Entscheidungsstichwort (Thema)

Kunststoffkorken. Weinflaschen. Einstandspflicht des Verkäufers. Oxidationsschutz. Anforderungen an Zusicherung einer Eigenschaft. Positive Vertragsverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Einstandspflicht des Verkäufers von Kunststoffverschlüssen für Weinflaschen im Hinblick auf die Haltbarkeit der damit verschlossenen Weine.

 

Normenkette

BGB §§ 434, 443, 459 a.F., § 463 a.F., § 280

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 28.08.2008; Aktenzeichen 7 U 172/07)

LG Bonn (Entscheidung vom 15.10.2007; Aktenzeichen 9 O 352/06)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Köln vom 28.8.2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin betreibt ein Weingut. Die Beklagte produziert und vertreibt u.a. Kunststoffkorken für Weinflaschen. Die Klägerin bestellte bei der Beklagten über den Handelsvertreter H. ab April 2000 insgesamt 93.489 Kunststoffkorken; die letzten Bestellungen über jeweils 20.000 Stück datieren vom 12. März und 4.5.2002. Im Jahr 2005 liefen erstmals Reklamationen von Kunden der Klägerin ein, dass die mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossenen Weine ungenießbar seien. Am 5.7.2005 teilte die Klägerin dies der Beklagten mit.

Rz. 2

Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 129.285,51 EUR in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sämtliche ihrer mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossenen Weine seien aufgrund des unzureichenden Oxidationsschutzes der Verschlüsse binnen eines Zeitraums von zwei bis drei Jahren ungenießbar geworden. In dem mit dem Handelsvertreter H. geführten Verkaufsgespräch sei ihr jedoch zugesichert worden, dass mit den Kunststoffkorken eine qualitätssichernde Verkorkungsdauer von mindestens fünf bis sechs Jahren erzielt werden könne. Aufgrund der nicht eingehaltenen Zusicherung sei Wein im Verkaufswert von 114.129,67 EUR ungenießbar geworden. Für den verdorbenen Wein seien der Klägerin Lagerkosten i.H.v. 5.196,78 EUR sowie Entsorgungskosten i.H.v. 6.184,06 EUR entstanden. Zudem habe sie Nacherfüllungsforderungen ihrer Kunden erfüllen müssen, die weitere Schäden i.H.v. 3.775 EUR verursacht hätten. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung Schadensersatz i.H.v. 60.209,41 EUR nebst Zinsen zzgl. einer monatlichen Zahlung von 138 EUR auf die insgesamt zu erwartenden Entsorgungskosten zugesprochen.

Rz. 3

Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 4

Die Revision hat Erfolg.

I.

Rz. 5

Das Berufungsgericht hat - soweit revisionsrechtlich von Interesse - ausgeführt:

Rz. 6

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gem. § 463 Satz 1, § 459 Abs. 2 BGB a.F., da den von ihr vertriebenen Kunststoffkorken eine von der Beklagten zugesicherte Eigenschaft gefehlt habe. Der Klägerin sei jedenfalls konkludent zugesichert worden, dass auch mit der Verwendung von Kunststoffkorken, ähnlich wie bei der Verwendung von Naturkorken, eine Lagerfähigkeit der hiermit verschlossenen Weine von fünf bis sechs Jahren ermöglicht werde. Diese Zusicherung sei nicht eingehalten worden, da mit den von der Beklagten vertriebenen Kunststoffkorken üblicherweise nur eine Lagerfähigkeit des Weines von maximal drei Jahren erreicht werde.

Rz. 7

Die Zusicherung ergebe sich vorliegend zum einen aus dem von der Beklagten verbreiteten Werbematerial, mit dem Kunststoffkorken als "Alternative zum Naturkork" beworben worden seien. Diese Werbung sei im Zusammenhang mit dem auf der Website des Handelsvertreters H. befindlichen Hinweis zu sehen, mit der Verwendung von Kunststoffkorken könne eine "enorme Qualitätssicherung für Ihre Kunden" erreicht werden. Zudem habe der Handelsvertreter der Beklagten unstreitig die mit Naturkork vergleichbare Lagerfähigkeit des Weines eigens hervorgehoben, indem er im Kundengespräch mit einem Vertreter der Klägerin darauf hingewiesen habe, dass einzelne Winzer sogar Weine mit typisch langer Lagerzeit (z.B. Beerenauslesen) mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlössen. Mit dem Einwand, der Zeuge H. habe durch diese Bemerkung lediglich auf den Wagemut einiger Winzer verweisen wollen, könne die Beklagte nicht gehört werden, denn es komme nicht darauf an, wie die Beklagte die Bemerkung verstanden wissen wolle, sondern allein darauf, wie die Klägerin sie aus ihrem objektiven Empfängerhorizont habe verstehen dürfen. Angesichts der dem Handelsvertreter der Beklagten für die Kaufentscheidung der Klägerin bekannten Bedeutung der Lagerfähigkeit habe die Klägerin die Aussage dahin verstehen dürfen, dass mit Kunststoffkorken die gleiche Lagerfähigkeit des Weines erreicht werde wie durch die Verwendung von Naturkorken, zumal diese Erklärung durch die Benennung von Referenzadressen anderer Winzer noch verstärkt worden sei.

II.

Rz. 8

Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen vermögen seine Auffassung, der Klägerin sei konkludent eine Eigenschaft zugesichert worden, nicht zu tragen.

Rz. 9

Jedenfalls soweit Lieferungen der Beklagten auf Bestellungen der Klägerin vor dem 1.1.2002 beruhen, sind gem. Art. 229 § 5 Satz 1 BGB die bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar. Danach besteht eine vertragliche Haftung der Beklagten gem. § 463 Satz 1, § 459 Abs. 2 BGB a.F. nicht.

Rz. 10

Ob eine Angabe zur Kaufsache lediglich deren Beschreibung dient (§ 459 Abs. 1 a.F. BGB) oder mit ihr eine Eigenschaft zugesichert wird (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.), ist wie bei jeder Willenserklärung nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) in erster Linie danach zu beurteilen, in welchem Sinn sie der Geschäftsgegner als Erklärungsempfänger verstehen durfte. Entscheidend für die Annahme einer Zusicherung ist, dass aus Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar wird, in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache zu übernehmen, und der Verkäufer damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen (BGH, Urt. v. 17.4.1991 - VIII ZR 114/90, WM 1991, 1224, unter II 2a aa; v. 21.4.1993 - VIII ZR 113/92, NJW 1993, 1854, unter II 1a; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.11.2006 - VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346, Tz. 20 zur Beschaffenheitsgarantie nach §§ 443 Abs. 1 Alt. 1, 444 Alt. 2 BGB; jeweils m.w.N.). Die Einstandspflicht des Verkäufers erstreckt sich hierbei gem. § 463 Satz 1 BGB a.F. auch auf die Verpflichtung zum Schadensersatz, wobei Schadensersatz selbst dann zu leisten ist, wenn den Verkäufer hinsichtlich des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft kein Verschulden trifft (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), während dem Käufer gem. § 464 BGB a.F. nur positive Kenntnis des Mangels schadet (BGH, Urt. v. 13.5.1998 - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590, unter II; v. 20.3.1996 - VIII ZR 109/95, WM 1996, 1592, unter II 1b). Mit Rücksicht auf diese weitreichenden Folgen ist insb. bei der Annahme einer - grundsätzlich möglichen - konkludenten Übernahme einer solchen Einstandspflicht Zurückhaltung geboten (BGHZ 128, 111, 114; 132, 55, 57 ff.; BGH, Urt. v. 13.12.1995 - VIII ZR 328/94, WM 1996, 452, unter II 2a; jeweils m.w.N.).

Rz. 11

Ausgehend hiervon reichen die vom Berufungsgericht festgestellten Umstände im Streitfall nicht aus, um eine konkludente Zusicherung der Beklagten des Inhalts annehmen zu können, mit den von ihr vertriebenen Kunststoffkorken werde, ähnlich wie bei Naturkorken, eine Lagerfähigkeit des hiermit verschlossenen Weines von fünf bis sechs Jahren oder länger ermöglicht. Sowohl die Broschüre der Beklagten, mit der Kunststoffkorken als "Alternative zum Naturkork" beworben wurden, als auch der Hinweis auf der Website des Handelsvertreters der Beklagten, mit der Verwendung von Kunststoffkorken könne eine "ernorme Qualitätssicherung für Ihre Kunden" erreicht werden, erschöpfen sich in der anpreisenden Beschreibung der Kaufsache, der ein Haftungswille nicht entnommen werden kann. Daran vermag auch die - unstreitige - Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten, einige Winzer verschlössen sogar langlebige Weine mit Kunststoffkorken, nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung der Revision hat es das Berufungsgericht allerdings aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin zutreffend als zweifelhaft erachtet, hierin lediglich einen Hinweis auf den Wagemut mancher Winzer zu sehen. Es erscheint jedenfalls - je nach dem Gesprächskontext, in dem die Bemerkung fiel - nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin diese Bemerkung dahin verstehen durfte, die Beklagte sei damals der Auffassung gewesen, ein verantwortungsbewusster Winzer könne selbst langlebige Weine mit Kunststoffkorken der Beklagten fachgerecht und qualitätssichernd verschließen. Eine konkludente Zusicherung, mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossene Weine hätten die gleiche Haltbarkeit wie mit Naturkorken verschlossene Weine, liegt hierin jedoch noch nicht. Denn es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, mit den Angaben habe die Beklagte - aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin - in vertragsmäßig bindender Weise die Bereitschaft zu erkennen gegeben, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit verschuldensunabhängig einstehen zu wollen.

III.

Rz. 12

Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann. Der von der Klägerin erhobene Anspruch richtet sich ausschließlich auf den Ersatz von ihr behaupteter Mangelfolgeschäden, die ihr durch die Verwendung von Kunststoffkorken der Beklagten entstanden seien. Ob die hierauf gerichtete Klage insgesamt abweisungsreif ist, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Rz. 13

1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin bisher nur auf der Grundlage der bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§ 459 Abs. 2, § 463 Satz 1 BGB a.F.) geprüft. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin könnte sich jedoch auch aus positiver Vertragsverletzung ergeben, falls die von der Beklagten gelieferten Kunststoffkorken einen Fehler aufwiesen, der ihre Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufhob oder beeinträchtigte (§ 459 Abs. 1 BGB a.F.), und dadurch ein Schaden an weiteren Rechtsgütern der Klägerin - hier dem Wein - entstanden ist. Ein derartiger Mangel könnte sich nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen aus der Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten ergeben, einige Winzer verschlössen selbst langlebige Weine (z.B. Beerenauslesen) mit Kunststoffkorken der Beklagten. Denn dieser Erklärung könnte - wie dargelegt (s. oben II) - aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin unter Umständen entnommen werden, ein verantwortungsbewusster Winzer könne selbst langlebige Weine, die regelmäßig eine längere als die durch den Verschluss mit Kunststoffkorken üblicherweise erreichbare Haltbarkeit von drei Jahren aufweisen, mit den Produkten der Beklagten fachgerecht und qualitätssichernd verschließen. Ob der Bemerkung dieser Sinngehalt beigemessen werden kann und sie mit diesem Verständnis Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien geworden ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden; denn es kommt entscheidend auf den gesamten Gesprächskontext an, in dem die Erklärung des Handelsvertreters fiel. Hierzu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Auch rügt die Revision in diesem Zusammenhang zu Recht, dass das Berufungsgericht insoweit erheblichen Sachvortrag der Beklagten übergangen hat. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass es in den Verkaufsgesprächen mit dem Zeugen H. um den Verschluss sog. "schnell drehender Weine" gegangen sei, die üblicherweise innerhalb von ein bis zwei Jahren getrunken würden. Damit hat sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt. Dies wird nachzuholen sein. Denn sollte dies zutreffen, konnte die Klägerin eine längere, über drei Jahre hinausgehende Haltbarkeit der mit Kunststoffkorken der Beklagten verschlossenen Weine bereits nach dem Vertragszweck nicht erwarten.

Rz. 14

Wie die Revision zutreffend ausführt, wird sich das Berufungsgericht darüber hinaus - neben dem Gesichtspunkt des Verschuldens (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB) - auch mit dem Vorbringen der Beklagten zu beschäftigen haben, der Klägerin sei bereits ab Mitte des Jahres 2001 bekannt gewesen, dass die Kunststoffkorken der Beklagten einen zuverlässigen Oxidationsschutz nicht gewährleisteten. Hierauf könnte eine protokollierte Aussage der Klägerin im Termin vor dem LG am 3.9.2007 hindeuten, wonach die Klägerin erklärt habe, dass ihr im Jahre 2001 ein "penetranter Geschmack der Weine" aufgefallen sei, der "mit den Kunststoffkorken der Beklagten zu tun" gehabt habe.

Rz. 15

2. Das Berufungsgericht hat für seine rechtliche Würdigung ausschließlich die bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches herangezogen. Dies ist indes nach den getroffenen Feststellungen nicht zweifelsfrei, denn danach hat die Klägerin am 12. März und 4.5.2002 jeweils 20.000 Korken bestellt. Weitere Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung der Lieferbeziehungen der Parteien sind in den Tatsacheninstanzen nicht getroffen worden. Auf dieser Grundlage kann derzeit nicht beurteilt werden, ob die bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auch auf die im Jahr 2002 erfolgten Bestellungen anwendbar sind. Denn dies wäre gem. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nur dann der Fall, wenn sich die Lieferbeziehung der Parteien als vor dem 1.1.2002 entstandenes, bis in das Jahr 2002 hinein reichendes Dauerschuldverhältnis darstellen würde. Dies wäre etwa anzunehmen, wenn bereits im Jahr 2000 eine verbindliche Liefervereinbarung über von der Klägerin sukzessive abzurufende Teilmengen zustande gekommen wäre. Sollten sich die Bestellungen der Klägerin hingegen als jeweils selbständige Kaufverträge darstellen, sind auf die Bestellungen der Klägerin aus dem Jahr 2002 die ab dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden. In diesem Fall wären für die aufgrund der Bestellungen aus dem Jahr 2002 gelieferten Korken lediglich Ansprüche der Klägerin aus einer Beschaffenheitsgarantie gem. § 443 BGB zu verneinen, da hierfür die gleichen - hier nicht vorliegenden (s. oben II) - Anforderungen erfüllt sein müssen wie bei einer zugesicherten Eigenschaft nach § 459 Abs. 2 BGB a.F. (Senatsurteil vom 29.11.2006, a.a.O.). Dagegen käme nach dem seit dem 1.1.2002 geltenden Recht hinsichtlich der Bestellungen vom 14. März und 4.5.2002 ein (allerdings verschuldensabhängiger) Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB in Betracht.

Rz. 16

a) Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt ein Sachmangel der Kaufsache vor, wenn dieser eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehlt. Eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung könnte sich nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, je nach dem Gesprächskontext, aus der Äußerung des Handelsvertreters der Beklagten ergeben, einige Winzer verschlössen selbst langlebige Weine (z.B. Beerenauslesen) mit Kunststoffkorken der Beklagten (s. oben III 1). Auch hinsichtlich dieses möglichen Anspruchs der Klägerin wird sich das Berufungsgericht mit der von der Beklagten behaupteten Kenntnis der Klägerin von der mangelnden Eignung der Produkte der Beklagten zu beschäftigen haben (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Rz. 17

b) Sollte das Berufungsgericht eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB verneinen, könnte sich die Mangelhaftigkeit der Kunststoffkorken aus § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB ergeben, da die Kunststoffkorken von der Beklagten als "Alternative zum Naturkork" beworben wurden, mit deren Verwendung nach den Aussagen auf der Website des Handelsvertreters H. eine "enorme Qualitätssicherung für Ihre Kunden" erreicht werden könne. Die öffentlichen Äußerungen der Beklagten bzw. ihres Handelsvertreters hätten - worauf die Revision zutreffend hinweist (RB 4-6) - allerdings schon dann keine Bedeutung für die Kaufentscheidung der Klägerin gewinnen können, wenn sie bei Vertragsschluss in dieser Form noch gar nicht vorlagen. Dies hat die Beklagte behauptet. Zu dieser gem. § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BGB von der Beklagten zu beweisenden Tatsache sind bislang keine Feststellungen getroffen worden.

Rz. 18

3. Unabhängig davon könnte ein Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB gegeben sein. Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Verletzung des Eigentums an einer Sache nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch die sonstige Verletzung des Integritätsinteresses des Käufers erfolgen, etwa dadurch, dass durch einen Sachmangel auf die Nutzungs- und Verkaufsfähigkeit der Sache eingewirkt wird (BGHZ 55, 153, 159). So kann z.B. eine über die Störung des Äquivalenzinteresses hinaus gehende, das Eigentum des Käufers verletzende Handlung darin gesehen werden, dass eine mangelhafte Verkorkung den damit verschlossenen Wein stärker als normal oxidieren lässt und der Wein deshalb wegen Qualitätsminderung seine amtliche Prüfnummer verliert (BGH, Urt. v. 21.11.1989 - VI ZR 350/88, NJW 1990, 908, unter II 2b bb). Falls das Berufungsgericht daher nach erneuter Verhandlung einen Mangel feststellen sollte, ist der Anspruch der Klägerin auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2331318

DB 2010, 8

EBE/BGH 2010, 148

NJW-RR 2010, 1329

WM 2010, 990

JZ 2010, 343

MDR 2010, 853

VersR 2011, 271

GWR 2010, 250

RÜ 2010, 480

ZGS 2010, 280

NRÜ 2010, 255

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