Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.345,76 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin fordert als Vermieterin von der Beklagten die Räumung und Herausgabe der von der Beklagten bewohnten Wohnung in der ….

Die Klägerin ist in das Mietverhältnis des ursprünglichen Vermieters und der Beklagten auf Vermieterseite eingetreten und bewohnt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten im streitgegenständlichen Gebäude im 3. Obergeschoss eine 3-Zimmerwohnung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Wohnfläche dieser Wohnung 64 qm – so die Klägerseite – oder 78 qm beträgt. Mit Schreiben vom 29.09.2020 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit der Beklagten zum 30.06.2021. Zur Begründung der ordentlichen Kündigung führte die Klägerin im Wesentlichen aus, dass sie selbst und ihr Lebensgefährte die streitgegenständliche Wohnung als Büro nutzen wollten. Wegen des Inhalts und der weiteren Einzelheiten wird auf das Kündigungsschreiben vom 29.09.2020 (Bl. 6 f) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.03.2021 legte die Beklagte Widerspruch gegen die Kündigung ein. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Anlage B2 der Klagerwiderung vom 11.06.2021 (Bl. 16 f) verwiesen.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, das streitgegenständliche Mietverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung vom 29.09.2020 beendet worden. Durch den Zusammenzug mit ihrem Lebensgefährten, der seine 120 qm große und auch zu freiberuflichen Zwecken genutzte Wohnung aufgegeben habe, seien beengte Verhältnisse in der von der Klägerin bewohnten 64 qm großen Wohnung im selben Gebäude gegeben. Es sei beabsichtigt, dass die von der Beklagten bewohnte Wohnung als Büroräumlichkeit für die Klägerin, die seit dem 01.01.2021 ihre Immobilien selbst verwalte, sowie für den Lebensgefährten, dessen berufliche Tätigkeit Kundenkontakt beinhalte, zu nutzen. Die Wohnung der Beklagten solle aber auch für private Zwecke genutzt werden. Der ebenfalls im Erdgeschoss neben der streitgegenständlichen Wohnung gelegene Raum sei für die Büronutzung nicht geeignet, da er weder Heizung noch sanitäre Anlagen aufweise und als Lagerraum diene. Eine Umbaumaßnahme dieses Raums scheide aufgrund der Kosten zwischen 60.000 und 80.000 EUR sowie dies Umstandes aus, dass in diesem Fall Möbel an einem anderen Ort eingelagert werden müssten. Das im Lagerraum stehende Klavier solle in der von der Beklagten bewohnten Wohnung aufgestellt und wieder von ihrem Lebensgefährten genutzt werden. Durch die Gewinnung der zusätzlichen Räume könne die sehr beengte Wohnsituation der Klägerin und ihres Lebensgefährten insgesamt verändert und verbessert werden. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die Zweckentfremdungssatzung der Stadt Stuttgart unwirksam. Da die Stadt Stuttgart in der Vergangenheit diese Verordnung nicht angewandt habe – es sei auch kein Personal hierfür vorgesehen –, habe die Klägerin von der Einholung einer Genehmigung zur Zweckentfremdung zum damaligen Zeitpunkt verzichtet.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, die im Erdgeschoss links gelegene 2-Zimmer-Wohnung in der … Stuttgart, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad/WD, einem Verschlag im UG sowie einem Verschlag im Dachgeschoss sowie die Nutzungsberechtigung des Vorplatzes der Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin die streitgegenständliche Wohnung zusammen mit ihrem Lebensgefährten nutzen wolle. Die Büronutzung stelle keinen von der Rechtsprechung gebilligten Eigenbedarf dar. Die Kündigung sei unwirksam, da die Klägerin keine Zweckentfremdungsgenehmigung eingeholt und eine solche im Kündigungsschreiben auch nicht erwähnt habe. Die Kündigung sei ferner rechtsmissbräuchlich, da der behauptete Bürobedarf jederzeit in dem Büroraum im Erdgeschoss rechts, der seit dem Tod des Rechtsvorgängers der Klägerin leer stehe, umgesetzt werden könne. Es müsse lediglich eine Heizung installiert werden. Weitere Umbaumaßnahmen seien nicht erforderlich, da die Klägerin über eine Toilette in ihren Wohnräumen verfüge. Die Beklagte sei gesundheitlich stark angeschlagen. Sie habe sich um Wohnraum bemüht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Klägerin informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der informatorischen Anhörung wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2021 und vom 22.09.2021 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Di...

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