Leitsatz

1. Die Bestellung von Erbbaurechten an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken und die anschließende Bebauung durch die Berechtigten führt zur Entnahme der Grundstücke, falls die endgültige Nutzungsänderung mehr als 10 % der Gesamtfläche des Betriebs betrifft.

2. Ist die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % überschritten, kommt es für das Vorliegen einer Entnahme regelmäßig nicht auf einen Vergleich der Erträge aus der Vermögensverwaltung und der Land- und Forstwirtschaft oder auf die Anwendung anderer Abgrenzungskriterien an.

 

Normenkette

§ 13 EStG, § 7 Abs. 1 EStDV a.F.

 

Sachverhalt

Die Kläger sind die Erben nach ihrer während des Revisionsverfahrens verstorbenen Mutter IV. IV veräußerte 2012 mehrere landwirtschaftliche Grundstücke. Diese Grundstücke hatte sie im Jahr 2009 von ihrem Ehemann (DV), der als Rechtsanwalt tätig war, geerbt. Zuvor standen die Grundstücke im Eigentum des Vaters von DV, FWV, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führte und 1981 verstarb. Beerbt wurde er von seinem Sohn DV und seinen Enkeln. 1984 setzte sich die Erbengemeinschaft dahingehend auseinander, dass DV den landwirtschaftlichen Grundbesitz erhielt und den Enkeln Erbbaurechtsgrundstücke übertragen wurden. Diese Erbbaugrundstücke gehörten ursprünglich zum landwirtschaftlichen Betrieb des FWV, der die Erbbaurechte an diesen Grundstücken bereits in den 1970er-Jahren bestellt hatte.

Nach der Veräußerung der landwirtschaftlichen Grundstücke durch IV erließ das FA gegenüber IV einen Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung für 2012. Darin stellte das FA einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 14 EStG fest. Der Einspruch der IV blieb ohne Erfolg.

Das FG wies die im Anschluss erhobene Klage ab (FG Münster, Urteil vom 26.4.2018, 6 K 4135/14 F, Haufe-Index 11907699, EFG 2018, 1362).

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Das FG habe zu Recht entschieden, dass IV bei der Veräußerung der streitbefangenen Grundstücke Einkünfte aus LuF erzielt habe.

 

Hinweis

1. Die Grundstücke gehörten ursprünglich zum Betriebsvermögen des von FWV geführten landwirtschaftlichen Eigentumsbetriebs.

2. Diesen Betrieb hat FWV zu Lebzeiten nicht aufgegeben. Denn FWV hat weder eine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben noch sind andere Umstände, Handlungen oder Äußerungen ersichtlich, aus denen erkennbar auf eine Betriebsaufgabe geschlossen werden könnte.

3. Der Betrieb wurde auch nicht durch die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach FWV (zwangsweise) aufgegeben.

a) Zwar wird ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Dies gilt auch dann, wenn das land- und forstwirtschaftliche Betriebsvermögen des Erblassers nach seinem Tod auf seine (nicht mitunternehmerisch verbundenen) Erben aufgeteilt wird (BFH-Urteil vom 26.9.2013, IV R 16/10, BFH/NV 2014, 324 und BFH-Urteil vom 4.7.2016, IV R 19/13, BFH/NV 2016, 1702).

b) Im Streitfall wurde der landwirtschaftliche Betrieb im Zuge der Erbauseinandersetzung jedoch nicht zerschlagen, sondern im Ganzen gemäß § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (nunmehr § 6 Abs. 3 EStG) auf DV übertragen (s. dazu BFH-Urteil vom 17.5.2018, VI R 73/15, BFH/NV 2018, 1249).

c) Die Grundstücke, die die Enkel bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach FWV erhielten, gehörten zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen, da FWV sie – mit der Bestellung der Erbbaurechte – schon in den 1970er-Jahren aus seinem Betrieb (zwangs-)entnommen hatte.

aa) Zwar verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke nach ständiger Rechtsprechung ihre Eigenschaft als (notwendiges) landwirtschaftliches Betriebsvermögen durch eine bloße Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt. Bis dahin verbleiben sie im (geduldeten – gewillkürten – ) Betriebsvermögen, sofern die Nutzungsänderung nicht einen Umfang annimmt, durch den sich der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebs derart verändert, dass die Vermögensverwaltung die landwirtschaftliche Betätigung verdrängt (BFH-Urteil vom 22.8.2002, IV R 57/00, BFH/NV 2003, 105).

bb) Als unschädlich hat der BFH hiernach insbesondere die Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten und die anschließende Bebauung durch die Erbbauberechtigten mit privaten Wohnhäusern angesehen, wenn die endgültige Nutzungsänderung einen Umfang von nicht mehr als 10 % der landwirtschaftlichen Flächen betraf, auch wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte überwogen (z.B. BFH-Urteil vom 10.12.1992, IV R 115/91, BStBl II 1993, 342).

cc) Die Auffassung der Vorinstanz, FWV habe die Erbbaugrundstücke in den 1970er-Jahren aus dem Betriebsvermögen entnommen, entspricht den vorgenannten Rechtsgrundsätzen. Im Streitfall hatte die Nutzungsänderung durch die Bestellung der Erbbaurechte und die Bebauung der Grundstücke durch die Erbbauberechtigten einen Umfang erreicht, der zu einer Vers...

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