Erfolgen Fernverkäufe von aus dem Drittland eingeführten Gegenständen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR[1]

  • an Nichtunternehmer oder
  • an die in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannten sog. opaken Unternehmer (mit nur steuerfreien, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen z. B. Heilberufler § 4 Nr. 14 UStG, Kleinunternehmer nach § 19 UStG, pauschalierende Land- und Forstwirte nach § 24 UStG und juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht für das Unternehmen erwerben), die weder die Erwerbsschwelle überschreiten noch auf ihre Anwendung verzichtet haben[2],

wird nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG ein fiktives Reihengeschäft angenommen.

Ein Fernverkauf i. S. d. § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG setzt voraus, dass der Gegenstand der Lieferung aus dem Drittland an einen Erwerber in einem EU-Mitgliedstaat durch den Lieferer oder für dessen Rechnung befördert oder versendet wird oder dass der Lieferer an der Beförderung oder Versendung indirekt beteiligt ist. Die (nicht bewegten) Lieferungen von Gas, Elektrizität, Wärme und Kälte sind vom Begriff des Fernverkaufs i. S. d. § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG nicht erfasst. Diese Lieferkettenfiktion gilt unabhängig von der Ansässigkeit des liefernden Unternehmers.[3]

Die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittland mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei, wenn die nachfolgende Umsatzsteuer im besonderen Besteuerungsverfahrens nach § 18k UStG zu erklären ist und in der Anmeldung zur Überlassung in den freien Verkehr die von einem EU-Mitgliedstaat erteilte individuelle USt-IdNr. des Lieferers oder dessen in seinem Auftrag handelnden Vertreters benannt wird.[4]

 
Praxis-Beispiel

Einfuhr aus Drittland mit Lieferung an deutsche Privatperson

a) Ein in Südkorea ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör (Sachwert: 50 EUR) an eine im Inland ansässige Privatperson. Die Ware wird von H aus einem Lager in Südkorea an den Wohnsitz der Privatperson versendet.

b) Ein im Inland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyzubehör (Sachwert: 50 EUR) an eine im Inland ansässige Privatperson. Die Ware wird aus einem Lager in der Schweiz an den Wohnsitz der Privatperson versendet.

Sowohl bei a) als auch bei b) erfolgt die Zollanmeldung in Deutschland durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle, welcher das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG in Anspruch nimmt.

In beiden Fällen ist die Einfuhr der Ware an der Grenze selbst nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei.

Es erfolgen in beiden Fällen – unabhängig von der Ansässigkeit des Lieferers – jeweils folgende fingierte Lieferungen im Reihengeschäft[5]:

Der Lieferung des H an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle wird die Warenbewegung nach § 3 Abs. 6b UStG zugeschrieben, sie ist daher nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar.

Die (fiktive) Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an die im Inland ansässige Privatperson ist im Inland nach § 3c Abs. 3 Satz 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle hat diesen Umsatz im besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG zu erklären ().[6]

Erfolgt die Einfuhr mit nachfolgender Lieferung an eine EU-Privatperson über zwei Händler im Rahmen eines Reihengeschäfts, wird die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an den Erwerber als die bewegte Lieferung behandelt. Insoweit geht § 3 Abs. 6b UStG als speziellere Vorschrift der Regelung des § 3 Abs. 6a UStG vor.[7]

 
Praxis-Beispiel

Einfuhr aus Drittland für höchstens 150 EUR: Händler 1 liefert an Händler 2 und dieser an die EU-Privatperson im Rahmen eines Reihengeschäfts

Eine in Italien ansässige Privatperson K bestellt Handyzubehör (Sachwert: 50 EUR) bei dem im Inland ansässigen Händler D über die elektronische Schnittstelle des im Inland ansässigen Betreibers B. D bestellt die Ware seinerseits bei dem in Südkorea ansässigen Händler H. H versendet die Ware direkt an K. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Spediteur S in indirekter Vertretung des H.

Händler H/Südkorea -> Händler D/Deutschland -> Privatperson K/Italien über die elektronische Schnittstelle B

Nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG werden folgende Lieferungen fingiert:

Lieferung D an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle B: diese ist als sog. ruhende Lieferungen gem. § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar.

Lieferung Betreiber der elektronischen Schnittstelle B an die in Italien ansässige Privatperson K: § 3 Abs. 6b UStG als speziellere Vorschrift geht der Regelung des § 3 Abs. 6a UStG vor. Die Warenbewegung wird daher der Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle B zugeschrieben. Deren (Besteuerungs-)Ort liegt nach § 3c Abs. 2 UStG in Italien.

Außerdem liegt eine Lieferung von H an D vor. Diese ist als sog. ruhende Lieferung gem. § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar.

 
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