versteht den Einzelnen nicht als Völkerrechtssubjekt, sondern gewährt ihm nur mittelbaren internationalen Schutz. Bei völkerrechtlichen Delikten durch Handlungen gegenüber fremden Staatsbürgern steht ein Anspruch nicht dem Betroffenen selbst, sondern nur seinem Heimatstaat zu. Der Staat macht im Wege des diplomatischen Schutzes sein eigenes Recht darauf geltend, dass das Völkerrecht in der Person seines Staatsangehörigen beachtet wird. Dieses Prinzip einer ausschließlichen Staatenberechtigung galt in den Jahren 1943 bis 1945 auch für die Verletzung von Menschenrechten. Der Einzelne konnte grundsätzlich weder die Feststellung des Unrechts noch einen Unrechtsausgleich verlangen. Auch hatte er weder nach Völkerrecht noch i. d. R. nach dem innerstaatlichen Recht des einzelnen Staates einen subjektiven, durchsetzbaren Anspruch darauf, dass sein Heimatstaat den diplomatischen Schutz ausübt. Dementsprechend finden nach Art. 2 des Abkommens betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs v. 18.10.1907 (Haager Landkriegsordnung - HLKO) deren Bestimmungen "nur zwischen den Vertragsmächten Anwendung", und gem. Art. 3 HLKO ist ggf. "die Kriegspartei" (gegenüber der anderen Kriegspartei) zum Schadensersatz verpflichtet.

Wie das BVerfG (a. a. O.) weiter ausgeführt hat, gewährt das Völkerrecht erst in der neueren Entwicklung eines erweiterten Schutzes der Menschenrechte dem Einzelnen ein eigenes Recht, berechtigt andere Völkerrechtssubjekte auf der Grundlage von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Intervention bei gravierenden Verstößen und entwickelt vertragliche Schutzsysteme, in denen der Einzelne seinen Anspruch auch selbst verfolgen kann. Auf Letzteres kann es indessen, wie gesagt, im Streitfall nicht ankommen.

b) Auch i. V. m. Art. 4 WRV ergab sich für die Kläger keine eigene (völkerrechtliche) Anspruchsposition. Zwar begründete diese Verfassungsbestimmung die "direkte Anwendung völkerrechtlicher Normen", auch zugunsten von Einzelpersonen, die damit unter Berufung auf das Völkerrecht ggf. Klageansprüche erheben konnten (Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 12. Aufl., S. 61). Das setzte aber voraus, dass das maßgebliche Völkerrecht seinem Inhalt nach eine Grundlage für solche Einzelansprüche bot. Das war bei Art. 3 HLKO, der insoweit allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kam, nicht der Fall.

c) Die bisherige Sicht wird - bezogen auf den hier maßgeblichen Tatzeitpunkt - auch nicht durch die Ausführungen in dem von den Klägern vorgelegten Gutachten Fleiner S. 23 f. über die fortschreitende Anerkennung der Völkerrechtssubjektivität von Individuen infrage gestellt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, Art. 3 HLKO räume dem in seinen Rechten verletzten Individuum nicht die Befugnis ein, von einem Staat in einem gerichtsförmigen Verfahren Schadensersatz zu verlangen, wird hierdurch nicht entkräftet, auch nicht durch die Qualifizierung, es handele sich um "individualisierte" Verbrechen (Fleiner, Gutachten, S. 29), über die die betroffenen Staaten gar keine Abkommen schließen könnten; für eine derartige Sicht - im Jahre 1944 - gibt es keine Anhaltspunkte. Ebensowenig steht der herkömmlichen Beurteilung (nach Völkerrecht) - für den hier maßgeblichen Zeitpunkt - die Auffassung entgegen, es habe sich bei den hier zu beurteilenden Handlungen um zwar (auch) dem Kriegsvölkerrecht unterfallende, jedoch außerhalb des "Kriegsgeschehens" liegende Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung im Sinne einer bloßen "Polizeiaktion" der Besatzungsmacht gehandelt (Fleiner, Gutachten, S. 19; vgl. auch Paech, KritJustiz 1999, 380 [395 f.]). Das zweifelsfrei verbrecherische Massaker von Distomo geschah nach dem vorliegenden - unstreitigen - Sachverhalt, wonach es sich um die "Sühnemaßnahme" einer in die Wehrmacht eingegliederten SS-Einheit im Zusammenhang mit einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit Partisanen handelte, in Ausübung militärischer Gewalt auf besetztem feindlichen Gebiet, fällt also in einen von der Haager Landkriegsordnung unmittelbar erfassten Bereich (vgl. Art. 42 ff., 46, 50 der Anlage zum Abkommen). Der Umstand, dass die wehrlose, an dem vorausgegangenen Kampfgeschehen unbeteiligte Zivilbevölkerung das Opfer war, ändert an diesen Zusammenhängen und der Würdigung, dass es sich um eine - wenn auch in jeder Hinsicht rechtswidrige - militärische Operation handelte, nichts. Mit dieser Beurteilung stimmt überein, dass auch das Griechische Oberste Sondergericht in seinem Urt. v. 17.9.2002 (s. oben I. 2. d.) vergleichbare andere Vorgänge im besetzten Griechenland als "Kriegshandlungen" bezeichnet und bewertet hat.

2. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen das Deutsche Reich wegen Amtspflichtverletzung nach nationalem Recht - hier also gemäß den allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln nach deutschem Staatshaftungsrecht (Kreuzer in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Rz. 277 m. w. N.) - verneint.

Für etwaige individuelle ("zivilrechtliche") Ersatzansprüche der verletzten Personen aus nationalem Recht ist und war allerdings neben einem völkerrechtlichen Anspruch ihres Heimatstaats gegen den Staat, dem das in Rede stehende Kriegsverbrechen zuzurechnen ist, durchaus Raum. Zwar wird von einem Teil der Literatur der Grundsatz der völkerrechtlichen Exklusivität in dem Sinne vertreten, dass individuelle Reparationsansprüche in den zwischenstaatlichen Reparationsansprüchen aufgehen (vgl. Granow, AÖR 77 [1951/52], 67 [72 f.]; Féaux de la Croix, NJW 1960, 2268 [2269]; Eichhorn, Reparation als völkerrechtliche Deliktshaftung, 1992, S. 78 f. - Absorption des Individualreparationsanspruches). Das BVerfG hat jedoch ausgesprochen, dass es eine allgemeine Regel des Völkerrechts, wonach Ansprüche aus innerstaatlichem Recht, die auf Kriegsereignissen beruhen, nicht individuell durchsetzbar sind, sondern nur auf zwischenstaatlicher Ebene geltend gemacht werden können, nicht gibt (BVerfG v. 13.5.1996 - 2 BvL 33/93, BVerfGE 94, 315 [330 ff.]). Eine solche allgemeine Regel mag, ohne dass dies näher untersucht zu werden braucht, auch für die Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht nachweisbar sein.

a) Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV mit folgender Begründung: Schadensersatz werde nach diesen Vorschriften nur geschuldet, wenn die im Einzelnen verletzte Amtspflicht gerade auch gegenüber dem Geschädigten bestanden habe (sog. Drittbezogenheit der Amtspflicht; vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 56 ff.). Die Drittbezogenheit der Amtspflicht werde zwar nach allgemeiner Meinung gerade bei der Verletzung absoluter Rechte bejaht. Der unmittelbar Verletzte könne deshalb in einem solchen Fall die Beseitigung der Unrechtsfolgen verlangen. Das gelte jedoch grundsätzlich nicht für Kriegsschäden, also für solche Nachteile und Verluste, die Nichtkombattanten an ihrer Person, ihrem Eigentum oder ihrem Vermögen durch Kriegs- oder Besetzungshandlungen, namentlich durch die Anwendung bewaffneter Gewalt, erlitten. Der Krieg sei ein Ausnahmezustand des Völkerrechts. Sein Wesen bestehe im umfassenden Rückgriff auf die Gewalt, die nicht nur die Rechtsgüter eines Staates und seiner Bürger bedrohe, sondern auch zur Grundlage aller Beziehungen zwischen mehreren Staaten werde. In dem von Gewaltanwendung geprägten Zustand werde die bisher geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiert und an die Stelle der suspendierten Vorschriften der normalerweise geltenden Rechtsordnung trete eine Ausnahmeordnung ("ius in bello"). In dieser Ausnahmeordnung hätten jene Normen keine Geltung, die im Rahmen der Friedensordnung bestimmten, unter welchen Voraussetzungen für die Verletzung von Amtspflichten gehaftet werde. Die Vorstellung, die Krieg führenden Parteien hafteten den Mio. von Opfern und Geschädigten gegenüber nach Deliktsgrundsätzen, sei deshalb "dem Amtshaftungsrecht systemfremd"; es hätten vielmehr bei bewaffneten Auseinandersetzungen die Regelungen des internationalen Kriegsrechts zu gelten, die das Amtshaftungsrecht überlagerten.

Etwas anderes könnte allerdings gelten - erwägt das Berufungsgericht weiter -, wenn sich wie hier die handelnden Organe außerhalb des für die Kriegsführung geltenden Regelwerks stellten, namentlich, wenn die in der Haager Landkriegsordnung postulierten Handlungs- und Unterlassungspflichten verletzt würden. Die Frage sei, ob für diesen Fall nicht nur dem Staat, sondern auch dem Einzelnen, der in seinen Rechten verletzt worden sei, ein Anspruch auf Beseitigung der Unrechtsfolgen eingeräumt werde. Unter diesem Gesichtspunkt zieht das Berufungsgericht Art. 3 HLKO in Betracht, gelangt jedoch zu dem Ergebnis, diese Vorschrift gewähre nicht dem verletzten Individuum, sondern nur der betroffenen "Kriegspartei" ein subjektives Recht auf Schadensersatz.

b) Diesen Ausführungen schließt sich der Senat jedenfalls im Ergebnis an. Nach dem Verständnis und Gesamtzusammenhang des zur Tatzeit (1944) geltenden deutschen Rechts waren die dem Deutschen Reich völkerrechtlich zurechenbaren militärischen Handlungen während des Kriegs im Ausland von dem - eine innerstaatliche Verantwortlichkeit des Staats auslösenden - Amtshaftungstatbestand des § 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV ausgenommen (zur Frage der Fortgeltung des Art. 131 WRV vgl. Staudinger/Wurm, BGB, 2002, § 839 Rz. 8).

aa) Zwar sind die Tatbestandselemente des § 839 Abs. 1 BGB dem Wortlaut der Vorschrift nach sämtlich erfüllt: Bei der "Sühnemaßnahme" der deutschen SS-Einheit v. 10.6.1944 gegen das Dorf Distomo mit einer Massenexekution und der Zerstörung der Häuser handelte es sich um einen Akt der deutschen militärischen Besatzungsmacht, dessen hoheitliche Natur und Zurechnung unbeschadet dessen außer Frage steht, dass der verantwortliche Einheitsführer den Anweisungen der vorgesetzten Stellen zuwiderhandelte und sein Befehl zu dem Massaker ein Kriegsverbrechen darstellte. An dem Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen ändert, wie bereits ausgeführt, auch der Umstand nichts, dass es sich bei dem Massaker in Distomo um ein Verbrechen der SS handelte. Die beteiligte SS-Einheit war in die deutsche Wehrmacht eingegliedert. Angesichts der taktischen Zuordnung der Waffen-SS zu den kämpfenden Truppen im Allgemeinen und der konkreten Zusammenhänge - es waren Kämpfe mit Partisanen vorausgegangen - lässt sich dieses Geschehen amtshaftungsrechtlich vom Kriegsgeschehen insgesamt nicht abtrennen. Es bedarf auch keiner weiteren Ausführungen dazu, dass es - auch in der damaligen Zeit und im Krieg - zu den Amtspflichten eines deutschen Soldaten gehörte, sich nicht in völkerrechtswidriger, kriegsverbrecherischer Art und Weise an fremdem Leben und Eigentum zu vergreifen, wie es hier - vorsätzlich - geschehen ist. Diese Amtspflichten waren entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch bezogen auf die betroffenen Personen (Opfer) zwangsläufig im amtshaftungsrechtlichen Sinne "drittgerichtet".

bb) Gleichwohl ist davon auszugehen, dass nach dem damaligen Verständnis des Kriegsgeschehens im Allgemeinen, des anerkannten (weitgehend als ausschließlich verstandenen) völkerrechtlichen Haftungssystems für Verstöße gegen die Regeln des Krieges und der überkommenen Regelung des Art. 131 WRV, wonach die Verantwortlichkeit des Staates für die Amtspflichtverletzungen seiner Beamten nur "grundsätzlich" gegeben war, eine Einstandspflicht des Staates nach innerstaatlichem Amtshaftungsrecht gegenüber durch Kriegshandlungen im Ausland geschädigten Ausländern nicht gegeben war.

(1) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde der Krieg als völkerrechtlicher Ausnahmezustand gesehen, der seinem Wesen nach auf Gewaltanwendung ausgerichtet ist und die im Frieden geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiert. Die Verantwortlichkeit für den Beginn eines Kriegs und die Folgen der damit zwangsläufig verbundenen kollektiven Gewaltanwendung wie auch die Haftung für individuelle Kriegsverbrechen der zu den bewaffneten Mächten gehörenden Personen wurde auf der Ebene der kriegsführenden Staaten geregelt bzw. als regelungsbedürftig angesehen. Dementsprechend haftet nach allgemeinem Völkerrecht der illegale Kriegseröffner für alle Schäden, die dem verletzten Staat aus dieser illegalen Kriegseröffnung erwachsen (vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrecht, Bd. II, Kriegsrecht, 2. Aufl. 1969, § 48 S. 238 f.). Gleichermaßen hat die Kriegspartei, die bei der Kriegsführung anerkannte Grundsätze des Völkerrechts verletzt, dem betroffenen Staat für den aus dieser Verletzung entstehenden Schaden einzustehen; dies umfasst die Haftung für die Handlungen aller zu der bewaffneten Macht gehörenden Personen, und zwar nicht nur, wenn diese Personen kompetenzmäßige Akte begehen, sondern auch dann, wenn sie ohne oder gegen Befehle handeln (vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrecht, Bd. II, Kriegsrecht, 2. Aufl. 1969, § 48 S. 238). Aus dieser Sicht des Kriegs als eines in erster Linie kollektiven Gewaltakts, der als "Verhältnis von Staat zu Staat" aufgefasst wurde (vgl. Gursky, AWD 1961, 12 [14 f.]; bezeichnend für diese Sicht ist auch die Darstellung von Féaux de la Croix, NJW 1960, 2268 [2269]), lag - jedenfalls damals - die Vorstellung fern, ein kriegsführender Staat könne sich durch Delikte seiner bewaffneten Macht während des Kriegs im Ausland (auch) gegenüber den Opfern unmittelbar schadensersatzpflichtig machen. Selbst Kelsen (Kelsen , Unrecht und Unrechtsfolge im Völkerrecht, ZöR, Bd. XII, 1932, 481 [522 f.]), der bereits 1932 den Standpunkt vertreten hat, durch ein völkerrechtliches Unrecht könne rechtlich nicht nur ein Staat, sondern auch ein einzelner Mensch verletzt werden, hat es lediglich für möglich gehalten, dass diesem selbst eine Parteistellung vor einem internationalen Gericht gewährt werden könnte; zugleich stellt er jedoch fest, dass es nach geltendem Recht immer nur ein Staat sei, der die völkerrechtliche Unrechtsfolge zu realisieren habe.

(2) Das Ergebnis, dass es zumindest nach der damaligen Rechtsauffassung ausgeschlossen erscheint, dass das Deutsche Reich mit seinem nationalen Amtshaftungsrecht auch durch völkerrechtswidrige Kriegshandlungen deutscher Soldaten im Ausland verletzten ausländischen Personen individuelle Schadensersatzansprüche einräumen wollte, bestätigt sich vor dem Hintergrund des in § 7 des Gesetzes über die Haftung des Reiches für seine Beamten - Reichsbeamtenhaftungsgesetz (RBHG) - v. 22.5.1910 (RGBl., 798) geregelten Haftungsausschlusses.

Nach dieser Vorschrift stand den Angehörigen eines auswärtigen Staates ein Ersatzanspruch auf Grund dieses Gesetzes gegen das Deutsche Reich nur insoweit zu, als nach einer im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung des Reichskanzlers durch die Gesetzgebung des ausländischen Staates oder durch Staatsvertrag die Gegenseitigkeit verbürgt war. Der Ausschluss der Staatshaftung gegenüber Ausländern in diesem Umfang, der für die Bundesrepublik Deutschland erst mit Wirkung v. 1.7.1992 geändert worden ist (Art. 6 des Gesetzes über dienstrechtliche Regelungen für Verwendungen im Ausland v. 28.7.1993 (BGBl. I, 1394 [1398]) - allerdings seit der Geltung des Grundgesetzes und insbesondere nach dem In-Kraft-Treten des europäischen Gemeinschaftsrechts verfassungsrechtlich und rechtspolitisch umstritten ist (vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 98 ff. m. w. N.; Papier in MünchKomm/BGB, 3. Aufl. § 839 Rz. 340 ff.) -, stand nach dem allgemeinen Verständnis des deutschen Staatshaftungsrechts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs rechtlich außer Frage (vgl. RG JW 1926, 1332; RGZ 128, 238 [240]; Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 14. Aufl., II. Hauptteil, Art. 131 Anm. 14 S. 613; Delius, Die Beamtenhaftpflichtgesetze 4. Aufl. S. 23 f), zumal unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung die Verantwortlichkeit des Staats für amtspflichtwidriges Verhalten seiner Amtsträger zweifelsfrei und anerkanntermaßen unter einem Gesetzesvorbehalt für Ausnahmen - wenn auch in engen Grenzen - stand (Art. 131 WRV; hierzu Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 14. Aufl., Anm. 13 S. 612 f.; zur Auslegung des heute geltenden Art. 34 GG vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 96 f.; Papier in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 839 Rz. 332 jew. m. w. N.). Andererseits war eine "Verbürgung der Gegenseitigkeit" - die im Übrigen im Verhältnis zu Griechenland allgemein erst ab der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben war (vgl. Bekanntmachung v. 31.5.1957; BGBl. I, 607) -, was die individualrechtliche Staatshaftung für die Auswirkungen von Kriegshandlungen im Ausland anging, schon im Hinblick auf die vorstehend erörterte einhellige völkerrechtliche "Bewältigung" der Haftungsfrage bei völkerrechtlichen Delikten im Krieg von vornherein nicht zu erwarten, d. h. praktisch ausgeschlossen.

(3) Vor diesem damaligen Hintergrund erscheint es erklärbar, dass das Deutsche Reich während des Zweiten Weltkrieges eine Reihe von Bestimmungen erließ, die ebenfalls - ohne dass es sich insoweit um spezifisch nationalsozialistisches Unrecht (vgl. BVerfG BVerfGE 23, 98 [106]; v. 15.4.1980 - 2 BvR 842/77, BVerfGE 54, 53 [68] MDR 1980, 996; BGH BGHZ 16, 350 [353 f.]; BGHZ 26, 91 [93]) handelte - keinerlei Anhalt dafür bieten, dass nach dem maßgebenden Rechtsverständnis im Jahre 1944 eine Haftung des Deutschen Reiches für völkerrechtswidrige Kriegshandlungen seiner Truppen im Ausland gegenüber geschädigten Individualpersonen in Betracht kam.

(aa) Bezüglich der Kriegspersonenschäden sah die Verordnung über die Entschädigung von Personenschäden (Personenschädenverordnung - PersonenschädenVO) v. 10.11.1940 (RGBl. I, 1482) vor, dass deutsche Staatsangehörige wegen - im Reich oder außerhalb des Reichs (vgl. Däubler, DJ 1943, 36 [38]) - durch Kampfhandlungen erlittener Schäden an Leib oder Leben "Fürsorge und Versorgung" erhalten sollten. Zugleich griff die Personenschädenverordnung in das Schadensersatzrecht ein, indem sie u. a. in § 10 vorschrieb, dass Ansprüche gegen das Reich nur nach Maßgabe dieser Verordnung bestünden. Dies wurde dahin verstanden, dass wegen eines im Ausland erlittenen Kriegsschadens eines deutschen Staatsangehörigen kein Schadensersatzanspruch gegen das Reich erhoben werden könne (Däubler, DJ 1943, 36 [38]), was nahe legt, dass für Schadensersatzansprüche von Ausländern wegen Personenschäden durch im Ausland begangene deutsche Kriegshandlungen erst recht keine Grundlage gesehen werden konnte.

(bb) Bezüglich der Kriegssachschäden sah die Kriegssachschädenverordnung - KriegssachschädenVO - v. 30.11.1940 (RGBl. I, 1547) Entschädigungsansprüche für Schäden aus Kampfhandlungen innerhalb des Gebiets des großdeutschen Reichs vor. Später wurde die Kriegssachschädenverordnung auf bestimmte, außerhalb des Reichsgebiets eingetretene Schäden ausgedehnt (Erste, Zweite, Dritte und Vierte Verordnung über die Ausdehnung der Kriegssachschädenverordnung auf außerhalb des Reichsgebiets eingetretene Schäden v. 18.4.1941, 18.2.1942, 7.7.1942 und 26.11.1942, RGBl. 1941 I, 215, RGBl. 1942 I, 84 [446, 665]). Ausländer konnten - soweit überhaupt - nur mit Genehmigung der oberen Verwaltungsbehörde Anträge auf Ersatz von Kriegssachschäden stellen (§ 13 Abs. 2). Kehrseite der Regelung war, dass wegen eines unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KriegssachschädenVO entstandenen Schadens - also aus Kampfhandlungen oder aus hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden militärischen Maßnahmen - gesetzliche Schadensersatzansprüche gegen das Reich nicht geltend gemacht werden konnten (§ 28 Abs. 2 KriegssachschädenVO). Was Kriegssachschäden deutscher Staatsangehöriger außerhalb des Reiches anging, wurde von Däubler (Däubler, DJ 1943, 36 [38]) allerdings der Standpunkt vertreten, hier könne eine dem Zweck der Kriegssachschädenverordnung entsprechende Auslegung nicht zu einer Anwendung des § 28 Abs. 2 führen, vielmehr dürfe, da die Kriegssachschädenverordnung nach ihrer positiven Seite hin ausscheide, die negative Bestimmung des § 28 Abs. 2 nicht für sich allein angewendet werden. Für Sachschäden von Ausländern bei Kampfhandlungen im Ausland stellte er derartige Erwägungen indessen nicht an.

cc) Ob nach dem heutigen Amtshaftungsrecht der Bundesrepublik Deutschland im Lichte des Grundgesetzes und der Weiterentwicklungen im internationalen Recht Ähnliches gelten würde oder ob etwa auch im Blick auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG der von Ossenbühl (Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 126 f.) zum Rechtsinstitut des allgemeinen Aufopferungsanspruchs geäußerte Gedanke ohne weiteres durchgriffe, dieser Anspruch sei nur für den "Normalfall" gedacht - staatliche Katastrophenfälle wie namentlich Kriege, könnten in ihren Auswirkungen nicht über den allgemeinen Aufopferungsanspruch entschädigungsrechtlich reguliert werden, sondern sie bedürften besonderer Ausgleichsnormen und Ausgleichsmaßstäbe, die in entsprechenden Gesetzen niederzulegen seien -, kann dahinstehen. Denn es geht, wie gesagt, im Streitfall um einen Amtshaftungsanspruch nach dem Recht des Deutschen Reichs (§ 839 BGB i. V. m. Art. 131 WRV), der nach allem verneint werden muss.

3. Schließlich hat das Berufungsgericht auch unter dem Gesichtspunkt eines (rechtswidrigen) enteignungsgleichen bzw. aufopferungsgleichen Eingriffs (vgl. hierzu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 131 ff., 213 ff.) eine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger rechtsfehlerfrei verneint. Dabei wäre aus der damaligen Sicht der Rechtsprechung (vgl. RGZ 140, 285) für die Heranziehung des Aufopferungsgedankens wohl schon deshalb kein Raum, weil schuldhaft rechtswidrige Maßnahmen, die in Ausübung öffentlicher Gewalt getroffen waren, nach damaliger Ansicht lediglich einen Amtshaftungsanspruch auslösen konnten (vgl. Kreft in BGB-RGRK, 12. Aufl., vor § 839 Rz. 8). Jedenfalls war der aus den §§ 74, 75 EinlALR hergeleitete Aufopferungsgedanke, der auch dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs zugrunde liegt, auf Maßnahmen der Verwaltung eingeengt, Kriegsschäden waren ausgeklammert (vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 126, 127, oben B. IV. 2. bb).

 

Fundstellen

Haufe-Index 959665

BGHZ 2004, 279

NJW 2003, 3488

BGHR 2003, 1104

DÖV 2004, 216

MDR 2003, 1177

VersR 2004, 1312

DVBl. 2004, 37

LMK 2003, 215

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