IFRS Bilanzierung Strom aus erneuerbaren Energiequellen

Der IASB hat einen Entwurf mit Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 veröffentlicht, der sich mit bestimmten Aspekten der Bilanzierung von Stromlieferverträgen aus erneuerbaren Energiequellen befasst.

Der IASB hat im Mai 2024 als Ergebnis der Diskussionen zur Bilanzierung von Stromlieferverträgen – sog. „Power Purchase Agreements“ – IASB ED/2024/3 Verträge über Strom aus erneuerbaren Energiequellen veröffentlicht. Der Entwurf sieht punktuelle Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 vor. Der IASB möchte vor dem Hintergrund des schnell wachsenden Marktes für solche Energielieferungsverträge sicherzustellen, dass die IFRS Accounting Standards die Auswirkungen solcher Verträge besser abbilden.

Besonderheiten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen

Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die etwa durch Wind- und Solarstrom erzeugte und kontrahierte Strommenge naturgemäß schwankt und daher eine bestimmte Strommenge nicht garantiert werden kann. Typischerweise muss der Käufer die erzeugte Strommenge abnehmen, auch wenn diese Menge nicht dessen Bedarf zum Zeitpunkt der Erzeugung entspricht. Die hat insbesondere bei langfristigen Verträgen zu bilanziellen Problemen geführt. Dies betrifft bei sog. physischen PPA vor allem die Anwendbarkeit der Eigenbedarfsausnahmeregelung (sog. Own-use Exemption), da aufgrund der Schwankungen bspw. Strommengen, die über den Eigenbedarf zu diesem Zeitpunkt hinausgehen, verkauft werden müssen. Bei sog. virtuellen PPA betrifft dies vor allem die Anwendbarkeit der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen.

Merkmale und Faktoren der neuen Ausnahmeregelung

Die neuen Ausnahmeregelungen können nur auf bestimmte Verträge mit spezifischen Merkmalen angewendet werden:

  • Dies sind Verträge über den Kauf und die Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen,
  • bei denen die Quelle der Stromerzeugung naturabhängig (bspw. Wind, Sonne oder Wasser) ist, so dass die erzeugte Strommenge bzw. der Zeitpunkt der Bereitstellung nicht garantiert werden kann und
  • der Käufer vertraglich im Wesentlichen dem gesamten Mengenrisiko ausgesetzt ist.

Das Mengenrisiko besteht darin, dass die erzeugte Strommenge nicht mit der Stromnachfrage des Abnehmers zum Zeitpunkt der Erzeugung übereinstimmt. Die genannten Merkmale müssen kumulativ erfüllt sein. Eine analoge Anwendung der Neuregelungen auf andere Verträge ist explizit nicht zulässig. Der IASB hat sich vor dem Hintergrund der Dringlichkeit des Themas für einen eng abgrenzten Regelungsbereich entschieden, um eine zügige Verabschiedung des Standards durch eine Überfrachtung mit weiteren Fragestellungen nicht zu gefährden.

Im Hinblick auf die Anwendung der Eigenbedarfsausnahme sieht der Entwurf die Aufnahme von Faktoren vor, die sowohl bei Abschluss des Vertrags als zu jedem nachfolgenden Abschlussstichtag zu würdigen sind.

  • Zum einen ist der Zweck, die Gestaltung und die Struktur des Vertrags, einschließlich der Strommengen, die während der verbleibenden Vertragslaufzeit voraussichtlich geliefert werden, zu berücksichtigen.
  • Zum anderen sind die Gründe für bisherige und erwartete Verkäufe von ungenutztem Strom aus erneuerbaren Energiequellen innerhalb eines kurzen Zeitraums nach der Lieferung zu würdigen und ob diese Verkäufe dem erwarteten Abnahme- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens entsprechen.

Ein Verkauf von ungenutztem Strom aus erneuerbaren Energiequellen steht nur dann im Einklang mit diesem Bedarf, wenn kumulativ drei Kriterien erfüllt sind, u.a. dass das Unternehmen erwartet, dass es innerhalb eines angemessenen Zeitraums (z.B. einen Monat) nach dem Verkauf mindestens eine gleichwertige Strommenge abnimmt. Diese Änderungen bewirken, dass eine Veräußerung von abzunehmendem aber nicht benötigtem Strom nicht per se die Anwendbarkeit der Eigenbedarfsausnahme ausschließt.

Im Hinblick auf die Anwendung der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen (cash flow hedge) sieht der Entwurf vor, dass ein variables Nominalvolumen an erwarteten Stromtransaktionen (entweder Verkäufe oder Käufe) als Grundgeschäft designiert werden kann, allerdings nur dann, wenn

  • das Grundgeschäft als die variable Strommenge spezifiziert wird, auf die sich das Absicherungsinstrument bezieht, und
  • das variable Volumen der so designierten erwarteten Stromtransaktionen nicht das Volumen der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden künftigen Stromtransaktionen übersteigt; bei Verkäufen von Strom besteht unter einer bestimmten Voraussetzung eine Ausnahme vom Kriterium der Hochwahrscheinlichkeit.

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Zusätzliche Anhangangaben in IFRS 7

Flankiert werden die Änderungen durch zusätzliche Anhangangaben in IFRS 7. Diese sollen es Investoren ermöglichen, die Effekte aus solchen Verträgen auf die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und die Höhe, den Zeitpunkt und die Unsicherheit der künftigen Cashflows des Unternehmens beurteilen zu können. Bspw. sind Angaben zu den Vertragsbedingungen, den abzunehmenden Volumina oder Angaben zum beizulegenden Zeitwert zu tätigen.

Projekt soll bis Ende 2024 finalisiert werden

Angesichts der Dringlichkeit des Themas hat der IASB die Kommentierungsfrist auf 90 Tage verkürzt. Sie endet am 7. August 2024. Der IASB plant, seine Arbeiten an dem Projekt bis Ende 2024 zu finalisieren. Der Entwurf sieht kein festes Datum für die erstmalige Anwendung vor. Allerdings hat der IASB bekundet, den Unternehmen die Möglichkeit geben zu wollen, die Neuregelungen so bald als möglich nach der Veröffentlichung der Änderungen anzuwenden. In der EU setzt deren Anwendung die Indossierung durch die EU voraus, so dass eine unmittelbare Anwendung der Änderungen nach der Veröffentlichung durch den IASB nicht möglich sein wird.


Schlagworte zum Thema:  IFRS, IASB, Erneuerbare Energien, Strom