3.2.4.1 Grundsätzliches

 

Rz. 172

Aus der Entwicklungsgeschichte des Begriffs "Teilwert" ergibt sich, dass er als Schranke gegen eine zu niedrige Bewertung entwickelt worden ist. Er soll verhindern, dass ungerechtfertigte, willkürliche stille Reserven gebildet werden. Schließlich soll der Teilwert den Steuerpflichtigen nur in der Höhe belasten, wie er dem Gesamtwert des Unternehmens entspricht. Daraus folgt, dass die Summe der bilanzierten Wirtschaftsgüter den Gesamtkaufpreis nicht übersteigen darf.[1]

 

Rz. 173

Der Teilwert ist ein ausschließlich objektiver Wert, der von der Marktlage am Bilanzstichtag bestimmt wird. Es ist unerheblich, ob die Zusammensetzung und Nutzbarkeit des Grund und Bodens von besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten des Betriebsinhabers abhängt.[2]

[1] Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, Kap E Rz. 1296.
[2] H 6.7 EStH 2019 Teilwertbegriff.

3.2.4.2 Einzelbewertung

 

Rz. 174

Ein in den Grund und Boden eingefügtes Gebäude verkörpert nicht nur einen eigenständigen Wert, der als selbstständiges Wirtschaftsgut zu erfassen und gegebenenfalls auf einen Erinnerungsposten abzuschreiben ist. Es beeinflusst zugleich den Grund und Boden, sodass es auch für den Wert des Grund und Bodens bedeutend ist, denn der Teil des Grund und Bodens, der durch das Gebäude in Anspruch genommen wird, steht nicht als unbebauter Grundstücksteil zur Verfügung. Ein nutzloses Gebäude ist daher nicht nur im Wert gemindert bzw. sogar wertlos, sondern es beeinträchtigt auch noch den Wert des Grund und Bodens, wenn dieser als unbebautes Grundstück genutzt werden soll. Ein Erwerber würde für den Grund und Boden wegen der Bebauung einen geringeren Kaufpreis entrichten, denn er würde die auf ihn zukommenden Abbruchkosten in den Kaufpreis für den Grund und Boden einrechnen.[1] Eine Bebauung mit einem nutzlosen Gebäude kann somit zu einer Teilwertabschreibung auf den Grund und Boden berechtigen.

 

Rz. 175

Der Teilwert wird nach der gesetzlichen Definition[2] durch 3 Fiktionen bestimmt:

  • der Erwerb eines ganzen Betriebes,
  • durch den Gesamtkaufpreis und dessen Aufteilung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter und
  • durch die Betriebsfortführung.

Durch derartige Fiktionen wird eine Ableitung eines Einzelwerts erschwert, sodass im Ergebnis nur die Bestimmung eines Schätzwertes möglich ist. Bei der Schätzung des Teilwerts[3] ist in erster Linie auf das Ermessen des Kaufmanns abzustellen, weil er die Verhältnisse seines Betriebs am besten kennt. Seine Schätzung darf allerdings nicht auf bloße Vermutungen oder auf einer pessimistischen Beurteilung künftiger Entwicklungen gestützt werden. Vielmehr müssen die Schätzungsgrundlagen auf objektiven Verhältnissen des Betriebs zum Stichtag beruhen. Sie müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein.[4]

 

Rz. 176

Der Teilwertbegriff ist ein fester Bestandteil der steuerlichen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich.[5] Nach dem gesetzlichen Wortlaut ist das vorrangige Ziel des Teilwertansatzes, die funktionelle Bedeutung eines Wirtschaftsguts zu einem konkreten betrieblichen Organismus oder Teilorganismus bei seiner im Rahmen der GoB vorzunehmenden bilanziellen Bewertung zu berücksichtigen. Dabei soll das einzelne Wirtschaftsgut nicht losgelöst von dem lebenden Unternehmen im Rahmen einer Einzelveräußerung, sondern als Funktionsteil eines bestimmten, fortzuführenden Unternehmens bewertet werden. Der Wert des einzelnen Wirtschaftsguts soll innerhalb des höheren Gesamtwerts des Unternehmens bestimmt werden.[6]

 

Rz. 177

Geht es um die Bewertung bebauter Grundstücke, so sind unter Beachtung des Gebots der Einzelbewertung die Teilwerte für Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits jeweils gesondert zu ermitteln und auch getrennt daraufhin zu untersuchen, ob eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt ist.[7]

[4] BFH, Beschluss v. 26.10.1995, I B 20/95, BFH/NV 1996 S. 378 m. w. N.; vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, Kap E Rz. 1297.
[5] §§ 4, 5 und 6 EStG.
[6] Vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 5. Aufl. 2015, Kap E Rz. 1291 m. w. N.
[7] BFH, Urteil v. 14.3.2006, I R 22/05, BStBl 2006 II S. 680, 681, 682 m. w. N.; vgl. Kulosa, in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 6 EStG Rz. 271.

3.2.4.3 Gründe für die Teilwertabschreibung

 

Rz. 178

Der Ansatz des niedrigeren Teilwerts (im steuerlichen Sprachgebrauch die Teilwertabschreibung oder gemäß § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB die außerplanmäßige Abschreibung) erfordert eine dauernde Wertminderung. Der Begriff der voraussichtlichen dauernden Wertminderung ist dem Handelsrecht entlehnt.[1]

 

Rz. 179

Unbebaute Grundstücke unterliegen keiner planmäßigen Abschreibung. Um eine Überbewertung zu vermeiden, ist bei ihrer Bewertung der ggf. bestehenden Notwendigkeit von außerplanmäßigen Abschreibungen (Teilwertabschreibungen) besonderes Augenmerk zu widmen. Der beizulegende Wert eines Grundstücks kann bspw. abgeleitet werden aus

  • nicht wesentlich mehr als 1 Jahr zurückliegenden Verkaufspreisen (z. B. Veräußerung eines Nachbargrundstücks),
  • aktuellen B...

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