1 Entstehung der Vorschrift und Verhältnis zum EU-Recht

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 3 Abs. 5a UStG ist am 1.1.1993 durch Art. 1 Nr. 4 b, Art. 12 Abs. 1 des Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetzes[1] in § 3 UStG eingefügt und erstmals zum 1.1.1994 durch das Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz[2] geändert worden.[3]  Sie weist auf den Vorrang der Ortsbestimmungen der §§ 3c, 3e, 3f und 3g UStG hin und klärt den Regelungsbereich sämtlicher Lieferorte.[4]

Durch Art. 7 Nr. 2 Buchst. b des StEntlGesetzes 1999/2000/2002 v. 24.3.1999, BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304, wurde mit Wirkung ab 1.4.1999 die neu eingeführte Vorschrift des § 3e UStG in den Text des § 3 Abs. 5a UStG eingefügt, die den Ort der unentgeltlichen Wertabgaben i. S. d. § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG regelt.

§ 3 Abs. 5a UStG ist zum 1.1.2005 durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz[5] um einen Hinweis auf die besondere Ortsbestimmung für Lieferungen von Gas oder Elektrizität an einen Wiederverkäufer (§ 3g UStG) ergänzt worden.

 

Rz. 2

Zur europarechtlichen Einordnung der Vorschrift s. die Kommentierungen zu den Einzelvorschriften, z. B. in § 3 Abs. 6 UStG Rz. 3 und in § 3 Abs. 7 UStG Rz. 2.

[1] Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz (UStBG) v. 25.8.1992, BGBl I 1992, 1548, BStBl I 1992, 552.
[2] Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (StMBG) v. 21.12.1993, BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50.
[3] Einfügung des § 3e UStG.
[4] Begründung des Gesetzentwurfs v. 3.4.1992, BR-Drs. 226/92, BT-Drs. 12/2463.
[5] Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (EURLUmsG) v. 9.12.2004, BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158.

2 Bedeutung der Vorschrift

2.1 Systematische Funktion

 

Rz. 3

Die Vorschrift erfüllt eine systematische Funktion, indem sie die für den Ort der Lieferung anwendbaren Vorschriften des UStG normenhierarchisch sortiert. Danach haben die speziellen Regelungen der §§ 3c, 3e, 3f und 3g UStG Vorrang vor den in § 3 Abs. 6 bis 8 UStG enthaltenen allgemeinen Regelungen zum Ort der Lieferung. Sofern eine der genannten speziellen Regelungen eingreift, werden aufgrund der in § 3 Abs. 5a UStG enthaltenen Vorschrift ("vorbehaltlich") die allgemeinen Regelungen zum Ort der Lieferung verdrängt. Die Prüfung des Orts der Lieferung ist deshalb mit den speziellen Regelungen zu beginnen.

Die in § 3 Abs. 5a UStG abschließend aufgelisteten Regelungen zum Ort der Lieferung zielen auf eine überschneidungsfreie Zuordnung ab, um die mit ihnen verbundenen umsatzsteuerlichen Fragestellungen klären zu können. Deshalb schließen sich sowohl die speziellen als auch die allgemeinen Regelungen inhaltlich untereinander aus. Zugleich leitet sich daraus sowie aus der Gesamtbetrachtung aller in § 3 Abs. 5a UStG genannten Vorschriften das in Rz. 11 enthaltene Prüfungsschema für die Bestimmung des Orts der Lieferung ab.

Die Grundnorm – und der damit nur mangels speziellerer Normen anwendbare Auffangtatbestand – für die Bestimmung des Orts der Lieferung ist § 3 Abs. 7 S. 1 UStG. Nach der dort enthaltenen Grundaussage kommt es darauf an, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Diese Vorschrift kann nur dann eingreifen, wenn keine andere durch § 3 Abs. 5a UStG genannte Vorschrift anwendbar ist, die hiervon jeweils abweichende Regelungen zum Ort der Lieferung enthalten.

2.2 Wirkungen auf die Besteuerung

 

Rz. 4

Die Bestimmung des Orts der Lieferung ist vor allem als Merkmal der Steuerbarkeit im Inland (z. B. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) erheblich. Zudem bestimmt sich durch den Ort der Lieferung auch die Zuordnung eines Umsatzes zum Inland, Ausland oder Gemeinschaftsgebiet nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 UStG. Darüber hinaus ergeben sich weitere umsatzsteuerliche Auswirkungen (dazu ab Rz. 5).

Die Bestimmung des Orts einer Lieferung macht es zunächst erforderlich, den Zeitpunkt der Lieferung zu ermitteln (§ 3 Abs. 7 S. 1 UStG: "wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet"). Diese Festlegung des Lieferzeitpunkts ist aus mehreren Gründen bedeutsam:

 

Rz. 5

So ist nach § 16 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 18 Abs. 3 S. 1 UStG bei der Steuerberechnung von der Summe der Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG auszugehen, "soweit für sie die Steuer in dem Besteuerungszeitraum (bzw. in dem Voranmeldungszeitraum) entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist". Für die Entstehung der Steuerschuld im Regelfall der Sollversteuerung bestimmt § 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG, dass die USt mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Die Ermittlung des Zeitpunkts der Leistungsausführung hat also bei der Sollbesteuerung im Wesentlichen Bedeutung für die Bestimmung des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung zu versteuern ist. Im Fall von Teilleistungen i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 und 3 UStG gilt das zuvor zu den Lieferungen Gesagte für die einzelne Teilleistung entsprechend.

 

Rz. 6

Ist der Voranmeldungszeitraum bestimmt, in dem die Steuer für eine Lieferung entsteht und anzumelden ist, kann auch der anzuwendende Umsatzsteuersatz festgestellt werden, was insbesondere bei Erhöhungen des Steuersatz...

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