7.1 vGA zwischen Schwestergesellschaften ("Dreiecks-vGA")

 

Rz. 70

Dreieckstheorie. Bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorteilszuwendungen zwischen Schwestergesellschaften kommt steuerlich die sog. Dreieckstheorie zur Anwendung, nach der 2 gedanklich voneinander zu trennende Vorgänge gesondert steuerlich zu beurteilen sind:

  • Zunächst wird der Vorteil im Rahmen einer vGA von der vorteilsgewährenden Tochter- an die gemeinsame Muttergesellschaft gewährt, wobei die Voraussetzungen einer vGA vorliegen, weil die vorteilsempfangende Gesellschaft nahestehende Person des gemeinsamen Gesellschafters ist (Rz. 10).
  • Daran anschließend wird dieser Vorteil von der Muttergesellschaft an die zweite Tochtergesellschaft weitergegeben.[1]

Die steuerliche Behandlung von Vorteilszuwendungen zwischen Schwestergesellschaften richtet sich somit primär nach den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen, indem der Sachverhalt dahingehend interpretiert wird, dass der Vorteil der Schwestergesellschaft zwar im abgekürzten Leistungsweg gewährt wird, wirtschaftlich jedoch der gemeinsamen Muttergesellschaft zugeführt (vGA) und von dieser an die begünstigte Tochtergesellschaft weitergeleitet wird (verdeckte Einlage).[2]

 

Rz. 71

Gewährung des Vorteils an den gemeinsamen Gesellschafter. Unabhängig davon, ob es sich bei den durch die Tochtergesellschaft an ihre Schwestergesellschaft gewährten Vorteilen um einlagefähige Wirtschaftsgüter oder nicht einlagefähige unentgeltliche Dienstleistungen oder Nutzungen handelt, ist dieser Vorgang als vGA der Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft zu beurteilen. Denn die Muttergesellschaft muss insoweit keine eigenen Mittel aufwenden, um ihrerseits die entsprechende Leistung als zusätzlichen Gesellschafterbeitrag gegenüber ihrer Tochtergesellschaft zu erbringen.[3] Bei der vorteilsgewährenden Tochtergesellschaft darf die vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG deren Einkommen nicht mindern und ist daher außerbilanziell auf der 2. Gewinnermittlungsstufe hinzuzurechnen (Rz. 23). Im Ergebnis stellt sich hiernach bei der Tochtergesellschaft eine zusätzliche Steuerbelastung mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer ein.

Die vGA führt auf Ebene der Muttergesellschaft zu einem bilanziellen Beteiligungsertrag i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, der den in Rz. 29 dargestellten Grundsätzen zur Beteiligungsertragsbesteuerung unterliegt. Bei grenzüberschreitender vGA von einer ausländischen Tochter- an ihre deutsche Muttergesellschaft ist die sog. materielle Korrespondenz bezogen auf die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG zu beachten (Rz. 30). Gewerbesteuerlich tritt eine Entlastung nur unter den Voraussetzungen des nationalen gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs des § 9 Nr. 2a GewStG (Rz. 32) oder des internationalen gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs des § 9 Nr. 7 GewStG ein.

 

Rz. 72

Weiterleitung eines einlagefähigen Vorteils an die Schwestergesellschaft. Die steuerlichen Folgen der Weiterleitung des Vorteils von der gemeinsamen Mutter- an die vorteilsempfangende Tochtergesellschaft sind von der Art des empfangenen Vorteils abhängig, wobei einlagefähige Wirtschaftsgüter von bloßen Nutzungsvorteilen abzugrenzen sind.

Die unentgeltliche bzw. vergünstigte Übertragung eines einlagefähigen Wirtschaftsguts von der Tochtergesellschaft an ihre Schwestergesellschaft ist – neben ihrer Behandlung als vGA – als verdeckte Einlage der Muttergesellschaft in das Vermögen ihrer Tochtergesellschaft zu qualifizieren. Bei der Muttergesellschaft ist der Teilwert der verdeckten Einlage als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft zu aktivieren.[4] Die Tochtergesellschaft hat das erhaltene Wirtschaftsgut mit dem Teilwert zu aktivieren,[5] die daraus resultierende Vermögensmehrung außerbilanziell als verdeckte Einlage zu korrigieren[6] und als Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) zu erfassen.

Letztlich führt die dargestellte steuerliche Behandlung dazu, dass bei der Zuwendung einlagefähiger Vermögensteile einer Tochter- an ihre Schwestergesellschaft eine Gewinnverlagerung auf die vorteilsempfangende Schwestergesellschaft nicht möglich ist. Aus steuerplanerischer Sicht ist die unentgeltliche bzw. verbilligte Übertragung von Wirtschaftsgütern daher nur sinnvoll, wenn bei der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft jeweils eine Verlustsituation besteht, während bei der anderen Tochtergesellschaft Gewinne erwirtschaftet werden. Nur in diesem Fall führt die vGA bei der Tochtergesellschaft bzw. die gewinnrealisierende Aktivierung der verdeckten Einlage als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Muttergesellschaft aufgrund von Verlusten bzw. Verlustvorträgen[7] nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung. Bei der Tochtergesellschaft ergeben sich hingegen aus der Abschreibung des erhaltenen Wirtschaftsgutes Steuerminderungseffekte.

 

Rz. 73

 
Praxis-Beispiel

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