Rz. 63

Der Nullsteuersatz kann nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG nur auf die Lieferung bzw. die Werklieferung von Fotovoltaikanlagen und deren Komponenten angewendet werden. Die echte Vermietung von Fotovoltaikanlagen stellt keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung dar. Diese Vermietungsleistung des Vermieters an den Betreiber (Mieter der Anlage) unterliegt damit als sonstige Leistung in voller Höhe dem allgemeinen Steuersatz von 19 %. Da es sich bei der Vermietung von Fotovoltaikanlagen – auch wenn sie auf dem Dach eines Gebäudes installiert werden – nicht um die Vermietung von Grundstücken handelt, scheidet die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG aus.

 

Rz. 64

Dass die Anwendung des Nullsteuersatzes auf echte Vermietung und echtes Leasing von Fotovoltaikanlagen ausgeschlossen ist, steht in einem gewissen Widerspruch zu dem 14. Erwägungsgrund der EU-Richtlinie v. 5.4.2023.[1]

Der 14. Erwägungsgrund der EU-Richtlinie v. 5.4.2022 hält es im Zusammenhang mit sozialpolitischen Zielen für notwendig, zur Durchsetzung des Grundsatzes der Neutralität der MwSt eine Gleichbehandlung von Vermietung und Leasing mit der Lieferung von Gegenständen herzustellen. Warum diese Gleichbehandlung bei den umwelt- und energiepolitischen Zielen nicht gelten soll, bleibt unklar.[2]

Nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL i. V. m. Anhang III Nr. 10 Buchst. c MwStSystRL i. d. F. der EU-Richtlinie v. 5.4.2022 (Rz. 9) kann allerdings nur bei einer Lieferung der dort genannten Gegenstände der Nullsteuersatz gewährt werden. Dem deutschen Gesetzgeber bliebe daher selbst bei entsprechendem Willen zur Gleichbehandlung von Vermietung und Lieferung kein Raum, den Nullsteuersatz auch auf Vermietungsleistungen auszudehnen, ohne ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 und 259 AEUV zu riskieren.[3]

 

Rz. 65

Die Lieferung bzw. Werklieferung der zur Vermietung vorgesehenen Fotovoltaikanlage vom Händler oder Handwerker an den Vermieter unterliegt ebenfalls in voller Höhe dem allgemeinen Steuersatz von 19 %, weil der Abnehmer (Vermieter) nicht als Betreiber der Anlage anzusehen ist. Betreiber der Anlage ist nämlich der Mieter (Rz. 50). Somit kommt die Anwendung des Nullsteuersatzes in diesem Fall nicht in Betracht. Allerdings kann der Vermieter wegen seiner steuerpflichtigen Vermietungsumsätze die ihm in Rechnung gestellte USt unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG in voller Höhe als Vorsteuer abziehen.

[1] Richtlinie (EU) des Rates v. 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/12/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze, ABl EU 2022 Nr. L 107, 1.
[2] Widmann, MwStR 2023, 3, 7.
[3] Zugmaier/Mateev, DStR 2022, 2337, 2341.

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