Rz. 46

Unter Landwirtschaft versteht man die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren (Urproduktion) und die Verwertung der dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse.[1] Hierzu rechnet der Ackerbau, also die Erzeugung von Kulturpflanzen (z. B. Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben) auf dafür bearbeiteten Äckern. Nach Anhang VII Nr. 1 Buchst. a MwStSystRL handelt es sich beim Ackerbau um eine der Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL. S. Rz. 171 zu Erzeugnissen des Ackerbaus. Bodennutzung i. d. S. kann auch vorliegen, wenn landwirtschaftliche Erzeugnisse vor der Ernte geliefert werden.[2] Zur Landwirtschaft gehören nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG außerdem die folgenden Formen der Bodennutzung (s. zu sonstigen landwirtschaftlichen Betrieben nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG außer der Tierzucht und -haltung außerdem Rz. 69ff.):

 

Rz. 47

Weinbau ist die Erzeugung von Weintrauben durch Bodenbewirtschaftung (Kultivierung von Weinreben) und die Verarbeitung der Trauben zu Most und Wein.[3] § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 1 Buchst. a MwStSystRL um. Der Weinbaubetrieb umfasst auch den Anbau von Reben zur Gewinnung von Unterlagsholz (Rebmuttergarten) und die Anzucht von Pflanzreben (Rebschulen) für den eigenen Betrieb. Dagegen rechnet die Erzeugung von Tafeltrauben zum Obstbau (Rz. 49). S. Rz. 172 zu Erzeugnissen des Weinbaus.

 

Rz. 48

Gartenbau i. d. S. ist der Anbau von Blumen und Zierpflanzen im Freiland oder in Gewächshäusern.[4] § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 1 Buchst. b MwStSystRL um. Nach der Entscheidung des Niedersächsischen FG v. 14.6.1971[5] verstößt die ungleiche Behandlung des Verkaufs von Blumen und Pflanzen durch landwirtschaftliche Gartenbaubetriebe bzw. durch nichtlandwirtschaftliche Gärtnereien nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. S. Rz. 173 zu Erzeugnissen des Gartenbaus.

 

Rz. 49

Obst- und Gemüsebau ist der feld- oder gartenmäßige Anbau von Obst und Gemüse.[6] Der Anbau kann auch in Gewächshäusern erfolgen. § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 1 Buchst. b MwStSystRL um; danach rechnen bei richtlinienkonformer Auslegung auch Oliven zum Obst i. d. S. S. Rz. 174 zu Erzeugnissen des Obst- und Gemüsebaus.

 

Rz. 50

Baumschulen dienen der Gewinnung von Baumschulkulturen, also Pflanzen und Pflanzenteilen besonderer Art, z. B. Bäumen, Büschen, Sträuchern, Bodenbedeckern oder Gehölzen.[7] Hierzu rechnet auch die Kultivierung in Containern. § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 1 Buchst. d MwStSystRL um. S. Rz. 175 zu Erzeugnissen von Baumschulen.

 

Rz. 51

Übrige Formen der Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen mithilfe der Naturkräfte sind z. B. der Weiden-, Hopfen-, Spargel- und Tabakanbau, die Pilzzucht (u. a. Champignonzucht in Kellern und Trüffelanbau auf Plantagen), der Gewürz- und Heilkräuteranbau, die (übrige) Pflanzenzucht in Gewächshäusern, die Zucht neuer Pflanzen und die Keimsprossenkultur. Auch die Reetgewinnung gehört hierzu.[8] § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 1 Buchst. b und c MwStSystRL um (Rz. 45). Botanische und Zoologische Gärten fallen dagegen nicht hierunter. Auch die Torfgewinnung und -verwertung zählt nicht zur Landwirtschaft i. d. S., weil dabei keine lebenden Pflanzen erzeugt werden, sondern zersetzte Pflanzenreste und mithin keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse abgebaut werden[9], vgl. aber Rz. 84ff. S. Rz. 176 zu Erzeugnissen der übrigen Gewinnung von Pflanzen und Pflanzenteilen mithilfe der Naturkräfte.

[2] FG Düsseldorf v. 20.4.1993, 8 K 250/89 U, EFG 1993, 814.
[5] Niedersächsisches FG v. 14.6.1971, V 98/68, UR 1971, 302.
[6] S. z. B. Niedersächsisches FG v. 6.6.1989, I 383/84, EFG 1989, 558, zum Anbau von Kohl und Niedersächsisches FG v. 8.7.2003, 1 K 341/00, EFG 2003, 1760, zum Anbau von Möhren.
[8] Schleswig-Holsteinisches FG v. 18.3.1992, IV 504/90, EFG 1993, 351.

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