Wohneigentum gesucht: Die Speckgürtel boomen

Immobilienkäufer zieht es immer weiter raus aus der Stadt – vor allem junge Familien haben oft keine andere Wahl, wenn sie sich Wohneigentum noch leisten wollen. Die Speckgürtel wachsen, wie eine Studie zeigt. Wo wollen die Deutschen wohnen?

Die stark gestiegenen Zinsen und die Unsicherheit rund um Sanierungen zum Klimaschutz machen viele potenzielle Käufer unschlüssig. Wer noch zuschlägt, tut das immer weiter im Umland. Doch auch rund um die Metropolen wird der Erwerb von Wohneigentum immer teurer. So teuer, dass Pendler deutlich weitere Wege in Kauf nehmen.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat gemeinsam mit dem Allensbach-Institut im Auftrag der Sparda-Banken Daten und Einschätzungen zusammengetragen. Überall, wo man mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder über die Autobahn gut in die Stadt komme, boome das Umland, sagt IW-Immobilienökonom Pekka Sagner. Wo wollen die Deutschen wohnen? – Ein Überblick.

Land versus Stadt: Immobilienkauf fast ein Drittel günstiger

Insgesamt sparen Verbraucher der Studie zufolge knapp ein Drittel des Kaufpreises, wenn sie für ein Haus oder eine Eigentumswohnung aufs Land statt in die Stadt ziehen. In den Städten liegt der durchschnittliche Preis demnach bei 4.180 Euro, auf dem Land bei 2.806 Euro pro Quadratmeter.

In den sieben Metropolen, also den größten deutschen Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart zahle man im Mittel sogar 6.038 Euro pro Quadratmeter. Insgesamt sind die Quadratmeterpreise laut Studie in Städten, Metropolen und auf dem Land in den vergangenen zwei Jahren um durchschnittlich mehr als ein Fünftel gestiegen. Die Schere zwischen günstigen und teuren Regionen gehe immer weiter auf.

Junge Leute zieht es weiter in die Großstadt

Alle der sieben Metropolen verlieren Menschen im Alter von 30 bis 50 Jahren, vor allem Frankfurt, Stuttgart, München und Köln. Die Forscher schließen daraus, dass junge Familien eher ins Umland und aufs Land ziehen, wo Eigentum günstiger ist. Das Berliner Umland – zum Beispiel der direkt an die Hauptstadt grenzende Landkreis Dahme-Spreewald – gewinnt in dieser Altersgruppe am deutlichsten. Junge Leute unter 30 dagegen zieht es weiterhin in die beliebten Groß- und Universitätsstädte wie München und Berlin, aber auch nach Regensburg, Leipzig oder Erlangen.

Wo im Speckgürtel die Immobilienpreise steigen

Die Folge: Im Umland von sechs der sieben Metropolen sind die Preise seit 2017 stärker gestiegen als in der Großstadt selbst. Am stärksten ist das in Berlin und Hamburg zu sehen. Nur in Frankfurt am Main ist die Tendenz ausgeglichen, schreiben die Researcher.

Der Umzug von der Metropole ins Umland lohnt sich der Studie zufolge für Käufer vor allem in Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg, wo Wohneigentum im Speckgürtel noch 40 bis 45 Prozent günstiger ist als in der Stadt. Im Berliner und Kölner Umland spart man etwa ein Drittel. Rund um Stuttgart und München können für Häuser und Eigentumswohnungen inzwischen so hohe Preise aufgerufen werden, dass mit weniger als einem Fünftel Abschlag gerechnet werden muss.

Wie erschwinglich ist Wohneigentum?

Im Schnitt legt ein Käufer derzeit für eine Eigentumswohnung oder ein Haus in Deutschland 388.000 Euro auf den Tisch. Das sind den Studienautoren zufolge 7,8 Jahresnettoeinkommen. Dafür bekomme man je nach Lage unterschiedlich viel Wohnfläche: von der Wohnung mit 44 Quadratmetern in München bis zum Haus mit 451 Quadratmetern im Kyffhäuserkreis (Thüringen). In keiner der sieben Metropolen bekommt man mehr als 90 Quadratmeter Wohnfläche, am meisten noch in Köln mit rund 81 Quadratmetern.

Zur Finanzierung nehmen die Käufer im Schnitt Darlehen in Höhe von 328.000 Euro auf. 60.000 Euro steuern sie an Eigenkapital hinzu, das sind etwas mehr als 15 Prozent.

Eigentumsquote stagniert seit zwölf Jahren

Etwa die Hälfte (48 Prozent) der Deutschen wohnen im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung. Das hängt der Studie zufolge stark mit dem monatlichen Einkommen und der Größe der Stadt zusammen, in der man lebt. Bundesweit stagniert die Eigentumsquote seit zwölf Jahren, EU-weit ist Deutschland damit Schlusslicht. Für Ökonom Pekka Sagner vom IW Köln ist das "rückblickend auf die historische Zinsphase eine verpasste Chance", denn viele Bürger träumten vom Eigentum.

Der Erhebung zufolge haben aber nur zwölf Prozent der mehr als 1.000 Befragten in den vergangenen zwei bis drei Jahren ernsthaft darüber nachgedacht, eine Immobilie zu kaufen. Acht Prozent haben gekauft, für drei Viertel dagegen spielte das keine Rolle. Fast jeder zweite ist demnach aktuell unschlüssig und wartet ab.

Immobilienkauf: Gründe für die Zurückhaltung

Nach Einschätzung der Wissenschaftler hat das stark mit der unsicheren Zinssituation, aber auch mit politischen Entscheidungen zu tun. Erwerbsnebenkosten wie die Grunderwerbsteuer und Kosten für Notar und Grundbucheintrag seien zudem immer größere Hürden.

Florian Rentsch, der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Sparda-Banken, beobachtet eine gestiegene Verunsicherung. "Gerade das Thema energetische Sanierung und die Verpflichtung, die ich möglicherweise beim Kauf einer Bestandsimmobilie eingehe, spielen eine Rolle", sagt er. Muss ich absehbar in eine Wärmepumpe investieren, das Dach sanieren oder dämmen? Politisch müsse hier dringend klar gesagt werden, was auf Immobilienbesitzer zukomme.

Sparda-Studie "Wohnen in Deutschland 2023"


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Wohnimmobilien, Immobilienkauf