Rz. 1

Die gegenüber der Grundzulage höhere Kinderzulage soll dem Umstand Rechnung tragen, dass Eltern wegen der Kindererziehung nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, Erwerbseinkommen zu erzielen und für eine private Altersvorsorge Vorkehrungen zu treffen.[1] Mit der Kinderzulage soll die Altersversorgung der Eltern aufgebaut werden, nicht aber eine Altersversorgung der Kinder; diese sind allenfalls mittelbar über eine mögliche eingeschlossene Hinterbliebenenversorgung begünstigt (§ 82 EStG Rz. 27).

 

Rz. 2

Die Kinderzulage beträgt für jedes vor dem 1.1.2008 geborene Kind 185 EUR und für jedes nach dem 31.12.2007 geborene Kind 300 EUR jährlich.[2]

 

Rz. 3

Die Kinderzulage wurde bis einschließlich des Beitragsjahres 2017 für jedes Kind gewährt, für das dem Zulageberechtigten Kindergeld ausgezahlt wurde.[3] Es genügte, wenn für einen Monat im Beitragsjahr (Kj., § 88 EStG) Kindergeld ausgezahlt wurde (arg. ex § 85 Abs. 1 S. 3 EStG; Rz. 7a). Nach zutreffender Auffassung des BFH[4] genügte aber allein der faktische Zufluss des Kindergelds nicht, um den Anspruch auf Kinderzulage zu begründen, da Leistungsempfänger nur derjenige sein kann, demgegenüber die Behörde mit der Zahlung eine abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will. Gibt der Empfangsberechtigte z. B. das Konto eines Dritten an, auf das die Zahlung erfolgen soll, ist der Dritte nur "Zahlstelle", nicht Leistungsempfänger. Der Zeitpunkt der Auszahlung war dagegen unerheblich (Rz. 6). Die sachlich zweifelhafte Anknüpfung an die Auszahlung sollte die Regelung handhabbar machen; die Auszahlung ist einfacher nachprüfbar als die Anspruchsberechtigung.

 

Rz. 3a

Ab dem Beitragsjahr 2018 erhält derjenige die Kinderzulage, gegenüber dem das Kindergeld "festgesetzt" wird.[5] Durch diese Anpassung des Wortlauts dürfte sich in der Praxis keine wesentliche Änderung ergeben haben[6], denn dies entspricht im Grunde schon dem früheren Vorgehen. Erfolgen Zulagenzahlungen für Beitragsjahre vor 2018 nach dem 31.12.2017 bleibt das bisherige Recht hierfür maßgebend (§ 10a Abs. 7 EStG) und die bisherigen Regelungen sind für die Zuordnung entscheidend.

 

Rz. 3b

Wird die Beantragung des Kindergelds versäumt, so entsteht mangels Auszahlung bzw. Festsetzung auch kein Anspruch nach § 85 Abs. 1 S. 1 EStG auf Kinderzulage für das Kind. Das gilt auch dann, wenn bei der Veranlagung ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG berücksichtigt wird.[7]

 

Rz. 4

Wurde das Kindergeld aufgrund behördlicher Anordnung in den Sonderfällen des § 74 EStG einem anderen als dem Kindergeldberechtigten ausgezahlt, etwa bei Heimunterbringung[8], wurde dies wie ein verkürzter Zahlungsweg behandelt. Ausreichend für die Zulageberechtigung war dann die Festsetzung des Kindergelds zugunsten des Zulageberechtigten.[9] Dieser Vorrang der Festsetzung wird durch das geänderte Recht bestätigt.[10] Wurde das Kindergeld dem Kind selbst ausgezahlt, hatten die Eltern keinen Anspruch auf die Kinderzulage für dieses Kind. Dem Kind selbst stand in diesem Fall die Kinderzulage nur zu, soweit es auch eine Grundzulage erhalten hat.[11]

 

Rz. 5

Kindergeldersetzende Leistungen, wie dem Kindergeld vergleichbare Zahlungen ausl. oder supranationaler Institutionen (§ 65 Abs. 1 S. 2 EStG), werden dem Kindergeld gleichgestellt.[12]

 

Rz. 6

Das Gesetz sagte nichts dazu aus, ob die Auszahlung im Beitragsjahr oder für das Beitragsjahr entscheidend war. Dieser Unterschied konnte im Einzelfall gravierende Auswirkungen haben. Aufgrund der Sachgesetzlichkeit ist der Auslegung der Vorzug zu geben, dass die Auszahlung für das Beitragsjahr Wirksamkeit hat, für das sie erfolgte.[13] Das hatte einerseits zur Folge, dass eine Nachzahlung von Kindergeld in einem späteren Kj. die Kinderzulage nachträglich entstehen ließ. Die Nachzahlung war in diesem Fall ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO; die Vorschrift ist auf die als Steuervergütung geltende Zulage anwendbar (§ 96 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 155 Abs. 4 AO). Andererseits wurde durch eine solche Auslegung vermieden, dass Kindergeldzahlungen, die in einem Jahr für mehrere Kj. erfolgen, sich nur auf die Zulagenberechtigung dieses einen Jahres auswirken. Diese Auslegung steht im Übrigen im Einklang mit der Rückforderungsregelung in § 85 Abs. 1 S. 3 EStG, wo der nachträgliche Wegfall ebenfalls wie ein rückwirkendes Ereignis behandelt wird (Rz. 7), sowie mit der Konkurrenzregelung in § 85 Abs. 1 S. 4 EStG ("für den ersten Anspruchszeitraum").

Auch nach der geänderten Rechtslage wird der Grundgedanke folgerichtig beibehalten: Es kommt nicht auf das Beitragsjahr an, in dem die Festsetzung des Kindergelds erfolgt, sondern auf das Beitragsjahr für das dies rückwirkend geschieht.[14]

[1] BT-Drs. 14/5150, 36.
[2] Eingefügt durch G. v. 10.12.2007, BGBl I 2007, 2838.
[5] BetriebsrentenstärkungsG v. 17.8.2017, BGBl I 2017, 3214.
[6] BT-Drs. 18/11286, 63.

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