2.1 Standardisierung und Benutzerfreundlichkeit als Erfolgskriterien

Ob TCO-/LCC-Modelle in der Praxis in Zukunft verstärkt eingesetzt werden, hängt von der Möglichkeit ihrer Standardisierung und Benutzerfreundlichkeit ab.[1] Diese Forderung lässt sich unterschiedlich begründen.

  • Es wird angenommen, dass die Verwendung des gleichen Modells zur Berechnung von TCO/LCC im Einkauf (innerhalb des Unternehmens) und Vertrieb (Verkäufer außerhalb des Unternehmens) zur Zeitersparnis und besseren Vergleichbarkeit der Werte bei Kunde und Lieferant beiträgt.[2]
  • Zudem ermöglicht die Verwendung des gleichen standardisierten Modells bei Kunde und Lieferant die Optimierung von Produktangeboten durch den Lieferanten, da er die Einkaufsentscheidungskriterien seines Kunden besser kennt.

Standardisierung ermöglicht produktivere Kunden-Lieferanten-Beziehungen

Der genannte gemeinsame Bezugspunkt hat beispielsweise in der Halbleiterindustrie bereits zu erheblichen Produktivitätssteigerungen beigetragen.[3] Der Rahmen, den das gemeinsame Modell von Lieferant und Kunde in der Halbleiterindustrie vorgibt, umfasst sowohl die Berechnung der Anlagennutzung und -effektivität als auch die Anschaffungs-, Betriebs- und Folgekosten der Anlagen. Kostenkategorien zur Berechnung der einzelnen Kostenblöcke sind dabei durch das Cost-of-Ownership(COO)-Modell vorgegeben.

[1] Vgl. Heilala et al. (2006); White (2006).
[2] Vgl. White (2006).
[3] Vgl. Ragona (2002).

2.2 Analyse bisheriger Modelle

Bevor ein Standardmodell entwickelt werden kann, müssen bisherige Modelle analysiert werden. Bei einem Vergleich von TCO- und LCC-Modellen aus der Literatur und von Verbänden wurde untersucht, ob die Modelle verschiedene in Tabelle 1 dargestellte Kriterien[1] berücksichtigen. Tabelle 1 zeigt einen Überblick der Einstufung der untersuchten Modelle.

Die IT-Industrie setzt Benchmarks

Summiert man die Anzahl der jeweils erfüllten Anforderungen (rechte Spalte in Tabelle 1), zeigt sich, dass das TCO-Modell der Gartner Group am besten abschneidet. Die Tatsache, dass dieses Modell die meisten Anforderungen erfüllt (10 von 12 erfüllten Kriterien), kann - ähnlich wie beim SEMI-E35-Modell für die COO-Berechnung (8 von 12) - damit zusammenhängen, dass beide Modelle bereits seit 1987 bzw. 1995 fortlaufend optimiert wurden. Zudem haben beide Modelle eine große praktische Bedeutung, werden in den jeweiligen Branchen (IT bzw. Halbleiterindustrie) häufiger eingesetzt und es gibt dazu zahlreiche Veröffentlichungen in Form von Fallstudien. [2]

Kontextspezifische Anpassbarkeit erforderlich

Die in der Berechnung zu berücksichtigenden Kostenkategorien sind in 12 von 20 Modellen vorgegeben. Es liegen aber deutliche Unterschiede hinsichtlich der jeweils berücksichtigten Kostenkategorien vor. Bei LCC-Modellen zur Berechnung der Lebenszykluskosten von Produktionsmaschinen und -anlagen werden beispielsweise die Betriebskosten sehr detailliert erfasst, die hingegen bei TCO-Modellen nur teilweise und nur sehr grob betrachtet werden. Daraus ergeben sich Probleme im Hinblick auf die Berücksichtigung von Industriespezifika. In der chemischen Industrie sind z. B. die Entsorgungskosten und die Lagerung sehr wichtig, welche in vielen Modellen nur eine untergeordnete Stellung einnehmen. Bei der Standardisierung von Modellen sollte daher beachtet werden, dass die Anforderungen von der Art des untersuchten Gegenstands bzw. Anwendungskontexts und der Branche abhängen.[3] Die Hauptkostenkategorien und -kostentreiber lassen sich damit grundsätzlich standardisieren, müssen aber kontextspezifisch ergänzt werden.

Tab. 1:Übersicht Modelle und Kriterien[4]

[1] Ausführlich zu den Kriterien Geißdörfer (2009).
[2] Vgl. Geissdörfer et al. (2009a).
[3] Die Ergebnisse einer Studie von Ferrin/Plank (2002) haben dies ebenfalls bestätigt.
[4] Entnommen aus Geissdörfer et al. (2009a). Zu den in der Tabelle angegebenen Autoren siehe die zitierte Quelle.

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