Rz. 27

VGA als Beteiligungsertrag. Auf Ebene des vorteilsempfangenden Gesellschafters ist eine vGA ein sonstiger Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG und deshalb als Beteiligungsertrag zu erfassen. Hierbei ist die steuerliche Einordnung und ggf. die Umqualifizierung auf Ebene des Gesellschafters grundsätzlich unabhängig davon vorzunehmen, ob eine vGA auch auf Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft aufgedeckt wurde. Letzteres ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Bescheide der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft bestandskräftig und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar sind, oder etwa dann, wenn es sich bei der vorteilsgewährenden Gesellschaft um eine ausländische (Tochter-) Gesellschaft handelt, bei der die steuerlichen Folgen einer Einkommensverwendung ausschließlich nach den steuerlichen Vorschriften ihres Ansässigkeitsstaates zu beantworten sind.[1] Bei einer vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und einer vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt es sich grundsätzlich um 2 grundverschiedene Tatbestände. Ersterer regelt eine Form der Einkommensverwendung durch eine Kapitalgesellschaft, Letzterer eine Einnahme des Gesellschafters, die an den Tatbestandsmerkmalen des § 8 Abs. 1 EStG (insbes. Zuflussprinzip) gemessen werden muss.[2] Beide Tatbestände knüpfen an denselben Sachverhalt an, sodass zwischen ihnen ein Sachzusammenhang besteht. Das Vorliegen einer Einnahme i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG setzt allerdings nicht voraus, dass eine entsprechende Einkommensverwendung auf Ebene der Kapitalgesellschaft festgestellt und einkommenserhöhend korrigiert worden ist (vgl. hierzu Rz. 30). Demgegenüber setzt der Tatbestand der vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 S. KStG voraus, dass eine Unterschiedsbetragsminderung oder verhinderte Unterschiedsbetragserhöhung die Eignung aufweist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (Rz. 15). Nach Rechtsprechung des BFH ist das Vorliegen einer vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nach den Rechtsgrundsätzen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu bestimmen.[3]

 

Rz. 28

Unterschiedliche Zeitpunkte der Tatbestandsverwirklichung. In vielen Sachverhalten treten die Rechtsfolgen der vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und der vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG mehr oder weniger zeitgleich ein. Dies ist immer dann gegeben, wenn der Zeitpunkt des Abflusses der vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mit dem Zeitpunkt der Unterschiedsbetragsminderung auf Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft zusammenfällt. Allerdings können beide Zeitpunkte auch deutlich auseinanderliegen. Dies ist z. B. der Fall, wenn die vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in der Zusage einer unangemessen hohen Pension gegenüber dem Gesellschafter besteht (partielle vGA). Die Pensionszusage führt dann zur Passivierung einer Pensionsrückstellung, die bei der erstmaligen Bildung und bei den Zuführungen in den folgenden Wirtschaftsjahren den bilanziellen Unterschiedsbetrag für das betreffende Wirtschaftsjahr mindert. Diese Unterschiedsbetragsminderung löst allerdings noch keinen Abfluss bei der Gesellschaft und dementsprechend keinen Zufluss bei dem Gesellschafter aus. Der Abfluss bei der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft tritt vielmehr erst mit den Pensionszahlungen im Versorgungsfall ein, d. h. unter Umständen Jahrzehnte nach der Unterschiedsbetragsminderung. Gleiches gilt für den Zufluss beim Gesellschafter. Die vGA-Tatbestände des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einerseits und des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG andererseits werden dann in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen verwirklicht. Unter Umständen verstirbt der Empfänger der Pensionszusage vor Eintritt des Versorgungsfalls, was – vorbehaltlich einer von der Pensionszusage erfassten Angehörigenversorgung – den Zufluss bei ihm sogar ausschließt. Die in diesem Fall erfolgende Unterschiedsbetragserhöhung bei der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft infolge der ertragswirksamen Auflösung der Rückstellung berührt das Vorliegen vorangegangener Unterschiedsbetragsminderungen infolge der Rückstellungsbildung und der Zuführungen zu dieser Rückstellung und das Vorliegen von vGA in diesen Veranlagungszeiträumen nicht. Man spricht in diesem Fall von einer nicht abgeflossenen vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.[4] Vor diesem Hintergrund setzt eine vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG eine entweder zeitlich vorangehende oder zeitgleiche vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG voraus. Einer vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG muss demgegenüber keine vGA i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nachfolgen. Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG ist lediglich die Eignung einer Unterschiedsbetragsminderung oder verhinderten Unterschiedsbetragsmehrung, einen sonstigen Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, nicht jedoch ein sonstiger Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als solcher. Zu berücksichtigen ist ferner, dass vGA auch von ausländischen Kapitalg...

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