Rz. 379

Der innergemeinschaftliche Erwerb muss im Inland ausgeführt werden. Dabei wird über § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nicht festgelegt, wo ein innergemeinschaftlicher Erwerb räumlich ausgeführt wird. Insoweit ist auf die Vorschrift zur Bestimmung des Orts des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d UStG zurückzugreifen. Der Inlandsbegriff ergibt sich dabei aus der Definition des § 1 Abs. 2 UStG. Innergemeinschaftliche Erwerbe in den Gebieten des § 1 Abs. 3 UStG sind grundsätzlich nicht steuerbar, können aber unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 UStG wie ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland behandelt werden.

 

Rz. 380

Der innergemeinschaftliche Erwerb wird nach § 3d S. 1 UStG immer in dem Gebiet des Mitgliedstaats bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Eine konkrete Ortsbestimmung ist dadurch nicht möglich, die Verwirklichung des Steuertatbestands wird lediglich dem Gebiet eines Mitgliedstaats zugewiesen, ohne dass es zu einer genauen geografischen Festlegung kommt.

 

Rz. 381

Zusätzlich (kumulative Regelung) kann es noch zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d S. 2 UStG kommen, wenn der Leistungsempfänger gegenüber dem Lieferer mit einer USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat auftritt, als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befunden hat. Der Erwerb gilt solange (auch) als in diesem Mitgliedstaat bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass er den innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Mitgliedstaat der Besteuerung unterworfen hat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Kann der Nachweis geführt werden, wird der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d S. 2 UStG im Rahmen einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in dem Meldezeitraum rückgängig gemacht, in dem der Nachweis geführt werden kann. Obwohl in diesen Fällen der Gegenstand tatsächlich nicht in das Inland gelangt ist, ist die Voraussetzung "im Inland" i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG erfüllt.

 

Rz. 382

Der Regelung des § 3d S. 2 UStG kommt seit 2010 eine besondere Bedeutung zu, da nach der Rechtsprechung des EuGH[1] ein Vorsteuerabzug grundsätzlich nur in dem Mitgliedstaat möglich ist, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. In dem Mitgliedstaat, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d S. 2 UStG zu besteuern ist, kann die Erwerbsteuer nur über (in Deutschland) § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG rückgängig gemacht werden. Der BFH[2] hat diese Vorgabe auch ohne gesetzliche Festlegung über § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung der Norm für im Inland anwendbar angesehen. Die Finanzverwaltung hatte dies so in Abschn. 15.10 Abs. 2 UStAE übernommen, für alle bis zum 31.12.2011 ausgeführten Umsätze aber nicht beanstandet, dass der Unternehmer zur Rückgängigmachung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG die Besteuerung im Bestimmungsland nach § 3d S. 1 UStG glaubhaft macht.[3] Mittlerweile ist der Vorsteuerabzug gesetzlich in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG auf die Fälle des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d S. 1 UStG beschränkt worden. Einschränkungen können sich aber aus einer Entscheidung des EuGH[4] ergeben, dass es systemwidrig ist, wenn es im Ausgangsmitgliedstaat zu einer besteuerten Leistung des liefernden Unternehmers kommt, der kein Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers gegenüber steht und der Erwerber in diesem Mitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb (ohne Vorsteuerabzugsberechtigung) besteuern muss. Allerdings betraf dies einen Fall, der vor der Umsetzung der sog. Quick Fixes zum 1.1.2020 realisiert wurde. Nachdem die innergemeinschaftliche Lieferung seit dem 1.1.2020 als materiell-rechtliche Voraussetzung die Verwendung der zutreffenden USt-IdNr. des Leistungsempfängers aus einem anderen Mitgliedstaat voraussetzt, hätte der Erwerber ohne gültige ausländische USt-IdNr. zu Recht eine im Ausgangsmitgliedstaat steuerpflichtige Leistung erhalten, für die er die in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abziehen könnte. Insoweit würde dann ab dem 1.1.2020 im wirtschaftlichen Sinn keine Doppelbelastung vorliegen.

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