Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.04.2022; Aktenzeichen V ZR 165/21)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Kläger und die Beklagten bilden die Wohnungseigentumsgemeinschaft H. 11 in Wiesbaden. Die Kläger sind Eigentümer der Sondereigentumseinheiten 1 und 3, die Beklagten sind Eigentümer der Sondereigentumseinheiten 2 und 4. Ein Verwalter ist nicht bestellt.

Die Erforderlichkeit der Dachsanierung ist seit längerem zwischen den Parteien streitig und war auch schon Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Im Anschluss an einen gerichtlichen Vergleich fanden diesbezüglich verschiedene Gespräche zwischen den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten statt. In der Eigentümerversammlung vom 19.11.2019, zu der die Beklagten eingeladen hatten, wurde unter TOP 1 die vollständige Sanierung der Dacheindeckung und unter TOP 2 zur Finanzierung der Maßnahme eine Sonderumlage beschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung (Bl. 3 f d.A.) Bezug genommen. Auf der Basis dieser Beschlüsse reichten die Beklagten am 30.03.2020 beim hiesigen Gericht eine Zahlungsklage gegen die Kläger ein.

Mit der vorliegenden Klage fechten die Kläger den Beschluss zu TOP 1 an. Sie behaupten, die Dachsanierung sei – zumindest in dem beschlossenen Umfang – nicht erforderlich. Des weiteren sind der Auffassung, der Beschluss sei bereits deshalb anfechtbar, weil die Beklagten nicht berechtigt gewesen seien, zu der Eigentümerversammlung einzuladen.

Die Kläger beantragen,

die Beschluss der Eigentümerversammlung vom 19.11.2019 zu TOP 1 für ungültig zu erklären,

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten rügen die Anfechtungsklage als verfristet und sind der Auffassung, aufgrund der geführten Gespräche zwischen den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten seien die Beklagten berechtigt gewesen, zu der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung einzuladen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Anfechtungsklage ging am 19.12.2019 bei Gericht ein. Mit Beschluss vom 27.12.2019 wurde der Streitwert auf 49.970,– EUR festgesetzt und am 30.12.2019 der Gerichtskostenvorschuss angefordert. Der Gerichtskostenvorschuss ging am 15.01.2020 bei Gericht ein, die Klagebegründung am 20.01.2020. Die Akte wurde dem Dezernenten versehentlich nicht vorgelegt. Am 06.07.2020 ging erstmals eine Sachstandanfrage des Klägervertreters bei Gericht ein. Aufgrund dieser Sachstandsanfrage wurde die Akte mit dem Vermerk „Kostenvorschuss ist eingezahlt” dem Dezernenten am 08.07.2020 vorgelegt und noch am selben Tag ein früher erster Termin bestimmt. Terminsladung und Klageschrift wurden den Beklagten am 14.07.2020 zugestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht Wiesbaden ist gemäß § 43 Nr. 4 WEG ausschließlich zuständig.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Dabei konnte die Frage der Erforderlichkeit der Dachsanierung ebenso dahin gestellt bleiben wie die Frage, ob ein Berechtigter oder ein Unberechtigter zu der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung eingeladen hatte, da die Anfechtungsklage verfristet ist.

Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monates nach Beschlussfassung erhoben werden (§ 46 Abs. 1 S. 2 WEG). Diese Frist wurde nicht gewahrt. Die Klage ging zwar innerhalb der Monatsfrist bei Gericht ein, dies genügt jedoch zur Fristwahrung nicht. Da die Anfechtungsfrist nur durch Klageerhebung gewahrt wird und daher für die Fristwahrung die Zustellung der Anfechtungsklage maßgeblich ist (§ 253 i.V.m. § 261 ZPO), muss die Anfechtungsklage innerhalb der Anfechtungsfrist oder zumindest demnächst (§ 167 ZPO) zugestellt werden, was nicht erfolgte.

Dies müssen sich die Kläger auch zurechnen lassen, weil sie die Tatsache, dass das Gericht trotz Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses keine verfahrenseinleitende Maßnahme getroffen hat, fast 6 Monate lang untätig hingenommen haben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Entscheidung des BGH vom 27.04.2006 (Az. I ZR 237/03) auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der Kläger dieses Verfahrens aufgrund einer Monierung des Mahngerichts gehalten war, für eine zeitnahe Bescheidung seines Mahnantrags zu sorgen, während die Kläger im vorliegenden Fall mit der Einzahlung des Gerichtkostenvorschusses für eine Zustellung alles Erforderliche getan hatten. Dennoch durften die Kläger nicht fast 6 Monate lang untätig bleiben, war sich aus der Rechtsprechung zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ergibt. Nach ständiger Rechtsprechung darf der Anfechtungskläger zwar die Kostenvorschussanforderung abwarten, muss jedoch, wenn diese ausbleibt, spätestens nach sechs Wochen beim Gericht nachfragen; unterlässt er dies, ist die Zustellung nicht mehr demnächst i.S.d. § 167 ZPO (s. Niedenführ/Schmi...

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