Entscheidungsstichwort (Thema)

Architekt. Architektenvertrag. Kündigung. Honorar. Vergütung. Schlussrechnung. Prüffähigkeit. Teilleistungen. Honorarvereinbarung. Pauschalhonorar. Mindestsätze. Unterschreitung. Mindestsatzunterschreitung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Fordert der Architekt nach Kündigung eines Vertrages Honorar für die erbrachte Leistung, hat er in der Schlussrechnung die erbrachten (Teil-) Leistungen darzulegen und das sich auf der Grundlage der Honorarvereinbarung ermittelte anteilige Honorar.

b) Der Architekt ist auch dann nicht gehindert, den sich auf der Grundlage der Honorarvereinbarung ermittelten Anteil eines Pauschalhonorars zu fordern, wenn die Honorarvereinbarung wegen unzulässiger Unterschreitung des Mindestsatzes unwirksam ist.

c) Die Prüffähigkeit einer Schlussrechnung darf dann nicht mit der Begründung verneint werden, der Architekt habe keine an der HOAI orientierte Abrechnung nach Mindestsätzen vorgenommen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 13.9.2001 - VII ZR 380/00, MDR 2001, 1348 = BGHReport 2002, 12 = BauR 2001, 1926 = ZfBR 2002, 59).

 

Normenkette

HOAI § 4 Abs. 1-2, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Urteil vom 19.11.2003; Aktenzeichen 2 U 56/01)

LG Schwerin

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLG Rostock v. 19.11.2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Architektenhonorar.

Er schloss mit der Beklagten einen Vertrag über Planungsleistungen der Leistungsphasen 1-4 des § 15 Abs. 1 HOAI für 29 Reihenhäuser. Die Parteien vereinbarten ein Pauschalhonorar für das erste Haus von 6.939,01 DM, für die Häuser 2-5 von 13.878,02 DM (50 % von 6.939,01 DM für jedes Haus) und für die Häuser 6-29 von 66.614,50 DM (40 % von 6.939,01 DM für jedes Haus).

Die Beklagte ließ die Häuser von einem anderen Architekten planen. Der Kläger hat daraufhin seine Leistungen abgerechnet und eine Forderung von 65.573,64 DM netto (= 75.409,69 DM brutto) ermittelt. Davon macht er mit der Klage 60.327,76 DM geltend. Er hat behauptet, er habe die Leistungsphasen 2 und 3 für alle Häuser vollständig erbracht. Er könne für die Leistungsphasen 2 und 3 auf Grundlage der getroffenen Vereinbarung 75 % des Honorars verlangen. Das Honorar von 6.939,01 DM für die Leistungsphasen 1 bis 4 untergliedere sich nach der getroffenen Vereinbarung (wie auch nach den Prozentsätzen der HOAI) in 7 % für Vorplanung, 11 % für Entwurfsplanung und 6 % für Genehmigungsplanung; ein Honorar für die Grundlagenermittlung entfalle. Das seien 18 % für Vorplanung und Entwurfsplanung, was 75 % des vereinbarten Honorars entspreche.

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, die Rechnung sei nicht prüfbar, weil der Kläger nicht die erbrachten Leistungen dargelegt habe. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Rechnung nicht prüfbar sei. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO Gebrauch gemacht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nicht prüfbar abgerechnet. Die Rechnung müsse erkennen lassen, welche Leistungen erbracht worden seien und welche Pauschale dafür beansprucht werde. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger keine Kostenermittlungen erbracht habe. Der vorgelegte Kostenanschlag sei keine geschuldete Kostenschätzung oder Kostenberechnung.

Das Pauschalhonorar sei nicht wirksam vereinbart worden. Bereits aus dem Vortrag des Klägers ergebe sich, dass das vereinbarte Honorar unter den Mindestsätzen der HOAI liege. Das Honorar sei deshalb auf der Grundlage der HOAI zu ermitteln. Dazu gehöre eine den Anforderungen der HOAI entsprechende Kostenberechnung. Diese habe der Kläger nicht vorgelegt.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Ausführungen des Berufungsgerichts stehen nicht in Übereinstimmung mit den vom Senat entwickelten Grundsätzen zur Abrechnung von Architektenleistungen.

1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Beklagte den Architektenvertrag gekündigt hat. Das ist in der Revision nicht streitig.

2. Voraussetzung für die Fälligkeit der Honorarforderung des Architekten ist auch nach der Kündigung eines Vertrages die Übermittlung einer prüfbaren Schlussrechnung (BGH, Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118 ff. = MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359). Wie auch der Bauunternehmer (BGH, Urt. v. 13.5.2004 - VII ZR 424/02, BGHReport 2004, 1409 = BauR 2004, 1441 = NZBau 2004, 549 = ZfBR 2004, 687) hat der Architekt die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muss auf der Grundlage des Vertrages erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich sachgerecht zu verteidigen. Haben die Parteien Teilleistungen eines Pauschalvertrages bei Vertragsschluss bewertet, kann diese Bewertung bei der Abrechnung nach einer Kündigung zu Grunde gelegt werden (BGH, Urt. v. 20.1.2000 - VII ZR 97/99, MDR 2000, 635 = BauR 2000, 726 = ZfBR 2000, 255). Zur Beurteilung der Prüfbarkeit kann auch schriftsätzlicher Vortrag herangezogen werden (BGH, Urt. v. 18.4.2002 - VII ZR 164/01, BGHReport 2002, 867 = MDR 2002, 1307 = BauR 2002, 1403 = NZBau 2002, 507 = ZfBR 2002, 667).

3. Diesen Anforderungen genügt die Berechnung des Klägers. Er hat schlüssig behauptet, die geschuldeten Leistungen aus der Leistungsphase 2 und 3 erbracht zu haben. Er hat die Zusammensetzung des Gesamtpreises dargestellt und daraus den Anteil der Vergütung ermittelt, der nach der getroffenen Vereinbarung auf die erbrachte Leistung entfiel. Er hat dabei die nach dem Vertrag zu Grunde gelegte Bewertung der Leistungsphasen 2 und 3 übernommen. Unerheblich ist, ob er eine etwa geschuldete Kostenermittlung nicht vorgelegt hat. Diese Frage betrifft nicht die Prüfbarkeit der Rechnung.

4. Zu Unrecht lässt das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers nicht ausreichen, weil er sein Honorar nach Mindestsätzen berechnen müsse. Das Berufungsgericht lässt die entgegenstehende Rechtsprechung des Senats unberücksichtigt. Danach ist der Architekt nicht gehindert, ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar zu verlangen, wenn die Preisvereinbarung unwirksam ist und er den Mindestsatz fordern könnte (BGH, Urt. v. 13.9.2001 - VII ZR 380/00, MDR 2001, 1348 = BGHReport 2002, 12 = BauR 2001, 1926 = NZBau 2001, 690 = ZfBR 2002, 59).

Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zutreffend eine Mindestsatzunterschreitung festgestellt hat, kommt es danach nicht an.

5. Selbst auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vertretenen rechtsfehlerhaften Auffassung wäre das Urteil nicht haltbar.

a) Ist das Honorar nach der HOAI zu ermitteln, ist die Rechnung allerdings objektiv nur prüffähig, wenn die anrechenbaren Kosten nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 HOAI ermittelt sind (BGH, Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359 m.w.N., v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118 ff. = MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359). Eine Architektenforderung kann nicht wegen fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung zurückgewiesen werden, wenn zwar eine den Anforderungen der HOAI entsprechende Kostenermittlung fehlt, der Besteller die Höhe der anrechenbaren Kosten jedoch nicht bestreitet. Denn dann sind seine Kontroll- und Informationsinteressen nicht berührt (BGH, Urt. v. 11.2.1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365 [370] = MDR 1999, 671; Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359). Das Berufungsurteil lässt nicht erkennen, dass die vom Kläger bei seiner Berechnung zu Grunde gelegten anrechenbaren Kosten von 260.000 DM streitig gewesen sind. Nach den tatbestandlichen Feststellungen hat die Beklagte lediglich gerügt, dass die erbrachten Leistungen nicht dargestellt seien.

b) Schließlich liegt nahe, dass sich die Beklagte nicht mehr auf die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung berufen konnte, weil die Frist von zwei Monaten nach deren Vorlage abgelaufen gewesen sein dürfte, bevor die Beklagte den Einwand der fehlenden Prüffähigkeit erhoben hat (BGH, Urt. v. 27.11.2003 - VII ZR 288/02, MDR 2004, 443 = BGHReport 2004, 359).

 

Fundstellen

BGHR 2005, 772

BauR 2005, 739

BauR 2005, 909

DWW 2005, 216

NJW-RR 2005, 749

IBR 2005, 262

IBR 2005, 331

ZfIR 2005, 412

MDR 2005, 803

ZfBR 2005, 359

BTR 2005, 130

BrBp 2005, 255

BrBp 2005, 337

KommJur 2005, 158

NZBau 2005, 349

BauRB 2005, 168

IWR 2005, 74

JbBauR 2006, 382

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