Rz. 69

Neben den in Rz. 46ff. genannten Formen der Bodennutzung gehören zu den landwirtschaftlichen Betrieben nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG auch die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und die Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei und die Saatzucht, wenngleich die Naturkräfte hier teilweise in geringerem Maße genutzt werden als bei der Bodennutzung.

 

Rz. 70

Binnenfischerei ist der Fischfang in eigenen oder gepachteten Binnengewässern wie Seen, Bächen, Flüssen usw., also in Süßwasser. § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG setzt insoweit Anhang VII Nr. 4 Buchst. a MwStSystRL um. Die Hochsee- und Küstenfischerei fällt mithin nicht hierunter. Nicht eindeutig ist, ob vom offenen Meer abgetrennte Salz- und Brackwasserbereiche – wie z. B. die Schlei und die Bodden an der Ostseeküste – Binnengewässer im o. g. Sinne sind; der geringe Salzgehalt dieser Gewässer spricht für eine Einordnung als Binnengewässer. S. zu Erzeugnissen der Binnenfischerei Rz. 178.

 

Rz. 71

Teichwirtschaft ist die Bewirtschaftung von Teichen zur Zucht und Produktion von Speisefischen (insbesondere Karpfen und Forellen) samt aller vorgeschalteten Produktionsstufen wie z. B. der Produktion von Futterfischen für Speisefische und der Aufzucht von Besatzfischen (Setzlingen).[1] Die Frage, ob hierzu auch die Erzeugung von Speisefischen in künstlichen Behältern gehört, wird vom Niedersächsischen FG[2] betreffend die Aalmast in Betonbecken bejaht, während sie der BFH in seiner Entscheidung v. 31.7.1995[3] noch offen gelassen hatte. Insofern dürfte auch in Fischweihern oder Stahlbehältern eine Teichwirtschaft i. S. d. Norm möglich sein.[4] S. zu Erzeugnissen der Teichwirtschaft Rz. 179

Nicht hierunter fällt bei einer engen, an der menschlichen Ernährung ausgerichteten Auslegung die Zucht von Tropen- und Zierfischen, auch wenn diese in Teichen erfolgt.[5] Dieser Begriff der Teichwirtschaft und die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft (Rz. 72) setzen den Begriff der Fischzucht nach Anhang VII Nr. 4 Buchst. b MwStSystRL als landwirtschaftlicher Erzeugertätigkeit i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL im nationalen Recht um.

 

Rz. 72

Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft ist gegeben, wenn Fische gezüchtet werden, die ihrerseits der Binnenfischerei oder der Teichwirtschaft nützen.[6] Hierunter fällt z. B. die Zucht von Köderfischen für die Binnenfischerei oder von Jungfischen oder Futterfischen für die Erzeugung von Speisefischen in Teichen (Abschn. 24.1 Abs. 2 S. 3 UStAE). Diese Fischzucht kann in Teichen oder Weihern, aber auch in künstlichen Behältern erfolgen. Hierzu rechnet auch die Aufzucht von Fischen, die als Testfische für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft – z. B. in Kläranlagen – eingesetzt werden. S. zu Erzeugnissen der Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft Rz. 180.

Nicht hierunter fällt dagegen die Aufzucht von Köderfischen, die ihrer Art nach zum Angeln im Rahmen der Sportfischerei eingesetzt werden, soweit diese nicht zur Gewinnung von Speisefischen dient. Auch die Aufzucht von Testfischen, die im Rahmen der Trinkwassergewinnung eingesetzt werden, fällt nicht hierunter (s. außerdem zur Zucht von Tropen- und Zierfischen Rz. 71). Neben der Teichwirtschaft (Rz. 71) liegt in der Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft die Umsetzung von Anhang VII Nr. 4 Buchst. b MwStSystRL in das nationale Recht.

 

Rz. 73

Imkerei ist die Haltung von Bienenvölkern zur Gewinnung von Honig und weiteren Bienenprodukten sowie die Vermehrung oder Zucht von Bienen.[7] Hierzu rechnet auch noch die Spezialimkerei, also die Königinnenzucht und die Bienenhaltung zu pharmazeutischen Zwecken. Anhang VII Nr. 2 Buchst. d MwStSystRL nennt die Imkerei ausdrücklich als landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL. S. zu Erzeugnissen der Imkerei Rz. 181.

 

Rz. 74

Wanderschäferei ist die Behütung, Zucht und Verwertung von Schafen, die unter ständiger Aufsicht eines Schäfers zumeist in Großherden gehalten werden, wobei bei häufigem Standortwechsel überwiegend fremde Flächen zur Beweidung genutzt werden.[8] Mit der Einbeziehung der Wanderschäferei in den Begriff der Land- und Forstwirtschaft nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG liegt eine Abweichung gegenüber Anhang VII Nr. 2 MwStSystRL vor, wonach die Tierhaltung nur i. V. m. der Bodenbewirtschaftung zur Land- und Forstwirtschaft rechnet (Rz. 52). Anders als etwa die Imkerei (Rz. 73) ist die Wanderschäferei in Anhang VII MwStSystRL auch nicht ausdrücklich als landwirtschaftliche Erzeugertätigkeit genannt. Diese Abweichung wird mit der Verkehrsanschauung hinsichtlich des Begriffs der Landwirtschaft sowie dem Zweck der Versorgung der Bevölkerung (mit Wolle und Fleisch) begründet.[9] Daraus, dass das Gesetz die Wanderschäferei ausdrücklich als landwirtschaftlichen Betrieb nennt, folgt, dass hierunter alle Formen der Beweidung fremder Flächen mit Schafen fallen.[10] Da kein Zusammenhang mit selbst bewirt...

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