Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg bei der insolvenzrechtlichen Anfechtung von Beitragszahlungen eines Arbeitgebers an eine Sozialeinrichtung des privaten Rechts

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Anfechtung von Beitragszahlungen eines Arbeitgebers an eine Sozialeinrichtung des privaten Rechts ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.

 

Normenkette

GVG § 17a Abs. 4 Sätze 4, 6; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b)

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.08.2012; Aktenzeichen 19 W 44/12)

LG Wiesbaden (Entscheidung vom 15.05.2012; Aktenzeichen 10 O 7/12)

 

Tenor

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2012 gewährt.

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2012 und der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 15. Mai 2012 aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.500 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Rz. 1

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. Maler GmbH. Er macht gegen die Beklagte insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche im Hinblick auf von der Schuldnerin für ihre Arbeitnehmer erbrachte Beitragszahlungen geltend. Die Beklagte ist als Gemeinnützige Urlaubskasse eine Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG. Sie rügt die Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten.

Rz. 2

Das Landgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Rz. 3

Die kraft Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 und 6 GVG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde ist dem Kläger gemäß §§ 233, 234, 236 ZPO Wiedereinsetzung zu gewähren, weil er vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat ohne Verschulden gehindert war, diese Fristen einzuhalten. Die Wiedereinsetzung ist rechtzeitig beantragt und die versäumten Prozesshandlungen sind nachgeholt worden.

Rz. 4

In der Sache erweist sich die Rechtsbeschwerde als begründet, weil es sich vorliegend um einen bürgerlichen Rechtsstreit (§ 13 GVG) handelt, der vor die ordentlichen Gerichte gehört.

Rz. 5

Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, ist für die Anfechtung von Beitragszahlungen eines Arbeitgebers an eine Sozialeinrichtung des privaten Rechts der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – IX ZB 84/12, ZIP 2012, 2524; vom 12. Dezember 2012 – IX ZB 58/12, nv).

Rz. 6

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört der Anfechtungsrechtsstreit als bürgerlich-rechtlicher Rechtsstreit gemäß § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte. Diese Rechtsauffassung wird von der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geteilt (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 6; BFH, Beschluss vom 5. September 2012 – VII B 95/12, ZIP 2012, 2073 Rn. 11, 13).

III.

Rz. 7

2. Die Gerichte für Arbeitssachen sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG ausschließlich zuständig für bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeiten, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Daran anknüpfend weist § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG den Arbeitsgerichten zu.

Rz. 8

Die Beklagte ist eine Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG. Die vorliegende Streitigkeit fällt jedoch, weil es an einer Beteiligung des Klägers als Arbeitgeber fehlt, nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit Nr. 4 Buchst. b ArbGG in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Der Senat hat dies in seinem Beschluss vom 6. Dezember 2012 im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird Bezug genommen (BGH, aaO Rn. 8 ff).

 

Unterschriften

Kayser, Gehrlein, Vill, Fischer, Grupp

 

Fundstellen

Haufe-Index 4327524

KSI 2013, 137

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