Rz. 74

Mit der durch das Gesetz v. 2.11.2015[1] mWv 1.1.2016 eingeführten Regelung des § 27 Abs. 22 UStG und der Streichung des § 2 Abs. 3 UStG wurden bestimmte Fragen zum Anwendungszeitraum im Zusammenhang mit der zum 1.1.2017 neu geregelten Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) in dem damals neu eingeführten § 2b UStG festgelegt.[2] Nach der Regelung des § 27 Abs. 22 UStG (S. 1 und 2) war der aufgehobene § 2 Abs. 3 in der am 31.12.2015 geltenden Fassung auf Umsätze, die nach dem 31.12.2015 und vor dem 1.1.2017 ausgeführt wurden, weiterhin anzuwenden. Dagegen war der neu eingeführte § 2b UStG – in der am 1.1.2016 geltenden Fassung – auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 ausgeführt wurden. Anders (einfach) ausgedrückt wurde hier die Geltung der bestehenden (alten) Regelung des § 2 Abs. 3 UStG durchgängig (zunächst) bis Ende des Jahres 2016 ausgedehnt, was schon damals als durchaus großzügige Übergangsregelung bezeichnet werden konnte. Diese Übergangsregelung wurde durch § 27 Abs. 22a UStG dann bis zum 31.12.2022 und dann nochmals bis zum 31.12.2024 verlängert (Rz. 76a ff.).

 

Rz. 75

Der Regelungsinhalt des § 27 Abs. 22 UStG geht aber über eine reine Übergangsregelung hinaus, denn hier findet sich zudem ein Wahlrecht für die Folgejahre. Für den Zeitraum nach dem 31.12.2016 konnte die jPöR dem FA gegenüber spätestens bis zum 31.12.2016 einmalig erklären – es handelte sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist –[3], dass sie § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Eine Beschränkung dieser Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen war dabei nicht zulässig. Diese Erklärung konnte also letztmals bis zum 31.12.2016 abgegeben werden, richtigerweise wohl aus Nachweisgründen bis zum letzten vorhergehenden Werktag. Sie konnte nur mWv Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres widerrufen werden. Der Gesetzgeber überließ es hiermit den jPöR für eine lange Übergangszeit selbst zu bestimmen, welche gesetzliche Regelung sie anwenden wollten. Durch diese lange Übergangsfrist sollte den jPöR Zeit zur Umstellung eingeräumt werden.[4] Letztlich ist der Übergang zum neuen § 2b UStG aber für alle jPöR unausweichlich, sodass es m. E. zumeist nur wenig Sinn macht, die Umstellung bis zum letzten möglichen Zeitpunkt hinauszuschieben.

 

Rz. 75a

In ihrer praktischen Anwendung kann diese Regelung u. U. deshalb Schwierigkeiten aufwerfen[5], weil hier nicht immer klar ist, gegenüber welchem FA die juristischen Personen des öffentlichen Rechts die entsprechenden Erklärungen abzugeben haben. Bei Städten und Landkreisen mag das örtlich zuständige FA noch eindeutig feststellbar sein, das sieht aber bei Bundesländern oder der Bundesrepublik Deutschland anders aus.[6] Tatsächlich dürfte aber auch hier auf den zentralen Verwaltungssitz der betreffenden Körperschaft abzustellen sein.[7]

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der neuen Regelung des § 2b UStG ist auf die einschlägigen Kommentierungen mit Hinweisen auf das umfangreiche Schrifttum zu verweisen.

 

Rz. 76

MWv 1.1.2021 wurde durch Art. 12 des JStG 2020[8] ein neuer Satz 7 in die Regelung des § 27 Abs. 22 UStG eingeführt. Danach waren § 18 Abs. 4f und 4g UStG erstmals auf Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nicht der Erklärung nach Satz 3 unterlagen. Hintergrund dieser Regelung war die gleichfalls durch das JStG 2020 geschaffene Möglichkeit, dass Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder selbstständig alle (umsatz-)steuerlichen Rechte und Pflichten bestimmter Bereiche dieser Gebietskörperschaften ausüben können. Diese Regelung sollte aber nur anwendbar sein, soweit die Gebietskörperschaften nicht mehr von der Optionserklärung nach § 27 Abs. 22 S. 3 UStG Gebrauch machen können.[9] Die Möglichkeit des Auftretens als eigener Steuerpflichtiger durch die Organisationseinheiten, die Abs. 4f und 4g des § 18 UStG bieten, kann demnach nur von Organisationseinheiten der Gebietskörperschaft Bund und Länder unter der Neuregelung des § 2b UStG in Anspruch genommen werden.

[1] BGBl I 2014, 2417.
[2] Vgl. dazu Sterzinger, UR 2016, 1 unter Tz. VI und in DStR 2016, 2941 sowie ausführlich Widmann, UR 2016, 13.
[3] Vgl. Sterzinger, DStR 2016, 2941.
[4] Vgl. nur Sterzinger, DStR 2016, 2941.
[5] Widmann, MwStR 2015, 883.
[6] Vgl. dazu Widmann, MwStR 2015, 883 unter Rz. 3.3.
[7] Sterzinger, DStR 2016, 2941.
[8] BGBl I 2020, 3096.
[9] So auch in der Gesetzesbegründung in der BT-Drs. 19/22850, 124.

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