Das zentrale nationale Gesetz zur Vermeidung von Steuervermeidungsstrategien ist das Gesetz über die Besteuerung von Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz – AStG) vom 8.9.1972.[1] Dieses wurde seitdem oftmals geändert. Das Gesetz beinhaltet verschiedene Maßnahmen, die der Steuerflucht entgegenwirken sollen. Zuletzt wurde das AStG in wesentlichen Bereichen durch das ATAD-Umsetzungsgesetz[2] und das Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern[3] geändert.

[1] BGBl 1972 I S. 450.
[2] BGBl. I 2021, S. 2035; siehe Jacobsen, Das AStG nach dem ATAD-Umsetzungsgesetz, DStZ 2021, S. 743.
[3] BGBl. I 2021, S. 1259.

2.1.1 Wegzugsbesteuerung/Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Gibt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz in Deutschland auf, kann es zu einer sog. Wegzugsbesteuerung kommen. Diese ist in § 6 AStG geregelt. Hiernach hat bei einer natürlichen Person, die insgesamt 10 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, bei Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht eine Versteuerung der stillen Reserven nach § 17 EStG[1], also für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mehr als 1 %, zu erfolgen. Man spricht hierbei von einer Entstrickungsbesteuerung[2]. Bei einem Wegzug in das EU/EWR-Ausland kam allerdings aufgrund europarechtlicher Bedenken an der Norm die Stundungsbestimmung des § 6 Abs. 5 AStG zum Tragen.[3]

Nach der letzten Novellierung des § 6 AStG gibt es keine Stundung in den EU-Fällen mehr, sondern die Steuer kann nach § 6 Abs. 3 AStG in bis zu 7 Jahresraten gezahlt werden. Ob dies in EU-Fällen europarechtskonform ist, ist strittig. War der ins niedrig besteuernde Ausland Wegziehende ein deutscher Staatsbürger, kann es zudem zu einer erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG kommen.[4] Dies setzt allerdings voraus, dass der Steuerpflichtige weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat.[5]

[1] Im Einzelnen zu den Rechtsfolgen des § 17 EStG vgl. Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 17 EStG Rz. 131 ff.
[2] Einzelheiten Gropp, in Lademann, AStG, § 6 AStG Rz. 18 ff.
[3] Pohl, in Brandis/Heuermann, AStG, § 6 AStG Rz. 83 ff., auch zur Frage der Anwendbarkeit auf Drittstaatenfälle.
[4] Im Einzelnen Lampert, in Brandis/Heuermann, AStG, § 2 AStG Rz. 11 ff.
[5] Vgl. § 2 Abs. 3 AStG; Dißars, in Lademann, AStG, § 2 AStG Rz. 121 ff.; Lampert, in Brandis/Heuermann, AStG, § 2 AStG Rz. 32 ff.

2.1.2 Verrechnungspreise

Eine der zentralen nationalen Maßnahmen zur Verhinderung von Gewinnverschiebungen in das niedrig besteuernde Ausland ist die Korrektur von Verrechnungspreisen gemäß § 1 AStG. Hierunter ist die steuerliche Würdigung von Transferpreisen zwischen verbundenen Unternehmen zu sehen. Werden diese von der Finanzverwaltung als nicht angemessen angesehen, kann es zu einer Gewinnkorrektur kommen.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Behandlung von Verrechnungspreisen finden sich an verschiedenen Stellen. Zu beachten sind insbesondere die folgenden steuerrechtlichen Normen:

  • § 1 AStG bestimmt, in welchen Fällen eine Gewinnkorrektur aufgrund von Verrechnungspreisen in Betracht kommt; auch werden in § 1 Abs. 3 AStG die maßgeblichen Methoden zur Ermittlung von Verrechnungspreisen normiert. § 1a AStG normiert nunmehr eine Preisanpassungsklausel für immaterielle Werte.
  • § 90 Abs. 3 AO normiert die Pflicht zur Dokumentation von Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, wenn Geschäfte mit nahe stehenden Personen durchgeführt werden.
  • § 162 Abs. 3 und 4 AO regelt die Folgen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Dokumentation nach § 90 Abs. 3 AO.
  • § 178 a AO regelte die Kosten für die Gewährung eines Verständigungsverfahrens über Verrechnungspreise.[1]

    Durch die Einführung des neuen § 89a AO,[2] der allgemein die Durchführung von Vorabverständigungsverfahren und auch deren Kosten betrifft, ist die bisherige Bestimmung überflüssig geworden und wurde dementsprechend aufgehoben.

  • Gewinnabgrenzungsaufzeichungs-Verordnung[3].

Wichtige Schreiben der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen sind:

  • Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung – VWG BsGa vom 22.12.2016[4];
  • Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise vom 6.6.2023[5];
  • Umlagen-Verwaltungsgrundsätze[6];
  • Verwaltungsgrundsätze zur Arbeitnehmerentsendung im Konzern[7];
  • Verwaltungsgrundsätze-Verfahren[8];
  • Merkblatt zur Durchführung von Vorabverständigungsverfahren über Verrechnungspreismethoden – sog. Advanced Pricing Agreements[9];
  • Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze v. 22.12.2016[10].

Hinsichtlich der Methodenwahl findet sich in § 1 Abs. 3 AStG nunmehr nicht mehr eine gesetzliche Festlegung, dass die drei Standardmethoden (Preisvergleichsmethode, Kostenaufschlagsmethode, Wiederverkaufsmethode)[11] Vorrang gegenüber den weiteren Methoden haben. Es ist nunmehr vielmehr stets die im Einzelfall beste Methode anzuwenden. Welche der Methoden angewandt wird, ist gesetzlich nicht fixiert. Die Parteien sind hier grundsätzlich in ihrer Wahl frei. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die gewählte Standardmethode im Einzelfall zu offensichtlich fehlerhaften Ergebnissen führt. Die Parteien müssen de...

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