Rz. 34

§ 3 Abs. 3a S. 2 UStG erfasst Lieferungen, in denen ein Unternehmer (Betreiber) mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR unterstützt. Die sich aus § 3 Abs. 3a S. 1 UStG ergebenden Rechtsfolgen einer fingierten Lieferkette (Rz. 4ff., Rz. 16ff.) im Rahmen eines fingierten Reihengeschäfts (Rz. 4ff.) gelten in diesem Fall entsprechend. Auch für das gesetzlich vorausgesetzte "Unterstützen" des Betreibers der elektronischen Schnittstelle (dazu Rz. 16ff.) und die Ausschlusstatbestände (dazu Rz. 22) gelten die Ausführungen zu § 3 Abs. 3a S. 1 UStG.

 

Rz. 35

Die Vorschrift basiert auf Art. 14a Abs. 1 MwStSystRL: "Steuerpflichtige, die Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, beispielsweise eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, unterstützen, werden behandelt, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten."

 

Rz. 36

Checkliste für die Prüfung der Voraussetzungen von § 3 Abs. 3a S. 2 UStG:

  1. Fernverkauf nach § 3 Abs. 3a S. 4 UStG (dazu auch Rz. 53ff.):

    a) Lieferung eines Gegenstands (einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist)

    b) der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet

    c) an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird

  2. Erwerber nach § 3 Abs. 3a S. 5 UStG (dazu auch Rz. 57ff.)

    a) Empfänger nach § 3a Abs. 5. 1 UStG oder

    b) Empfänger nach § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG, der weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet hat

  3. Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR
  4. Unterstützung (dazu auch Rz. 46ff.) durch eine elektronische Schnittstelle (dazu auch Rz. 43ff.) eines anderen Unternehmers (Betreiber)
  5. Keine Anwendung nach § 3 Abs. 3a S. 6 UStG auf die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.
 

Rz. 37

Als Rechtsfolge greift durch den Verweis auf Satz 1 ("dies gilt auch in den Fällen ...") die Fiktion des Reihengeschäfts (Rz. 18ff.) Außerdem gelten die Anforderungen für das "Unterstützen" des Betreibers der elektronischen Schnittstelle (dazu Rz. 16ff.) sowie die Ausschlusstatbestände (dazu Rz. 22) auch in diesem Fall mit gleichen Voraussetzungen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Ein im Drittland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Elektronikzubehör (Sachwert unter 150 EUR) an eine im Inland ansässige Privatperson. Die Ware wird von H aus einem Lager im Drittland an den Wohnsitz der Privatperson versendet. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle, welcher im Inland ansässig ist und das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG nutzt.

Lösung:

  • Nach § 3 Abs. 3a S. 2 UStG werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die im Inland ansässige Privatperson fingiert.
  • Die Einfuhr der Waren ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei.
  • Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6b UStG der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle zugeordnet.
  • Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist nach § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar.
  • Die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson ist im Inland nach § 3c Abs. 3 S. 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig.
  • Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle erklärt diesen Umsatz im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG.[1]
 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Ein im Inland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Elektronikzubehör (Sachwert unter 150 EUR) an eine im Inland ansässige Privatperson. Die Ware wird aus einem Lager im Drittland an den Wohnsitz der Privatperson versendet. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle, welcher das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG nutzt.

Lösung:

  • Nach § 3 Abs. 3a S. 2 UStG werden eine Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle und eine Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die im Inland ansässige Privatperson fingiert.
  • Die Einfuhr der Ware ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei.
  • Die Warenbewegung wird nach § 3 Abs. 6b UStG der Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle zugeordnet.
  • Die Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist daher nach § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar.
  • Die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die Privatperson ist im Inland nach § 3c Abs. 3 ...

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