Innerstädtischer Retailmarkt

Vermietung alter Warenhäuser boomt: Trends und Treiber


City-Retailmarkt: Vermietung alter Warenhäuser boomt

Jeder fünfte Quadratmeter des Flächenumsatzes in deutschen Innenstadtlagen entfällt auf ehemalige Galeria-Objekte, wie Zahlen von BNP Paribas Real Estate zeigen – gegenüber den Vorjahren hat ein Umdenken stattgefunden. Was Vermieter wissen müssen. 

Insgesamt wurden in den ersten neun Monaten 2025 rund 363.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen in den deutschen Citylagen vermietet. Damit liegt die Zwischenbilanz Ende des dritten Quartals rund fünf Prozent über dem fünfjährigen Durchschnittswert.

Ermöglicht wurde das gute Resultat vor allem durch die zahlreichen Nachvermietungen in ehemaligen Galeria-Objekten: Mit rund 66.000 Quadratmetern und anteilig knapp 20 Prozent des Umsatzes bewegt sich diese Sparte aktuell auf einem Rekordniveau.

Die fortschreitenden Konsolidierungsprozesse sorgen ingesamt für ein lebhaftes Marktgeschehen. So mieten viele prominente Akteure zwar teils sehr große Flagshipstores in absoluten Premiumlagen an, dünnen das Filialnetz aber insgesamt deutlich aus.

Diese und weitere wichtige Trends und Treiber hat BNP Paribas Real Estate basierend auf den Vermietungen und Eröffnungen in Innenstadtlagen herausgearbeitet.

Freizeit, Fashion, Food: Aktive Branchen in Ex-Kaufhäusern

Dass sich die zweite Nachvermietungswelle von ehemaligen Galeria-Immobilien anders gestaltet als die erste, zeigt sich auch in der Auswertung nach Branchen bei den Flächenumsätzen. Laut BNP Paribas Real Estate generieren Akteure im Freizeitsektor, zu denen neben Decathlon auch Betreiber von Fitnessstudios oder Intersportfilialen zählen, mit 43 Prozent den mit Abstand höchsten Nachvermietungsanteil. Zum Vergleich: Zwischen 2020 und 2024 hatte die Freizeitbranche einen Anteil von nur sechs Prozent.

Zugelegt haben auch Supermärkte und Discounter, die mit 14 Prozent beteiligt sind (2020 bis 2024: acht Prozent). Fashion-Retailer bleiben laut Analyse ebenso eine wichtige Nachnutzergruppe, die im Jahr 2025 zwar nur noch rund 22 Prozent beigesteuert haben – zwischen 2020 und 2024 waren es noch 64 Prozent – im Ranking der wichtigsten Akteure behaupten sie jedoch den zweiten Platz.

Die Non-Food-Discounter Woolworth, Tedi und Action sind demnach zudem auf der Suche nach neuen Filialen, wobei sie die sehr guten Mikrostandorte von Ex-Kaufhäusern zu schätzen wissen und deren Flächenlayout gut auf das eigene Konzept übertragen können (Anteil von elf Prozent im dritten Quartal 2025).

Vor dem Hintergrund, dass die Vergleichswerte zwischen 2020 und 2024 bei rund 30.000 Quadratmetern und einem Marktanteil von durchschnittlich sieben Prozent anzusetzen sind, wird laut BNP Paribas Real Estete die große Bedeutung des Kaufhausfaktors für die aktuelle Bilanz noch einmal unterstrichen.

Trend am Retail-Markt: Kooperationen und Langzeitvermietung

Beachtlich ist der Analyse zufolge die große Anzahl von knapp 40 Abschlüssen, die in den Flächenumsatz mit eingeflossen sind. Gegenüber den Vorjahren hat zudem ein grundsätzliches Umdenken stattgefunden, was sich in gleich mehreren Beobachtungen widerspiegelt.

"Zum einen wurden Kooperationen geschlossen wie beispielsweise mit Decathlon, um Flächen nicht einfach nachzuvermieten und oft kurzfristige Interimsmieter zu finden, sondern Nutzer zu platzieren, die das Zeug haben, langfristigere Mietverträge zu erfüllen und die Wahrnehmung des Objektes innerhalb der Einkaufsstraße zu stärken", erklärt Christoph Scharf, Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH und Head of Retail Services. Zum anderen habe sich das Vermietungsgeschehen in Kaufhäusern im laufenden Jahr insgesamt kleinteiliger gestaltet: "Man war in vielen Fällen darauf bedacht, gleich mehrere Nutzer für eine ehemalige Kaufhausfiliale zu gewinnen, anstatt eine große mehrgeschossige Fläche nur einem alleinigen Mieter zu überlassen."

Zu klären gilt es dem Experten nach in der Einzelfallanalyse immer, für welches Objekt in welcher Lage Retailflächen oberhalb oder unterhalb des Erdgeschosses überhaupt funktionieren könnten und wie diese in das ganzheitliche Nutzungskonzept der jeweiligen Immobilie zu integrieren sind. Über alle eingerechneten Verträge lag die durchschnittliche Mietfläche der Nachvermietungsdeals somit nur noch bei 1.700 Quadratmetern statt  2.500 Quadratmetern wie in den Vorjahren, heißt es in dem Bericht weiter.

Top-Märkte mit überdurchschnittlichen Vermietungen

Einen wesentlichen Beitrag zum lebhaften Marktgeschehen haben nach Zahlen von BNP Paribas Real Estate die Innenstadtlagen der sieben Topmärkte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart geleistet mit einem Anteil von rund 28 Prozent. Ende des dritten Quartals 2025 haben diese Städte im Schnitt die Marke von 100.000 Quadratmetern deutlich überschritten und die Vorjahresbilanz (plus 20 Prozent) sowie den fünfjährigen Durchschnittswert (plus fünf Prozent) getoppt.

Berlin liegt unverändert an der Spitze mit einem Flächenumsatz von 40.000 Quadratmetern (plus 21 Prozent) vor Hamburg mit 17.000 Quadratmetern (plus 20 Prozent) – Flächenumsatz ohne die Vermietungen / Eröffnungen im Westfield Shoppingcenter im Überseequartier – und Stuttgart mit 13.000 Quadratmetern (plus 94 Prozent).

München verzeichnete in den vergangenen Jahren immer wieder neue Markteintritte (mehr als zehn Neuzugänge seit 2023): Insgesamt stehen hier genau wie in Frankfurt am Main zum Ende des dritten Quartals jeweils überdurchschnittliche 11.000 Quadratmeter zu Buche. Köln und Düsseldorf sind mit 9.000 Quadratmetern beziehungsweise 7.000 Quadratmetern im Ranking vertreten. Eine gute Vermietungsdynamik weisen auch die sächsischen Metropolen Leipzig (9.000 Quadratmeter) und Dresden (7.000 Quadratmeter) auf, die ebenfalls einige neue Mieter in den Innenstädten melden.

Perspektiven: Breit gefächerte Nachfrage

Vor dem Hintergrund der skizzierten Rahmenbedingungen kann der Retailmarkt nach Prognose von BNP Paribas Real Estate zuversichtlich in das Schlussquartal 2025 starten. Erfreulich ist laut Scharf, dass sich die Nachfrageimpulse aktuell sehr breitgefächert darstellen: Die hohen Umsatzanteile der Kaufhaus-Nachvermietungen, aber auch der innerstädtischen Shopping-Center (110.000 Quadratmeter; anteilig 30 Prozent) seien hier genauso zu nennen wie die Konsolidierungsprozesse und die Markteintritte in den Top-Märkten.

Das für den Einzelhandel sehr wichtige Weihnachtsgeschäft dürfte das Sentiment noch einmal entscheidend in die eine oder andere Richtung beeinflussen, denn zum Jahresende stehen die 2025 neueröffneten Stores das erste Mal auf dem Prüfstand. Der Retailmarkt ist es dem Experten zufolge mittlerweile gewohnt, unter herausfordernden Marktbedingungen bestehen zu müssen. "Genauso hat er in der Vergangenheit jedoch auch gezeigt, dass er aus Krisenzeiten gestärkt hervorgehen kann", sagt der Geschäftsführer der BNP Paribas Real Estate GmbH abschließend.


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Schlagworte zum Thema:  Handelsimmobilien , Einzelhandelsimmobilie
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