Leitsatz (amtlich)

Umsatzeinbußen des Patentinhabers oder eines ausschließlichen Lizenznehmers durch Benutzungshandlungen Dritter, die infolge der vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des Patents von diesem nicht mehr erfasst werden, stellen keinen von einer Ersatzpflicht erfassten, ausgleichspflichtigen Schaden dar. Das gilt auch für Umsatzeinbußen und Einbußen an Lizenzgebühren, die den Vertragsparteien eines Lizenzvertrages durch eine infolge der vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des Patents rückwirkend vom Patentschutz nicht mehr erfasste Konkurrenztätigkeit entstehen.

 

Normenkette

PatG § 9 ff., § 139

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 12.11.2003; Aktenzeichen 6 U 165/02)

LG Mannheim

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das am 12.11.2003 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Karlsruhe aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war Inhaber des am 1.12.1983 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 116 701 (Klagepatent), das eine elektronische Diebstahlsicherung betrifft und inzwischen durch Zeitablauf erloschen ist. Er hat das Klagepatent auf der Grundlage eines Lizenzvertrages mit der O. GmbH (nachfolgend: O. GmbH) verwertet. Die Beklagten betreiben als Gesellschafter bürgerlichen Rechts gemeinsam eine Patentanwaltskanzlei und werden vom Kläger mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, der Beklagte zu 1) habe dem Kläger zu einem ungünstigen Vergleichsabschluss in einem das Klagepatent betreffenden Verletzungsprozess und Patentnichtigkeitsverfahren geraten.

Im Jahr 1991 beauftragte der Kläger die Beklagten damit, die Rechte der O. GmbH im Hinblick auf eine sich anbahnende patentrechtliche Auseinandersetzung über das Klagepatent mit der S. AG (nachfolgend: S.) und der Z. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Z.) wahrzunehmen. Die S. stellte elektronische Diebstahlsicherungen her, die von der Z. vertrieben wurden. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung erhob S. 1991 eine Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent. Kurz nach Erhebung der Nichtigkeitsklage nahm die O. GmbH S. und Z. wegen Verletzung des Klagepatents auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Unterlassung in Anspruch.

Im Verletzungsverfahren wurden S. und Z. in der ersten Instanz den Anträgen des Klägers entsprechend verurteilt. Im Nichtigkeitsverfahren legte S. wenige Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung v. 30.7.1992 in Ergänzung ihres Klagevorbringens die deutsche Offenlegungsschrift 24 12 145 vor und machte geltend, die Erfindung des Klägers sei durch diese vorweggenommen. In einer daraufhin zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) geführten Besprechung vertrat der Beklagte zu 1) die Auffassung, das Patent des Klägers werde wegen der von S. vorgelegten Offenlegungsschrift für nichtig erklärt werden. Deshalb sei ein Vergleich mit S. geboten. Unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung fand am 29.7.1992 in den Räumen von S. ein Vergleichsgespräch statt, an dem der Kläger, ein von ihm zugezogener Rechtsanwalt und der Beklagte zu 1) teilnahmen. Es kam zum Abschluss eines Vergleichs, in dem sich S. zur Rücknahme der Nichtigkeitsklage und zur Zahlung eines Pauschalbetrages von 80.000 DM verpflichtete; im Gegenzug wurde die Verletzungsklage zurückgenommen und darauf verzichtet, das Klagepatent gegen S. geltend zu machen.

Der Kläger nimmt die Beklagten im vorliegenden Regressprozess auf Schadensersatz in Anspruch. Der Rat des Beklagten zu 1), wegen der von S. in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Offenlegungsschrift den genannten Vergleich zu schließen, sei falsch gewesen.

Das LG hat dem Zahlungsbegehren des Klägers i.H.v. 127.145 DM nebst Zinsen stattgegeben, festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm ab dem 1.1.1995 dadurch entstanden ist und künftig entstehen wird, dass die Beklagten den Kläger und die O. GmbH dazu bewogen haben, mit der S. den Vergleich vom 29.7.1992 abzuschließen, und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Mit dem ersten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Revision des Klägers hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an Inhalt und Umfang der anwaltlichen Beratungstätigkeit verkannt hatte (BGH, Urt. v. 30.11.1999 - X ZR 129/96, GRUR 2000, 396 ff. - Vergleichsempfehlung).

Bereits im Jahre 1997 war von dritter Seite eine weitere Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben worden. Mit Urteil v. 12.11.1998 hat das BPatG das Klagepatent für nichtig erklärt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg. Mit Urteil v. 9.10.2002 (BGH, Urt. v. 9.10.2002 - X ZR 22/99) hat der erk. Senat das Patent des Klägers unter Abweisung der weitergehenden Nichtigkeitsklage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält (Änderungen ggü. der erteilten Fassung sind durch Fettdruck hervorgehoben):

"Diebstahlsicherung für Waren, mit mindestens einer Überwachungsstromquelle, mit mindestens einem Fühler, der mit der Ware zusammenarbeitet, der in den Überwachungsstromkreis eingeschaltet ist, der bei Entfernung von der Ware den Überwachungsstrom modifiziert und mit einer Überwachungsschaltung, welche ein Alarmsignal bereit stellt, wenn eine Modifizierung des Überwachungsstroms festgestellt wird, wobei die durch Fühler und Verbindungskabel zwischen Fühler und Überwachungsschaltung gebildete Einheit bei ordnungsgemäßer Wirkverbindung zur Ware einen solchen Überwachungsstrom vorgibt, welcher bezüglich seiner Amplitude und/oder Frequenz oder seiner Phasenlage zu größeren und kleineren Werten hin veränderbar ist, so dass sowohl beim Aufheben der Wirkverbindung zwischen Fühler und Ware als auch beim Herbeiführen eines Kurzschlusses im Verbindungskabel eine Änderung des Überwachungsstroms bezüglich Amplitude und/oder Frequenz und/oder Phasenlage erhalten wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Überwachungsschaltung einen Aktivierungskreis aufweist, welcher über eine Steckverbindung mit einem Steuerstrom beaufschlagt ist, welche auch zum Anschließen des Fühlers an die Überwachungsschaltung dient, wobei der Aktivierungskreis als elektrischer Schaltkreis ausgestaltet ist, der auf Grund der Beaufschlagung mit dem Steuerstrom die Überwachung des über den zugeordneten Fühler fließenden Überwachungsstromes mit definierter zeitlicher Verzögerung aktiviert, so dass auch beim Auftreten der ordnungsgemäßen Verbindung zwischen Fühler und Überwachungsschaltung eine Änderung des Überwachungsstroms bezüglich Amplitude und/oder Frequenz und/oder Phasenlage erhalten wird, das Herstellen der Verbindung zwischen Fühler und Überwachungsschaltung dagegen ohne Auslösen eines Alarms möglich ist."

Die Beklagten haben daraufhin zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen, die von S. und Z. vertriebenen Ausführungsformen von Diebstahlsicherungen, die mit der Verletzungsklage vor dem LG Düsseldorf angegriffen worden seien, hätten das Patent des Klägers in der durch das Urteil des Senats im Nichtigkeitsberufungsverfahren eingeschränkten Fassung nicht verletzt, so dass dem Kläger durch den Vergleichsabschluss kein Schaden entstanden sei.

Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht erneut die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene zweite Revision des Klägers, mit der dieser die Aufhebung des Berufungsurteils, die Zurückweisung der Berufung der Beklagten und eine Entscheidung nach seinen zuletzt gestellten Berufungsanträgen erstrebt. Die Beklagten sind der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beklagten sind über ihre zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 12.5.2005 zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geladen worden. Da sie in der Verhandlung säumig waren, ist im Wege des Versäumnisurteils zu entscheiden, wobei die Entscheidung nicht auf der Säumnis der Beklagten beruht (BGHZ 37, 79 ff.). Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision.

I. 1. Das Berufungsgericht hat in seinem zweiten Berufungsurteil ausgeführt, dem Kläger sei der geltend gemachte Schaden nicht entstanden. Der Schaden wäre dem Kläger nur dann entstanden, wenn ihm aus dem Patent Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen S. zugestanden hätten, deren Geltendmachung ihm durch den Vergleichsabschluss abgeschnitten worden wäre. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die mit der Verletzungsklage vor dem LG Düsseldorf angegriffene Ausführungsform von Diebstahlsicherungen das Klagepatent in der im Nichtigkeitsverfahren vom BGH eingeschränkten Fassung verletzt hätte. Weitergehende Rechte aus der ursprünglichen, weiteren Fassung des Patentanspruchs 1 hätten dem Kläger zu keiner Zeit zugestanden.

2. Die Revision greift diesen Ausgangspunkt des Berufungsurteils an und macht geltend, die Auffassung des Berufungsgerichts, der Verletzungsprozess vor dem LG in Düsseldorf sei "Vorprozess" zu dem hier vorliegenden Regress gegen die Beklagten, stelle ein grundlegendes Fehlverständnis dar. Aus dem ersten Revisionsurteil des Senats in der vorliegenden Sache ergebe sich, dass es darauf ankomme, ob das Patent bei hypothetischer Fortsetzung des ersten Nichtigkeitsverfahrens der Nichtigkeitsklage standgehalten hätte. Hierzu habe das Berufungsgericht zu Unrecht keine Feststellungen getroffen. Hätte das Berufungsgericht sich mit dem hypothetischen Ausgang des ersten Nichtigkeitsverfahrens befasst, hätte es zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Klagepatent den Angriffen dieser Nichtigkeitsklage standgehalten hätte. Auf tatsächliche Umstände, die erst im zweiten Nichtigkeitsverfahren eine Rolle gespielt hätten, dürfe nicht abgestellt werden. Im Regressprozess sei zwar im Allgemeinen für die Beurteilung der Frage, ob dem Mandanten dadurch ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, dass infolge eines Fehlers des rechtlichen Beraters im Ausgangsverfahren eine dem Mandanten ungünstige Entscheidung gefallen ist, auf die damals geltende höchstrichterliche Rechtsprechung abzustellen, wobei der Richter des Regressprozesses im Allgemeinen neue Beweismittel berücksichtigen könne, die im Vorprozess noch nicht zur Verfügung gestanden hätten. Bei Anwendung dieser Grundsätze im Bereich des Patentrechts komme es jedoch zu Ungereimtheiten, die ihren Grund darin hätten, dass auf das formelle Bestehen des Schutzrechts abgestellt werde. So dürfe etwa der Patentinhaber Lizenzeinnahmen behalten, auch wenn das lizenzierte Patent später ex tunc vernichtet werde. Deshalb müsse darauf abgestellt werden, ob das Klagepatent schon im ersten Nichtigkeitsverfahren mit den damals vorgelegten Entgegenhaltungen vernichtet oder eingeschränkt worden wäre. Andernfalls würden dem Kläger die von der Rechtsordnung anerkannten und ihm zugeordneten, aus dem bloßen Bestehen des ihm erteilten Patents resultierenden Vermögenswerte zu Unrecht entzogen.

3. Mit diesen Angriffen zeigt die Revision einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht auf. Die Revision verkennt die Rechtswirkungen der vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung eines Patents.

a) Nach Art. 68, 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 6 IntPatÜG, §§ 21 Abs. 3, 22 Abs. 2 PatG haben der vollständige oder teilweise Widerruf sowie die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung eines Patents zur Folge, dass die Wirkungen des Patents und der Anmeldung von Anfang an ganz oder teilweise als nicht eingetreten gelten (Benkard/Schäfers, EPÜ, Art. 68 Rz. 2; Benkard/Rogge, EPÜ, Art. 138 Rz. 44; Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 22 PatG Rz. 61 ff.). Vollständiger oder teilweiser Widerruf oder Nichtigerklärung des Patents wirken gegenüber jedermann auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Erfindung zum Patent zurück (ex tunc; vgl. Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 21 Rz. 135, 136, mit Nachweisen zur entsprechenden Rechtsprechung vor In-Kraft-Treten des IntPatÜG; Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 22 PatG Rz. 63, m.w.N.). Sie haben zur Folge, dass Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche in dem Umfang, in dem das Patent widerrufen oder für nichtig erklärt worden ist, nicht mehr bestehen. Vom vermeintlichen Verletzer bereits gezahlte Schadensersatzbeträge können jedenfalls bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Verletzungsprozess zurückgefordert werden.

Daraus folgt, dass die Rechtsstellung, die durch ein Patent erlangt wird, das in dem für nichtig erklärten Umfang nicht hätte erteilt werden dürfen, dem Patentinhaber von Gesetzes wegen bereits anfänglich nicht zusteht. Herstellung und Vertrieb von Produkten, die vom Gegenstand des erteilten Patents, jedoch nicht vom Gegenstand des Patents in der Fassung, die es durch eine teilweise Nichtigerklärung erhalten hat, Gebrauch machen, werden im Umfang der Nichtigerklärung rückwirkend nicht mehr von dessen Schutzbereich erfasst, so dass es an einer Benutzung der patentierten Erfindung (§§ 9 bis 13 PatG) fehlt, die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Patentinhabers auslösen könnte (§ 139 PatG). Umsatzeinbußen des Patentinhabers oder eines ausschließlichen Lizenznehmers durch Benutzungshandlungen Dritter, die infolge der vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des Patents von diesem nicht mehr erfasst werden, stellen daher keinen von einer Ersatzpflicht erfassten, ausgleichspflichtigen Schaden dar. Für Umsatzeinbußen und Einbußen an Lizenzgebühren, die den Vertragsparteien eines Lizenzvertrages durch eine infolge der vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung des Patents rückwirkend patentfreie Konkurrenztätigkeit entstehen, gilt nichts anderes. Auf die Frage, wie lange das Patent in seiner erteilten Fassung bis zur vollständigen oder teilweisen Nichtigerklärung in Kraft stand, kommt es insoweit nicht an. Herstellung und Vertrieb von Produkten, die vom Gegenstand des Patents vor wie nach seiner teilweisen Nichtigerklärung Gebrauch machen, stellen demgegenüber Patentverletzungen dar und lösen Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüche aus, die im Falle der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auch den Ersatz geminderter Lizenzeinnahmen des Lizenzgebers umfassen können (Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 139 Rz. 17, 58). Auf die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt das Patent in der zunächst erteilten Fassung in Kraft stand, kommt es auch insoweit nicht an.

Maßgebend für die Frage, ob dem Kläger überhaupt Schadensersatzansprüche zustehen, ist daher, ob S. vom Gegenstand des Klagepatents Gebrauch gemacht hat, wobei die Fassung des Patentanspruchs 1 maßgeblich ist, die er durch das Urteil des erk. Senats v. 9.10.2002 (BGH, Urt. v. 9.10.2002 - X ZR 22/99) erhalten hat.

Eine solche Änderung der Patentlage ist auch dem Regressprozess gegen anwaltliche Berater eines Patentinhabers zugrunde zu legen, dessen Patent in einem Nichtigkeitsprozess vollständig oder teilweise für nichtig erklärt worden ist (zur Änderung der Patentlage vgl. nur BGH, Urt. v. 14.7.1970 - X ZR 4/65, GRUR 1971, 78 [79] - Diarähmchen V; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 Rz. 309; Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 139 PatG Rz. 145, jeweils m.w.N.). Die Beklagten haften - eine fehlerhafte Beratung des Klägers unterstellt - danach nur für solche Schäden aus einer Benutzung des Klagepatents und ggf. daraus resultierender Minderungen der Lizenzansprüche des Klägers gegen seinen ausschließlichen Lizenznehmer, die darauf beruhen, dass in dem mit S. geschlossenen Vergleich darauf verzichtet worden ist, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus dem Klagepatent ggü. S. geltend zu machen und davon auch solche elektronische Diebstahlsicherungen erfasst worden sind, die vom Gegenstand des Klagepatents in der Fassung der Patentansprüche Gebrauch machen, die diese durch die teilweise Nichtigerklärung des Klagepatents in dem genannten Senatsurteil gefunden haben.

b) Die Revision kann sich für ihren gegenteiligen Standpunkt nicht auf die Rechtsprechung zu den Rechtswirkungen berufen, die die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung eines Patents auf die Ansprüche des Lizenzgebers gegen den Lizenznehmer auf Zahlung von Lizenzgebühren zeitigt.

Nach dieser Rechtsprechung hat der Lizenznehmer bis zum Widerruf oder zur Nichtigerklärung des Patents an der durch den Bestand des Patents begründeten Vorzugsstellung teil, wenn das Patent bis dahin von den Mitbewerbern respektiert wird (BGH, Urt. v. 14.5.2002 - X ZR 144/00, BGHReport 2003, 84 = CR 2002, 876 = MDR 2002, 1140 = GRUR 2002, 787 [789] - Abstreiferleiste, m.w.N.). Die Einräumung dieser Vorzugsstellung auf Grund des Lizenzvertrages wird, auch wenn sie sich durch die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des lizenzierten Schutzrechts rückwirkend als eine patentrechtlich ungeschützte Stellung im Markt erweist, im Regelfall nicht beseitigt, solange das Patent in Kraft steht und von den Mitbewerbern respektiert wird. Deshalb bleibt, solange die Parteien nichts anderes vereinbart haben, die Zahlungspflicht des Lizenznehmers für Verwertungshandlung in der Vergangenheit von der Nichtigerklärung grundsätzlich unberührt; für die Zeit nach einer teilweisen Nichtigerklärung hat eine Anpassung der vertraglichen Beziehungen an die veränderten Umstände zu erfolgen (Benkard/Ullmann, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 15 PatG Rz. 111 f., 116; Benkard/Rogge, PatG u. GebrMG, 9. Aufl., § 22 PatG Rz. 64). Daraus lässt sich jedoch nicht herleiten, dass dem Patentinhaber im Verhältnis zu Dritten durch den Bestand eines zu Unrecht erteilten Patents eine geschützte Rechtsstellung erwachsen würde.

II. 1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die von S. hergestellten und von Z. vertriebenen Geräte vom Klagepatent in der Fassung nach Teilnichtigerklärung durch den Senat Gebrauch gemacht haben. Es hat ausgeführt, dies stehe nicht fest und könne dahinstehen, weil sich nicht feststellen lasse, ob das dem Berufungsgericht vorgeführte Gerät vor dem 29.7.1992, dem Tag des Abschlusses des Vergleichs, von der S. hergestellt und von der Z. vertrieben worden sei.

2. Das greift die Revision mit Erfolg an.

Für die Frage, ob dem Kläger auf Grund des umstrittenen Vergleichs ein Schaden in Form entgangener Lizenzeinnahmen bis zum Ablauf des Klagepatents entstanden sein kann, kommt es darauf an, ob die von S. hergestellten und von Z. vertriebenen Geräte vom Gegenstand der Patentansprüche des Klagepatents in der Fassung der Teilnichtigerklärung durch das Senatsurteil v. 9.10.2002 (BGH, Urt. v. 9.10.2002 - X ZR 22/99) Gebrauch gemacht haben. Haben die umstrittenen Geräte von dem Gegenstand des Klagepatents in dieser Fassung Gebrauch gemacht, liegt eine Benutzung des Klagepatents bis zu dessen Ablauf unabhängig davon vor, ob diese Geräte vor oder nach dem Abschluss des Vergleichs hergestellt worden sind. Wie die Revision zu Recht rügt, hatte der Kläger vorgetragen, dass die von S. hergestellten und von Z. vertriebenen Gegenstände vom Gegenstand der Patentansprüche des Klagepatents auch in der durch das Urteil des Senats beschränkten Fassung Gebrauch gemacht haben (Schriftsatz v. 25.7.2003, S. 2 f. mit Verweis auf den Schriftsatz v. 26.5.2003, S. 18, jew. mit Beweisantritt). Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben.

III. Die erforderlichen Feststellungen werden in dem neuen Berufungsverfahren zu treffen sein. In ihm wird auch zu klären sein, ob eine schuldhafte fehlerhafte Beratung des Klägers durch den Beklagten zu 1) vorgelegen hat, der Kläger hierdurch zum Abschluss des Vergleichs veranlasst worden ist und er diesen bei zutreffender und vollständiger Beratung nicht abgeschlossen hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1416152

BGHR 2005, 1600

GRUR 2005, 935

WRP 2005, 1415

Mitt. 2006, 71

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