ESMA: Europäische Prüfungsschwerpunkte 2021 veröffentlicht

Die europäischen Prüfungsschwerpunkte, die bei der Überprüfung der 2020er Abschlüsse durch die nationalen Enforcement-Stellen kapitalmarktorientierter Unternehmen in Europa berücksichtigt werden sollen, heben die Bedeutung der COVID-19-Pandemie für die Rechnungslegung hervor.

Am 28.10.2020 veröffentlichte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) ihre europäischen Prüfungsschwerpunkte (common enforcement priorities) für das nachfolgende Kalenderjahr 2021, betreffend Abschlüsse aus dem Kalenderjahr 2020.

Ergänzung der nationalen Prüfungsschwerpunkte durch ESMA-Prüfungsschwerpunkte

Die ESMA-Prüfungsschwerpunkte ergänzen – wie in den Vorjahren – die durch die nationalen Enforcer (in Deutschland durch die DPR) gesetzten Schwerpunkte und sind für die Unternehmen daher von gleicher Relevanz wie die national spezifischen Prüfungsschwerpunkte. Die Prüfungsschwerpunkte der DPR sind Anfang November veröffentlicht worden.

Auswirkungen von COVID-19 auf die Finanzberichterstattung

Die erhöhte Notwendigkeit für eine angemessene Transparenz hinsichtlich der Folgen der COVID-19-Pandemie wird durch folgende common enforcement priorities adressiert:

  1. Anwendung von IAS 1:Gefordert ist eine ausführliche Berichterstattung zur Prämisse der Unternehmensfortführung (going concern IAS 1.25). Weiterhin sind – gerade bei Unternehmen mit erhöhten Liquiditätsrisiken als Folge der Corona-Pandemie – Angaben zu den signifikanten Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten notwendig, die die Beträge im Abschluss am Wesentlichsten beeinflussen.
  2. Anwendung von IAS 36: Die Prüfung auf Vorliegen eines impairment trigger durch die Corona-Pandemie mit der Folge eines zusätzlichen Wertminderungstests, speziell für Goodwill, neben dem jährlich verpflichtenden Test ist geboten. Die Verwendung von reasonable and supportable assumptions und die Berücksichtigung der Entwicklung wirtschaftlicher Aussichten verschiedener Branchen bei der Schätzung der zukünftigen Cashflows im Wertminderungstest ist gefordert. Die notwendige Angabe der wesentlichen Annahmen im Anhang ist dieses Jahr besonders kritisch zu beachten.
  3. Anwendung von IFRS 9 und IFRS 7: Es bedarf einer Erläuterung von Risiken, die sich aus finanziellen Instrumenten ergeben mit Schwerpunkt auf dem Liquiditätsrisiko (u.a. supply chain financing oder reverse factoring transactions, die im laufenden Jahr auch durch das IFRS IC diskutiert wurden). Die spezifischen Anforderungen an die Bemessung der Risikovorsorge in Höhe des expected credit loss im Zusammenhang mit der Anwendung von IFRS 9 ist für Kreditinstitute von besonderer Relevanz.
  4. Spezifische Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von IFRS 16: Angefragt sind zusätzliche Angaben von Leasingnehmern, die die temporäre Änderung des IASB zu COVID-19-bezogenen Mietkonzessionen angewendet haben.

Nichtfinanzielle Berichterstattung als weiterer ESMA-Prüfungsschwerpunkt

Weitere Schwerpunkte in der nichtfinanziellen Berichterstattung setzt die ESMA in folgenden Bereichen.

  • Auswirkung von COVID-19 auf nichtfinanzielle Themen (non-financial matters) sowie alternative Leistungskennzahlen (Alternative Performance Measures),
  • soziale und Arbeitnehmerfragen,
  • Geschäftsmodell und Wertschöpfung,
  • Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Die ESMA betont auch, dass – wie in den vergangenen Jahren – (immer noch) die Brexit-Verhandlungen kritisch zu verfolgen sind.

Praxishinweis: Liste der ESMA-Prüfungsschwerpunkte nicht abschließend

Bereits seit 2014 sind europäisch einheitliche Prüfungsschwerpunkte zu berücksichtigen. Die Liste der Prüfungsschwerpunkte seitens ESMA ist allerdings nicht als abschließend zu verstehen. Unabhängig von den Prüfungsschwerpunkten der ESMA (sowie DPR) können auch weitere unternehmensspezifische Themen Gegenstand einer Enforcement-Untersuchung sein.

Schlagworte zum Thema:  ESMA