BFH-Kommentierung: Wechsel der Abschreibungsmethode

Ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer bei Gebäuden ist nicht zulässig, so der Bundesfinanzhof.

Mit Urteil vom 29.5.2018, (BFH, Urteil v. 29.5.2018, IX R 33/16) hat der BFH klargestellt, dass ein Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven Gebäudeabschreibung gemäß § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht möglich ist.

Praxis-Hinweis: AfA-Art bei Beginn der Abschreibung sorgfältig wählen

Bei der degressiven AfA handelt es sich um die Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nach gesetzlich genau bestimmten fallenden Staffelsätzen. Diese beliefen sich nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitfall maßgeblichen Fassung bei Gebäuden

  • in den ersten 8 Jahren auf jeweils 5 %, 
  • in den darauf folgenden 6 Jahren auf jeweils 2,5 % und 
  • in den darauf folgenden 36 Jahren auf jeweils 1,25 %.

Da sich die gesetzlichen Bestimmungen zur Abschreibung von Gebäuden in der Vergangenheit häufig geändert haben, ist unbedingt zu prüfen, welche Gesetzesfassung im jeweiligen Einzelfall anzuwenden ist.

Die degressive AfA führt hierbei zu einer Steuerstundung durch Vorverlagerung von AfA, da in den ersten Jahren eine höhere Abschreibung möglich ist als bei der linearen AfA, die bei Gebäuden in der Regel 2 % über einen Zeitraum von 50 Jahren beträgt. Aufgrund der degressiven Ausgestaltung wäre es für einen Steuerpflichtigen somit offensichtlich vorteilhaft, zunächst die degressive AfA in Anspruch zu nehmen und später auf die lineare AfA zu wechseln

Einen derartigen Wechsel hatte der BFH allerdings zumindest für Gebäude bereits in der Vergangenheit ausgeschlossen, da es bei anderen Wirtschaftsgütern sehr wohl die Möglichkeit gab, von der degressiven zur linearen AfA zu wechseln. Nach der aktuellen Gesetzesfassung ist allerdings bei beweglichen Wirtschaftsgütern zumindest derzeit für steuerliche Belange keine degressive Abschreibung mehr zulässig.

Offen war bislang demgegenüber, ob ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) möglich ist. Bei Gebäuden mit einer tatsächlichen Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren kann die AfA danach entsprechend dieser verkürzten Nutzungsdauer vorgenommen werden. Einem solchen Wechsel hat der BFH nunmehr jedoch auch einen Riegel vorgeschoben. Das bedeutet, dass sich ein Steuerpflichtiger bereits bei der ersten Inanspruchnahme der AfA darüber im Klaren sein muss, ob er eine degressive oder eine lineare AfA geltend machen will.

Wechsel der AfA-Art wegen kürzerer Nutzungsdauer

Die Klägerin ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, auf dem seit 1994 ein Autohaus betrieben wird. Die Klägerin vermietet das Grundstück seit Fertigstellung des Gebäudes an das von ihrem Ehemann betriebene Autohaus.

Im Jahr 2009 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück einen Anbau an das bestehende Werkstattgebäude. Dafür wandte sie Herstellungskosten von insgesamt 85 TEUR auf. In den Jahren von 1994 bis 2008 machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung degressive AfA auf die Gebäudeherstellungskosten von 584 TEUR geltend.

Der bis 2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert belief sich auf 256 TEUR. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin AfA in Höhe von 34 TEUR geltend. Hierzu erklärte sie, dass entgegen der bisherigen Annahmen die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50, sondern nur 25 Jahre betrage. Der am 1. 1.2009 noch nicht abgeschriebene Gebäuderestwert von 256 TEUR müsse um die im Streitjahr angefallenen Herstellungskosten von 85 TEUR auf 341 TEUR erhöht werden und auf die restlichen 10 Jahre an voraussichtlicher Nutzungsdauer gleichmäßig verteilt werden.

Das Finanzamt berücksichtigte demgegenüber als AfA nur 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage (584 TEUR + 85 TEUR =  670 TEUR x 1,25 % = gerundet 8.370 EUR) und führte zur Erläuterung aus, eine kürzere als die bislang angenommene voraussichtliche Nutzungsdauer sei nicht dargelegt worden. Den Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Auch die anschließend erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Der Steuerpflichtige ist an die einmal getroffene Wahl für die degressive AfA gebunden

Der BFH wies nunmehr auch die Revision gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg zurück. Bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige (wie hier) aufgrund eines vor dem 1.1.1995 gestellten Bauantrags hergestellt hat, können abweichend von der üblichen linearen Afa über 50 Jahre degressive Abschreibungen vorgenommen werden: in den ersten 8 Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden 6 Jahren jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 %. Ein späterer Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur linearen AfA ist nicht möglich. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl für die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG grundsätzlich gebunden. Der spätere Wechsel zu einer anderen AfA-Methode ist damit grundsätzlich ausgeschlossen.

Dies gilt auch bei einem Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG. Bei Wahl der degressiven AfA erübrigt sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheidet sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung tritt nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend ist. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb im Grundsatz unabänderlich.

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