Rz. 16

Nach § 3 Abs. 3a S. 1 UStG werden Unternehmer, die Lieferungen von Gegenständen durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle unterstützen, so behandelt, als hätten sie selbst die Lieferungen erhalten und geliefert. Damit wird eine Lieferung des liefernden Unternehmers an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle sowie eine Lieferung des Betreibers an den Endkunden fingiert.[1].

 

Rz. 17

Die Vorschrift basiert auf Art. 14a Abs. 2 MwStSystRL: "Steuerpflichtige, die die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen an eine nicht steuerpflichtige Person durch die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle, bspw. eines Marktplatzes, einer Plattform, eines Portals oder Ähnlichem, unterstützen, werden behandelt, als ob sie diese Gegenstände selbst erhalten und geliefert hätten."

 

Rz. 18

Der Anwendungsbereich von § 3 Abs. 3a S. 1 UStG bezieht sich nur auf Lieferungen, die im Gemeinschaftsgebiet beginnen und enden. Deshalb sind sowohl inländische als auch grenzüberschreitende Lieferungen innerhalb der EU betroffen. Erfasst sind nur Lieferungen die von Drittlands-Unternehmern, d. h. von Unternehmern ohne Ansässigkeit oder Betriebsstätte in der EU, getätigt werden. Lieferungen von in der EU ansässigen Unternehmern werden nicht von dieser Fiktion des Reihengeschäfts erfasst.

 

Rz. 19

Aus § 3 Abs. 6a UStG ergibt sich, dass im Rahmen dieses fingierten Reihengeschäfts die Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle an den Abnehmer die bewegte Lieferung ist, weshalb die fingierte Lieferung des Unternehmers aus dem Drittland an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle eine ruhende Lieferung ist.

 
Wichtig

Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle (B) wird beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 3 Abs. 3a UStG fiktiv so gestellt, als ob er die Lieferung des über seine elektronische Schnittstelle tätigen Unternehmers (U) selbst erhalten und als ob er diese Lieferung selbst an den Kunden des Unternehmers (K) ausgeführt hätte. Damit wird ein Reihengeschäft mit zwei Lieferungen U -> B -> K fingiert.

 

Rz. 20

Checkliste für die Prüfung der Voraussetzungen von § 3 Abs. 3a S. 1 UStG:

  1. Lieferung durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer (Drittlands-Unternehmer)
  2. Empfänger erfüllt die Voraussetzungen nach § 3a Abs. 5 S. 1 UStG (Endverbraucher)
  3. Beginn und Ende der Beförderung liegen im Gemeinschaftsgebiet (Warenlager innerhalb des Gemeinschaftsgebiets)
  4. Unterstützung (dazu auch Rz. 46ff.) durch eine elektronische Schnittstelle (dazu auch Rz. 42ff.) eines anderen Unternehmers (Betreiber)
 

Rz. 21

Für die Anwendung von § 3 Abs. 3a S. 1 UStG kommt es auf eine Ansässigkeit des über die elektronische Schnittstelle verkaufenden Unternehmers (Onlinehändler) außerhalb des Gemeinschaftsgebiets an. Im Gegensatz dazu ist die Ansässigkeit des Betreibers der elektronischen Schnittstelle unerheblich; er kann innerhalb oder außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässig sein.

 

Rz. 22

Das bloße Vorhalten einer elektronischen Schnittstelle ist für § 3 Abs. 3a S. 1 UStG nicht ausreichend; erforderlich ist vielmehr ein Unterstützen der Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle. Ein Unternehmer (Betreiber der elektronischen Schnittstelle) unterstützt eine Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 3a S. 1 UStG oder einen Fernverkauf i. S. d. § 3 Abs. 3a S. 2 UStG unter den Voraussetzungen des Art. 54b der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15.3.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 77 v. 23.3.2011, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/2026 des Rates vom 21.11.2019 (ABl. L 313 v. 4.12.2019, S. 14).[2] Danach ist unter dem Begriff "Unterstützen" die Nutzung einer elektronischen Schnittstelle zu verstehen, um es einem Erwerber und einem Lieferer, der über eine elektronische Schnittstelle Dienstleistungen oder Gegenstände zum Verkauf anbietet, zu ermöglichen, in Kontakt zu treten, woraus eine Erbringung von Dienstleistungen oder eine Lieferung von Gegenständen über die elektronische Schnittstelle resultiert. Diese Regelung wurde einschließlich der weiteren Voraussetzungen mit redaktionellen Anpassungen in § 25e Abs. 6 UStG i. d. F. ab dem 1.7.2021 übernommen. Deshalb sind die dortigen gesetzlichen Regelungen auch für den durch § 3 Abs. 3a UStG verwendeten Begriff "Unterstützen" anzuwenden (siehe dortige Kommentierung § 25e Rz. 62b ff.).

 

Rz. 23

Das Unterstützen durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist für jede Lieferung gesondert zu prüfen; aus anderen Lieferungen kann nicht auf das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen nach § 3 Abs. 3a UStG geschlussfolgert werden. Auf eigenständige Liefergeschäfte des Schnittstellenbetreibers ist die Vorschrift nicht anwendbar.[3]

 

Rz. 24

Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle schuldet in bestimmten Fällen aufgrund der Regelungen der MwStVO nicht die Umsatzste...

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