IFRS 16: Neuer Leasingstandard veröffentlicht

Das IASB hat aktuell sein Projekt Leases mit der Finalisierung des endgültigen Standards IFRS 16 beendet, der zumindest für Leasingnehmer kaum noch Möglichkeiten zur Off-Balance-Darstellung von Leasingvereinbarungen ermöglicht.

Der IASB hatte am 16. Mai 2013 letztmals einen Vorschlag für Regelungen zur künftigen Leasingbilanzierung in ED/2013/6 veröffentlicht. Nach diversen Diskussionsrunden und dem Eingang von insgesamt mehr als 1.700 Stellungnahmen zum Gesamtprojekt erfolgte allerdings kein neuer Entwurf (Re-Exposure Draft). Mit der Veröffentlichung des IFRS 16 am heutigen Tag ist das Thema Leasing vorläufig abgeschlossen. Dieser ersetzt den fast 20 Jahre alten Standard IAS 17, sodass es zukünftig keinen Unterschied mehr zwischen finance und operating leasing geben wird. Nach Erhebungen des IASB ist gut jedes zweite nach IFRS bilanzierende Unternehmen von den Änderungen betroffen. Ebenso wären ca. 85 % der weltweit bestehenden Leasingvereinbarungen (ca. 3,3 Billionen USD), die derzeit off-balance „gezeigt“ werden auf dem Prüfstand.

IFRS 16: Wirtschaftlicher Nutzen bleibt erhalten?

Im Vorfeld der Veröffentlichung des IFRS 16 ist bereits ein Beitrag des IASB-Members Gary Kabureck erschienen, der bestehenden Bedenken gegen die Änderung der Bilanzierung von Leasingverhältnissen entgegenwirken soll. Der unveränderte wirtschaftliche Nutzen von Leasingvereinbarungen als Finanzierungsform bliebe erhalten. Auch künftig bleibt es möglich, Vermögenswerte nur zeitweise zu nutzen und hierfür ein kalkulierbares Entgelt zu zahlen, da die Bilanzierung (als bloße Abbildung) nicht den ökonomischen Wert (value) eines Leasingverhältnisses ändere. Daher wäre das Unternehmen (die Berichtseinheit) nicht von den nun beschlossenen Reformen betroffen. Eine Änderung der Bilanzrelationen eines lease-intensiven Unternehmens ändere nicht die Rahmenbedingungen/Geschäftstätigkeit. Auch werde man sich trotz Anpassungsschwierigkeiten an den neuen Standard und die damit einhergehenden Zahlenveränderungen gewöhnen.

Auswirkungen Leasinggeber und Leasingnehmer

Für Unternehmen mit hohem Mietbestand (etwa Handel) werden diese Aussagen verwirrend anmuten. Die Erhebungen des IASB sprechen auch teils eine andere Sprache, wonach für börsennotierte Handelsunternehmen eine Ausweitung der Bilanzsumme von ca. 21,4 % und eine Erhöhung des Verschuldungsgrades von 48 % auf 126 % errechnet werden. Für die Leasinggeberseite bzw. Finanzierungsseite ergibt sich eine schwächere Auswirkung nach Erhebung durch den IASB. Für rund die Hälfte der (exemplarisch) betrachteten 20 europäischen Banken ergäbe sich eine Reduzierung der Eigenkapitalquote von weniger als 0,2 %, die Eigenkapitalminderung lag bei allen Banken unter 0,5 %.

IFRS 16: Die wichtigsten Änderungen

Der neue Standard zur Leasingbilanzierung sieht folgende Hauptänderungen vor:

  • Anwendungsbereich: Anwendung auf alle identifizierten Leasingbeziehungen sowie alle Untermietverhältnisse mit wenigen Ausnahmen (z. B. Nutzungsrechte gem. IAS 38, IFRS 6 oder IAS 41). Ausnahmen gibt es für kurzfristige Leasingverhältnisse, bei denen die wirtschaftliche Mindestlaufzeit weniger als 12 Monate beträgt und keine Verlängerungsoption vereinbart wurde (Erfassung analog eines bisherigen operating lease). Eine weitere Ausnahme besteht für low-value assets, d. h. Leasingverhältnisse, die individuell unabhängig zu anderen Leasingverhältnissen sind (in erster Linie „small IT equipment”).
  • Definition eines Leasingverhältnisses: Bei einem Leasingverhältnis handelt es sich um einen Vertrag, der ein zeitlich befristetes Recht zur Nutzung eines Leasinggegenstands im Austausch für eine Gegenleistung gewährt. Stärker als im bisherigen ED wurde im finalen IFRS 16 konkret auf die Entscheidungsrechte eingegangen (Nutzungsbestimmung). Zudem sollen Rechte nur während der Vertragslaufzeit Bedeutung erlangen. Bei kombinierten Leistungen (Leasing und Service) wird eine Separierung der Leistungen in einzelne Komponenten notwendig (basierend auf verfügbaren Informationen). Grundsätzlich gilt hier: Je exklusiver die Gestaltung für den Leasingnehmer, desto eher ist Kontrolle anzunehmen.
  • Bilanzierung beim Leasingnehmer: Mit Bereitstellung des Leasinggegenstands sind ein Nutzungsrecht (das right-of-use asset) und eine Leasingverbindlichkeit zu bilanzieren. Eine Vereinfachung wird durch Gewährung einer Portfolio-Option eingeräumt. Homogene Vereinbarungen können zu einem Bilanzierungsobjekt zusammengefasst werden. Die Leasingverbindlichkeit umfasst den Barwert der ausstehenden Leasingzahlungen zzgl. der Restwertgarantien o. ä. Die Leasingverbindlichkeit ist in der Folgebewertung aufzuzinsen. Das Nutzungsrecht ist i. d. R. linear abzuschreiben.
  • Bilanzierung beim Leasinggeber: Während die Leasingnehmer künftig alle Leasingvorfälle in der Bilanz ausweisen müssen, werden für Leasinggeber die bisherigen Regelungen des IAS 17 fortgesetzt. Diese müssen immer noch nach finance und operating leasing unterscheiden. Dieser konzeptionelle Bruch ist insofern problematisch, als dass im Einzelfall ein Vermögenswert sowohl beim Leasingnehmer als auch beim -geber auf der Aktiv-Seite bilanziert wird.
  • Anwendungsdatum: IFRS 16 ist anzuwenden auf Berichtsperioden, die am 1.1.2019 beginnen. Eine frühere Anwendung ist gestattet, jedoch nur wenn zeitgleich IFRS 15 angewendet wird. Für EU-IFRS Anwender ist ein vorheriges Endorsement erforderlich. Der Standard lässt die Option zwischen einer vollen retrospektiven Anwendung nach IAS 8 und einer modifizierten. Letztere erleichtert den Übergang u. a. dadurch, dass die Vergleichszahlen nicht angepasst werden müssen sowie Leasingverhältnisse mit einer Restnutzungsdauer von weniger als 12 Monaten nicht nach IFRS 16 neu beurteilt werden müssen.
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