Grundsätzlich braucht derjenige, der eine bauliche Anlage auf seinem Grundstück errichten will, dafür eine Baugenehmigung. Allerdings enthalten die Bauordnungen der Länder unterschiedliche Anforderungen. So sieht etwa die Bayerische Bauordnung vor, dass eine Reihe von Bauvorhaben gar keiner Genehmigung mehr bedarf. Ohne Genehmigung dürfen in Bayern gemäß Art. 57 BayBO beispielsweise Gewächshäuser, Terrassenüberdachungen oder Sonnenkollektoren angebracht werden.

1.1 Die Landesbauordnungen der Bundesländer

Sie können sich bei Ihrer örtlichen Baugenehmigungsbehörde erkundigen, ob Ihr Nachbar für sein Bauvorhaben eine Baugenehmigung nach der Landesbauordnung braucht. Ob und wie er bauen darf, ergibt sich meist aus dem Bebauungsplan, den die Gemeinde als Satzung beschließt. Baut er ohne die erforderliche Genehmigung, kann die Gemeinde später den Rückbau verlangen. Der Nachbar kann dann, wenn er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird, bei der Bauaufsichtsbehörde einen Antrag auf Baueinstellung und bei dessen Ablehnung eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht beantragen. Dies gilt auch für Bauvorhaben, die keine Baugenehmigung brauchen.

Für den Bau eines Einfamilienhauses bleibt es aber dabei, dass der Bauherr einen Bauantrag bei der Gemeinde einreichen muss. Liegt das in Bayern geplante Gebäude etwa innerhalb des Geltungsbereichs eines qualifizierten Bebauungsplans, gilt das sog. Genehmigungsfreistellungsverfahren: Die Gemeinde entscheidet, ob ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder nicht. Äußert sie sich einen Monat lang nicht zum Bauantrag, kann der Bauherr mit dem Bau beginnen. Gibt es keinen qualifizierten Bebauungsplan oder verlangt die Gemeinde eine Baugenehmigung, prüft die Baugenehmigungsbehörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren nur noch bauplanungsrechtliche Anforderungen, also zum Beispiel die Frage, ob sich das Vorhaben nach Art der Nutzung, Größe, Höhe und Lage des Bauwerks, der überbauten Fläche und der Bauweise städtebaulich in seine Umgebung einfügt.

Die Reform der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ist am 1.2.2021 in Kraft getreten. Die wichtigste Änderung betrifft die Baugenehmigung. Für die meisten geplanten Wohngebäude gilt ab 1.5.2021 eine sog. Genehmigungsfiktion. Reicht ein Bauherr den Bauantrag ein, hat die Baugenehmigungsbehörde drei Monate Zeit, den Antrag zu prüfen, danach gilt das Vorhaben als genehmigt.

 
Achtung

Baugenehmigung auch bei Änderung einer baulichen Anlage

Auch die Änderung einer baulichen Anlage bedarf einer Baugenehmigung, es sei denn, sie ist in der jeweiligen Landesbauordnung als genehmigungsfrei gekennzeichnet.

1.2 Bauplanungsrecht und Nachbarschutz

Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützende Funktion. So haben Sie auf die Bewahrung der festgesetzten Gebietsart, etwa als reines oder allgemeines Wohngebiet, als Nachbar auch dann einen Anspruch, wenn das Vorhaben noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren Beeinträchtigung für Sie führt. Der Abwehranspruch entsteht bereits durch die baubehördliche Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens. Dadurch, so die Begründung der Richter, werde das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine schleichende Verfremdung des Gebiets eingeleitet.[1]

[1] BVerwG, Urteil v. 16.9.1993, 4 C 28/91, NJW 1994, 1546.

1.3 Der Bauvorbescheid

Der Bauherr kann auch zunächst einen Bauvorbescheid bei der Baugenehmigungsbehörde beantragen um zu klären, ob sein Bauvorhaben genehmigungsfähig ist. Dieser Bauvorbescheid bindet die Beteiligten. So muss sich die Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren an ihre im Vorbescheid getroffene Beurteilung des Bauvorhabens halten. Die im Bauvorbescheid getroffenen Regelungen werden ohne weitere Prüfung in die Baugenehmigung übernommen. Da es sich um einen formellen Bescheid handelt, kann der betroffene Nachbar gegen den Bauvorbescheid juristisch vorgehen.

1.4 Zustimmung heißt Verzicht

Ihr Nachbar sollte schon während der Planungsphase auf Sie zukommen und Sie fragen, ob Sie mit dem Bauvorhaben einverstanden sind. Vor allem dann, wenn kein Bebauungsplan vorliegt und der Bauherr von der Nachbarschaftsbebauung abweichen will, braucht er Ihre Zustimmung. Doch wenn Sie die Baupläne unterschreiben, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, was das bedeutet – nämlich nicht nur, dass Sie mit dem Bauvorhaben einverstanden sind. Sie verzichten auch automatisch auf Ihre Rechte, der Baugenehmigung zu widersprechen oder sie anzufechten.

Es ist also immer besser, sich nicht vom Bauherrn zur Unterschrift drängen zu lassen, nur weil sich dieser auf die "gute Nachbarschaft" beruft oder versucht, die Angelegenheit als "Bagatelle", "reine Formsache" oder dergleichen darzustellen. Vielmehr wird Ihre Unterschrift als Zustimmung zum Bauvorhaben gewertet. Sie können sich dann gegen das Bauvorhaben nicht mehr wehren, auch wenn der Bauherr die Abstandsflächen nicht einhält oder sich der Bau nicht in die vorhandene Bebauung einfügt.

Zwar hat die Unterschrift grundsätzlich keinen Einfluss auf die Erteilung der Baugenehmigung. Den Bau genehmigt die Behörde immer dann, wenn er mit öffentlich-r...

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