Leitsatz (amtlich)

1. Betreibt ein Unternehmer einerseits eine Baumschule und erbringt er andererseits für eine Stadt landschaftspflegerische Leistungen, so ist zunächst zu prüfen, ob zwei getrennt zu beurteilende Betriebe gegeben sind oder ob ein einheitlicher Betrieb vorliegt.

2. Beim Vorliegen eines einheitlichen Betriebes ist weiter zu prüfen, ob ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb (Baumschule) mit einem gewerblichen Nebenbetrieb (Landschaftspflege) oder umgekehrt gegeben ist, wofür es darauf ankommt, welcher Unternehmensteil dem Unternehmen insgesamt das Gepräge gibt.

 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 1-2; UStG 1967 § 24 Abs. 1; UStG 1973 § 24 Abs. 1; UStG 1967 § 24 Abs. 2; UStG 1973 § 24 Abs. 2; UStG 1980 § 24 Abs. 1-2

 

Tatbestand

I. Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) in Gestalt von landschaftspflegerischen Leistungen in den Jahren 1975 bis 1980 (Streitjahre) nach § 24 Abs.1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967/73 bzw. 1980) oder nach den allgemeinen Vorschriften mit dem Regelsteuersatz zu besteuern sind.

Der Kläger betreibt eine Baumschule. Im Frühjahr 1975 übernahm er erstmals landschaftspflegerische Arbeiten für die Stadt X (Rasenmähen, Abräumen von Schnittgras, Heckenschneiden, Bäume beschneiden, Rückschneiden der Bodenbedecker, Abfahren des Schnittholzes, Schädlings- und Unkrautbekämpfung, Entfernen des Laubes). Die Erlöse dieser Leistungen steigerten sich von ... DM im Wirtschaftsjahr 1974/75 auf ... DM im Wirtschaftsjahr 1980/81.

1979 fand beim Kläger eine Außenprüfung statt, welche die Prüfer zu dem Ergebnis kommen ließ, daß der einheitlich geführte Betrieb des Klägers in einen landwirtschaftlichen Betrieb (Baumschule) und einen gewerblichen Betrieb (Garten- und Landschaftspflege) aufzuteilen sei. Zum Zwecke der Umsatzsteuerfestsetzung ordneten die Prüfer die landschaftspflegerischen Leistungen den jeweiligen Kalenderjahren zu, rechneten den Steuersatz von 6 auf 11 v.H. um und ermittelten die Vorsteuer. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte den Feststellungen der Prüfer und erließ einen geänderten Umsatzsteuersammelbescheid 1975 bis 1977. Außerdem setzte das FA mit Umsatzsteuerbescheid 1978 die Umsatzsteuer fest. Die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide blieben ohne Erfolg. Hiergegen erhob der Kläger Klage.

Aufgrund einer weiteren Außenprüfung im Jahre 1983 erließ das FA einen Umsatzsteuersammelbescheid 1978 bis 1980, mit dem die Umsatzsteuer 1978 herabgesetzt und die Umsatzsteuer 1979 und 1980 heraufgesetzt worden ist.

Soweit der Sammelbescheid das Jahr 1978 betrifft, machte der Kläger ihn zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Wegen der Jahre 1979 und 1980 erhob der Kläger mit rechtzeitiger Zustimmung des FA Sprungklage.

Die vom Finanzgericht (FG) verbundenen Klagen wurden abgewiesen. Zur Begründung führte das FG aus, die in landschaftspflegerischen Leistungen bestehenden Umsätze des Klägers seien nicht nach § 24 Abs.1 UStG 1967/73 bzw. 1980, sondern als gewerbliche Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.

Zu den in § 24 Abs.2 UStG 1967/73 bzw. 1980 genannten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (u.a. Baumschule) gehörten zwar auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt seien (§ 24 Abs.2 Satz 2 UStG 1967/73 bzw. 1980). Da das Umsatzsteuerrecht insoweit auf den Betrieb und damit auf einen ertragsteuerlichen Begriff abstelle und da außerdem die verwendeten Begriffe (Landwirtschaft, landwirtschaftlicher Nebenbetrieb) mit denen des Einkommensteuerrechts (§ 13 Abs.1 und Abs.2 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) übereinstimmten, seien insoweit im Umsatzsteuer- wie im Einkommensteuerrecht die gleichen Beurteilungsgrundsätze und Abgrenzungskriterien maßgebend. Hiernach komme eine steuerlich einheitliche Beurteilung nur bei gemischt gewerblicher und landwirtschaftlicher Tätigkeit in Betracht, d.h., wenn eine funktionelle Trennung der Tätigkeitsarten im Hinblick auf die einander bedingenden und voneinander abhängigen Leistungen nicht möglich sei (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.Februar 1976 VIII R 15/73, BFHE 118, 568, BStBl II 1976, 492 --Friedhofsgärtnerei--).

Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben; denn im Unterschied zu den Fällen, in denen ausschließlich oder ganz überwiegend einheitliche Leistungen erbracht würden, die sowohl Merkmale einer landwirtschaftlichen als auch einer gewerblichen Tätigkeit aufwiesen (z.B. Friedhofsgärtnerei, die Grabpflegearbeiten mit selbstgezogenen Pflanzen ausführt), seien die beiden Tätigkeitsbereiche des Klägers ohne weiteres voneinander zu trennen. Sie bildeten keine funktionelle Einheit. Die gewerbliche Tätigkeit des Klägers (landschaftspflegerische Leistungen) und die landwirtschaftliche Betätigung (Baumschule) würden nebeneinander aufgrund von unterschiedlichen (eigenständigen) Aufträgen ausgeführt. Es handle sich insoweit um nach Art und Inhalt völlig unterschiedliche Umsätze. Hieran ändere sich nichts dadurch, daß der Kläger durch die Ausführung der landschaftspflegerischen Arbeiten die Möglichkeit erhalte, die für seine Baumschule (Aufzucht von Bodenbedeckern) benötigten Setzlinge in der erforderlichen Qualität zu gewinnen. Dies sei nicht ausreichend, um den landschaftspflegerischen Leistungen den Charakter einer gewerblichen Betätigung zu nehmen. Nichts Gegenteiliges ergebe sich ferner daraus, daß die Stadt X Hauptabnehmer der vom Kläger gezogenen Bodenbedecker und anderer Pflanzen gewesen sei. Eine hierauf gestützte Annahme dahin, daß die gewerbliche Tätigkeit eine bloß dienende Funktion im Sinne des § 24 Abs.2 Satz 2 UStG 1967/73 bzw. 1980 gehabt habe, verbiete sich mit Rücksicht auf die Umsatz- und Einnahmeverhältnisse. Im übrigen würde die Annahme eines Nebenbetriebs im Sinne des § 24 Abs.2 Satz 2 UStG 1967/73 bzw. 1980 allenfalls nur insoweit in Betracht kommen, als die landschaftspflegerischen Leistungen die Anpflanzung von Bodenbedeckern zum Gegenstand hätten.

Die gewerbliche Betätigung des Klägers hätte deshalb nur dann noch zu Umsätzen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb führen können, wenn die gewerblichen Leistungen nach Art und Umfang im Verhältnis zur Gesamtleistung so unbedeutend wären, daß dadurch das Gesamtbild eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht beeinträchtigt würde, die gewerblichen Leistungen des Klägers also als Nebenleistungen im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes (Baumschule) anzusehen wären. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Mit der Revision beantragt der Kläger, unter Aufhebung der Vorentscheidung die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide ersatzlos aufzuheben. Er rügt Verletzung des § 24 UStG 1967/73 bzw. 1980 sowie von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen und Verletzung von § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung macht er geltend, das FG habe zu Unrecht angenommen, daß er, der Kläger, in den Streitjahren andere Umsätze als solche im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (§ 24 Abs.1 und 2 UStG 1967/73 bzw. 1980) ausgeführt habe und daß diese der Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz unterlägen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es hält die angefochtene Entscheidung für frei von Rechtsfehlern und auch sonst für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet; sie wird zurückgewiesen (§ 126 Abs.2 FGO). Das FG ist ohne Verstoß gegen revisibles Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Kläger hinsichtlich der landschaftspflegerischen Leistungen nicht die Besteuerung nach § 24 UStG 1967/73 bzw. 1980 zusteht, sondern daß insoweit die allgemeinen Vorschriften des UStG 1967/73 bzw. 1980 zur Anwendung kommen.

1. Land- und Forstwirtschaft ist die planmäßige Nutzung des Bodens und die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse (Urteil in BFHE 118, 568, BStBl II 1976, 492, --unter 2. b aa--). Eine Besteuerung nach Durchschnittsätzen gemäß § 24 UStG 1967/73 bzw. 1980 ist nur für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze vorgesehen (§ 24 Abs.1 Satz 1 UStG 1967/73 bzw. 1980). Als land- und forstwirtschaftliche Betriebe gelten u.a. Baumschulen (§ 24 Abs.2 Satz 1 Nr.1 UStG 1967/73 bzw. 1980). Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind (§ 24 Abs.2 Satz 2 UStG 1967/73 bzw. 1980).

a) Treten Zweifel auf, ob und inwieweit ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, so ist nach den Grundsätzen zu entscheiden, die auch für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer maßgebend sind (vgl. BFH-Urteile vom 16.Dezember 1976 V R 107/73, BFHE 121, 106, BStBl II 1977, 273, unter 1.; vom 13.März 1987 V R 55/77, BFHE 149, 288, BStBl II 1987, 467, unter II. 1. a; vom 31.Juli 1987 V R 25/79, BFHE 150, 549, BStBl II 1987, 870, unter 2. a, und BFH-Beschluß vom 28.Juli 1987 V B 68/86, BFH/NV 1988, 198, unter 4. a). Die Möglichkeit, im Umsatzsteuerrecht ertragsteuerrechtliche Grundsätze zu übernehmen, beruht vor allem darauf, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 Abs.2 UStG 1973/80 denen des § 13 Abs.1 und Abs.2 Nr.1 EStG weitestgehend entsprechen.

b) Nach den ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen können bei teils gewerblicher und teils landwirtschaftlicher Betätigung einer natürlichen Person folgende Beurteilungsergebnisse gerechtfertigt sein (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 7.Aufl., § 15 Anm.24; siehe auch BFH-Urteil vom 16.Juli 1987 V R 22/78, BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83, --unter 1. b--): Findet die Betätigung teils im Rahmen eines Gewerbebetriebes und teils in einem landwirtschaftlichen Betrieb statt, ohne daß zwischen den beiden Betrieben wirtschaftliche Beziehungen bestehen, so sind der Gewerbebetrieb einerseits und der landwirtschaftliche Betrieb andererseits ertragsteuerrechtlich getrennt zu beurteilen. Beim Vorhandensein wirtschaftlicher Verbindungen zwischen beiden Betrieben ist ebenfalls eine getrennte ertragsteuerrechtliche Beurteilung geboten, wenn die Verbindung zwischen den beiden Betrieben nur zufällig, vorübergehend und ohne Nachteile für das Gesamtunternehmen lösbar ist. Geht die wirtschaftliche Verbindung zwischen den beiden Betrieben über das soeben genannte Maß hinaus und ist sie planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollt, so daß die eine Art der Betätigung der anderen zu dienen bestimmt ist und die Betätigung insgesamt auch nach der Verkehrsauffassung als Einheit erscheint, so liegt ein einheitlicher Betrieb vor. Dieser kann entweder einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem gewerblichen Nebenbetrieb darstellen, der insgesamt als einheitlicher landwirtschaftlicher Betrieb zu würdigen ist, oder einen gewerblichen Betrieb mit einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb, der insgesamt als einheitlicher Gewerbebetrieb anzusehen ist. Ob ersteres oder letzteres zutrifft, hängt davon ab, ob die landwirtschaftliche oder die gewerbliche Betätigung dem einheitlichen Betrieb das Gepräge gibt (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83, --unter 1. b--, und BFH-Beschluß in BFH/NV 1988, 198, unter 4. a). Maßgebend sind hierbei die Verhältnisse mehrerer Jahre.

2. Das FG ist zu Recht von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat unter Hinweis auf das BFH-Urteil in BFHE 118, 568, BStBl II 1976, 492 die Frage geprüft und verneint, ob beim Kläger die mit dem Betrieb der Baumschule verbundenen Leistungen sowie die landschaftspflegerischen Leistungen umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu beurteilen sind. Hierbei hat das FG seine Erwägungen zutreffend auf den Funktionszusammenhang und die Möglichkeit einer Trennung abgestellt. Dies hält sich im Einklang mit der ständigen BFH-Rechtsprechung. Auch der erkennende Senat hat zuletzt in seinem Urteil in BFHE 151, 204, BStBl II 1988, 83 (unter 1. b) und in seinem Beschluß in BFH/NV 1988, 198 (unter 4. a) entschieden, daß mehrere Betriebsteile eines Steuerpflichtigen nur dann als einheitlicher Betrieb zu beurteilen seien, wenn sie eng miteinander verwoben sind oder einander bedingen oder die verschiedenen Tätigkeiten wirtschaftlich zusammengehören, wenn also nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die verschiedenen Tätigkeiten nicht gegeneinander abgrenzbar sind, so daß sie ihr Eigenleben verlieren.

Das FG hat bei der Würdigung des vorliegenden Falles zutreffend darauf abgestellt, daß die Umsätze mit den Erzeugnissen der Baumschule einerseits und die landschaftspflegerischen Leistungen andererseits vom Kläger nicht "gemischt", sondern nebeneinander erbracht worden sind und überdies aufgrund von jeweils eigenständigen Aufträgen. Das FG hat im vorliegenden Zusammenhang ferner nicht unberücksichtigt gelassen, daß der Kläger durch die landschaftspflegerischen Leistungen die Möglichkeit erhalten hat, die für seine Baumschule (Aufzucht von Bodenbedeckern) benötigten Setzlinge in der erforderlichen Qualität zu gewinnen und somit den Betrieb der Baumschule zu fördern. Daß das FG gleichwohl zu dem Ergebnis gelangt ist, eine solche Verbindung reiche nicht aus, die Annahme eines einheitlichen Betriebes zu rechtfertigen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Für die Würdigung durch das FG spricht vor allem der Umstand, daß die mit den landschaftspflegerischen Leistungen verbundene Möglichkeit, Setzlinge für die Baumschule zu gewinnen, nicht auf einer gesicherten Grundlage beruhte, sondern damit stand und fiel, daß der Kläger jeweils den nächsten Auftrag für die landschaftspflegerischen Leistungen erhielt.

Das FG hat allerdings im Anschluß an die Verneinung der einheitlichen Beurteilung --rechtsirrtümlich-- weiter in Betracht gezogen, daß die gewerbliche Betätigung des Klägers dennoch ein Nebenbetrieb im Sinne des § 24 Abs.2 Satz 2 UStG 1967/73 bzw. 1980 sein könnte. Dies widerspricht den bereits dargestellten ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen (siehe oben unter II. 1. b), die auch hier maßgebend sind, nach denen das Vorhandensein eines Nebenbetriebes nur bei bejahter einheitlicher Beurteilung in Betracht kommt. Der aufgezeigte Rechtsirrtum des FG hat den Kläger allerdings nicht in seinen Rechten verletzt, weil es auf die diesbezüglichen Ausführungen des FG letztlich nicht ankommt.

4. Den materiell-rechtlichen Rügen des Klägers muß mithin der Erfolg versagt bleiben. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen können ebenfalls nicht durchschlagen, und zwar mindestens deshalb nicht, weil sie sich auf die --unerheblichen-- Ausführungen des FG zu der Frage des Vorhandenseins eines gewerblichen Nebenbetriebes trotz Verneinung einer einheitlichen Beurteilung (siehe oben unter II. 3.) beziehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62736

BStBl II 1989, 432

BFHE 156, 281

BFHE 1989, 281

BB 1989, 906-906 (L1-2)

DB 1989, 1011-1012 (LT)

DStR 1989, 289 (KT)

HFR 1989, 501 (LT)

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