Institutionelle Anleger nehmen Wohninvestments in Visier

Ideal sind die Voraussetzungen am Markt noch nicht. Doch viele institutionelle Anleger müssen wieder investieren. Die Depots sind voll und das Geld der Kunden soll vermehrt werden. Wohninvestments rücken wieder in den Fokus – und wann, wenn nicht jetzt? 

Drei Jahre war die Investmenttätigkeit am Wohnimmobilienmarkt gering. Jetzt gibt es erste Anzeichen für eine Erholung: Die Zahl der Transaktionen steigt und die Preise bewegen sich seitwärts bis leicht aufwärts. Doch das makroökonomische Umfeld bleibt schwierig; Unsicherheiten prägen das Marktgeschehen. Immobilienprofis subsummieren die aktuelle Lage unter dem Kürzel VUCA (Vulnerabilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität). 

Trotz der nicht gerade idealen Voraussetzungen müssen viele institutionelle Anleger aber wieder investieren. Das Kapital ihrer Kunden fließt kontinuierlich in die Depots und soll vermehrt werden. Schließlich muss man Pensionsverpflichtungen nachkommen oder Rechnungszinserwartungen erfüllen.

Dass es langsam wieder vorangeht, zeigen die jüngsten Zahlen des Beratungsunternehmens Colliers. Danach erreichte das institutionelle Wohninvestmentsegment im ersten Halbjahr 2025 ein Transaktionsvolumen von rund 4,3 Milliarden Euro – acht Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum mit vier Milliarden Euro. Wohninvestments bleiben insofern eine attraktive Anlageklasse, weil die Nachfrage nach Wohnraum insbesondere in den Metropolregionen ungebrochen ist und sich die Mieten in den städtischen Ballungsräumen nach Einschätzung von Marktbeobachtern fortsetzen wird. Laut Immobilienberater Colliers sind die Angebotsmieten im Bestand in den A-Lagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund vier Prozent und im Neubausegment um sechs Prozent gestiegen. 

Strategien institutioneller Investoren 

Gleichzeitig verzeichnete Bulwiengesa bis Mitte 2025 einen Rückgang der Wohnungsbaustarts um 85 Prozent gegenüber Ende 2022. Ein drastisches Signal. Besonders betroffen ist der bezahlbare Wohnraum: Während sich Bestandsmieten um bis zu 3,7 Prozent verteuerten, stagniert der Neubau. Die Folge: Der Angebotsmangel verschärft sich weiter, auch durch hohe Baukosten, Fachkräftemangel und wachsende ESG-Auflagen.

Welche Strategien verfolgen institutionelle Investoren angesichts dieser Gemengelage? Der Asset Manager Industria wollte es genau wissen und hat Marktteilnehmer zur künftigen Immobilienallokation befragt. Das Ergebnis: 19 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen die Immobilienquote in den kommenden 18 Monaten leicht oder deutlich steigern. Bei der Befragung im Vorjahr waren es nur drei Prozent.

Knapp die Hälfte der Investoren will die Quote in den nächsten eineinhalb Jahren konstant halten (2023: 64 Prozent). Rund ein Drittel will sie leicht oder deutlich reduzieren, etwa so viel wie im Vorjahr. Die durchschnittliche aktuelle Immobilienquote der befragten Investoren beträgt 22 Prozent. Allerdings planen im genannten Zeitraum etwa drei Viertel der Befragten gar nicht direkt zu investieren, zirka zwei Drittel wollen nicht indirekt investieren.

Mietnachfrage trifft auf wenig Angebot 

Zu der Mehrheit, die sich 2025 und 2026 noch mit Investitionen zurückhalten will, gehört die Sparkasse Nürnberg. Matthias Pöferlein, Leiter Treasury, stellvertretender Direktor Immobilienkunden, Kommunen, Institutionen und Treasury, spricht von "ausallokiert“. "Wir haben dieses Jahr nichts angekauft und werden auch 2026 wahrscheinlich nicht ankaufen. Wir haben den Vorteil, dass wir sehr früh mit Immobilien angefangen haben und auch sehr früh auch wieder aufgehört haben. Wenn wir 2026 etwas im Bereich Wohnimmobilien machen, dann ist das aller Voraussicht nach Veredelung im Bestand."

Aus Sicht der Industria haben Investoren genau jetzt die Chance, den Wohnimmobilienanteil auszubauen. "Die Kaufpreise haben ihr Zwischentief durchschritten und ziehen allmählich wieder an, während die Mietnachfrage in den Ballungsräumen weiterhin auf zu wenig Angebot trifft“, sagt Geschäftsführer Thomas Wirtz. "Daher haben wir die Gelegenheit ergriffen, ein junges Bestandsportfolio mit Baujahren zwischen 2014 und 2017 zu kaufen, von dessen Qualitäten wir absolut überzeugt sind.“

Der Immobilienmanager, der Teil der Becken-Gruppe ist, erwarb in diesem Frühjahr für ein Individualfondsmandat ein Bestandsportfolio aus drei Mehrfamilienhäusern in Glienicke/Nordbahn bei Berlin, Oberursel bei Frankfurt am Main und Fellbach bei Stuttgart. Insgesamt wechselten 372 Wohneinheiten den Eigentümer. "Mit dem Verkäufer konnten wir einen Preis verhandeln, der es uns ermöglicht, unseren institutionellen Investoren als Kapitalgeber eine strategiekonforme Ausschüttungsrenditeaufzuzeigen", so Wirtz. 

Mangelnde Planbarkeit von KfW-Mitteln 

Die Hamburger Pensionsverwaltung (HAPEV) verwaltet aktuell neun Pensionskassen und Pensionsfonds mit Vermögenswerten von insgesamt rund zwölf Milliarden Euro. Der Anteil an Wohnimmobilien liegt derzeit bei 15 Prozent und soll weiter wachsen – nicht nur hierzulande, sondern auch in den Niederlanden, Spanien und Großbritannien. Allerdings sind auch die Hamburger in den vergangenen Jahren vorsichtig gewesen und haben nur vereinzelt in Wohnen investiert.

Mittelfristig soll der Wohnanteil unter Nutzung guter Kontakte zu Projektentwicklern ausgebaut werden. 2026 soll auch in Deutschland investiert werden. Allerdings werden keine fertiggestellten Neubauwohnungen mit einer Nettoanfangsrendite von 3,5 Prozent gekauft. Geprüft werden andere Wege – beispielsweise den früheren Einstieg bereits beim Grundstückserwerb – "um so am Ende höhere Renditen zu erreichen", führt Thomas Gut, Head of Real Estate, aus. "Eine große Herausforderung ist die mangelnde Planbarkeit von KfW-Mitteln. Hier würde ich mir mehr Planungssicherheit wünschen."

Christoph Drdla, Senior Fund Manager Dachfondsmanagement und Prokurist bei der Raiffeisen Immobilien Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. sagt: "Ich bin überzeugt, dass Wohnimmobilien trotz manch regulatorischer Eingriffe nach wie vor ein institutionelles Produkt bleiben, weil sie einfach Grundbedürfnisse bedienen und einen stabilen diversifizierten Cash Flow liefern." Mit Blick auf 2026 betont Drdla, dass man auch Wohnenprodukte anschaut, verstärkt auch Manager, die Value-add-Strategien verfolgen. "Die Strategie muss aber immer zum jeweiligen Markt passen und auch von einem erfahrenen Manager mit lokalem Know-How umgesetzt werden. Wir sehen hier grundsätzlich gute Einstiegszeitpunkte und auch wieder verstärkt spannende Produkte."

Strategische Weitsicht, auch nach Nordamerika

Wie bereits im Vorjahr konnte sich die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) bei den Portfolio Institutionell Awards am 27.3.2025 in Berlin den Sieg in der Kategorie "Bester Investor Immobilien" sichern. Zuvor war das Versorgungswerk auch schon 2021 und 2022 in dieser Kategorie ausgezeichnet worden.

Die Begründung: Das Versorgungswerk habe bei der Performance über drei und über fünf Jahre hinweg über der Benchmark anderer institutioneller Anleger gelegen – dank strategischer Weitsicht und konsequenter Umsetzung. Hier denke man langfristig über Zyklen hinweg. Zugleich trete das Ärzteversorgungswerk als aktiver Investor auf, indem es Immobilien gezielt kauft und verkauft. Nach Einschätzung der Expertenjury passe die ÄVWL ihre Strategie den fundamentalen Entwicklungen an. Das gehöre die Umstellung der Portfolios sowie antizyklische Investitionen.

Aktuell liegt die Wohninvestmentquote des Versorgungswerks bei zwölf Prozent. Daran könnte sich laut Matthias Huesmann, Abteilungsleiter Kapitalanlage Immobilien Bereich Portfolio Management bei der ÄVWL, in Zukunft etwas ändern. "Wir halten sowohl im Inland wie im europäischen Ausland nach entsprechenden Investitionsmöglichkeiten Ausschau“, sagt der gelernte Banker. "Aber auch in Nordamerika gibt es Opportunitäten, die wir uns näher anschauen."

Expo Real Panel:

Institutionelle und Wohninvestments: Nimmt der Investment-Zug wieder Fahrt auf?

7.10.2025, 15:15 Uhr - 16:15 Uhr | Halle B1, Konferenzraum B13

Industria Immobilien GmbH

Auf dem Podium: Thomas Wirtz (Industria Immobilien GmbH), Thomas Gut (Hamburger Pensionsverwaltung eG), Matthias Pöferlein (Sparkasse Nürnberg), Matthias Huesmann (Ärzteversorgung Westfalen-Lippe), Christoph Drdla (Raiffeisen Immobilien, Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H.)


Schlagworte zum Thema:  Investment , Wohnimmobilien , Immobilienmarkt