Rz. 8

Schifffahrtsbetriebe erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Vor der Anwendung des § 5a EStG stellt sich daher die allgemeine Frage der Gewinnerzielungsabsicht i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG, da Schifffahrtsunternehmen in der Vergangenheit oftmals als Verlustzuweisungsgesellschaften anzusehen gewesen sind.[1] Nach der Rspr. des BFH besteht in diesen Fällen die Vermutung, dass ein solches Unternehmen zunächst ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt, dass aber diese Vermutung widerlegt werden kann (§ 2 EStG Rz. 77ff.).[2]

 

Rz. 9

Nach Auffassung der Verwaltung ist zur Sicherstellung des mit der nach der alten Rechtslage zweijährigen Antragsfrist (§ 5a Abs. 3 EStG) verfolgten Förderziels für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht auch während des Tonnagesteuerzeitraums die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG (ohne Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 EStG) zugrunde zu legen.[3] Diese Auffassung ist indes abzulehnen. Sie lässt sich nur mit der Erkenntnis begründen, dass das System der Tonnagebesteuerung mit dem übrigen System des EStG nicht abgestimmt worden ist. Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach einem Totalgewinn, dieser ist aber aus den allgemeinen Grundsätzen nicht zu rechtfertigen. Zur Ermittlung des Totalgewinns sind sämtliche stpfl. wie auch steuerfreien (Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG) Vermögensmehrungen mit einzubeziehen. Nicht stpfl. oder steuerfreie Vermögensmehrungen, z. B. der Veräußerungsgewinn aus der privaten Veräußerung eines Grundstücks außerhalb der 10-Jahres-Frist, sind nicht mit einzubeziehen (§ 2 EStG Rz. 80). Totalgewinn ist der nach §§ 4 Abs. 1 oder Abs. 5 EStG ermittelte Gewinn. Wird der Gewinn aber nach anderen Vorschriften ermittelt, z. B. § 4 Abs. 3 EStG, wird dieser Gewinn zugrunde gelegt. Das muss auch für die Anwendung des § 5a EStG gelten. Nach § 5a Abs. 5 S. 1 EStG umfassen Gewinne nach Abs. 1 auch Einkünfte nach § 16 EStG, d. h. ein etwaiger Veräußerungsgewinn ist nicht zu versteuern, sondern ist durch den Gewinn nach der Tonnage abgegolten. Das bedeutet, es gibt keinen unter § 16 EStG fallenden Veräußerungsgewinn, der Tonnagegewinn ist auch der Veräußerungsgewinn, sodass er bei der Ermittlung des Totalgewinns nicht angesetzt werden kann. Das "Umfassen" i. S. d. § 5a Abs. 5 EStG kann in keinem Fall mit der Steuerfreiheit nach § 16 Abs. 4 EStG gleichgesetzt werden. Zur – vergleichbaren – Gewinnermittlung nach § 13a EStG hat der BFH zutreffend entschieden, das Wesen der Durchschnittsbesteuerung nach § 13a EStG liege darin, dass auf die Ermittlung des tatsächlichen Gewinns bzw. Verlustes, wie er sich aus der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ergebe, verzichtet werde. Es werden Gewinne ermittelt, die nicht den tatsächlichen Gewinnen entsprechen können und auch nicht entsprechen sollen. Es handle sich vielmehr bei diesen Gewinnen um eine unwiderlegbare Fiktion des erzielten Gewinns. Auf einen anderen Gewinn bestehe kein Anspruch, selbst wenn er nachgewiesen werde.[4] Diese Rspr. ist ohne Weiteres auf § 5a EStG anwendbar, der ähnlich § 13a EStG gestaltet ist, da der Gewinn nicht durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird, sondern ein nach Maßeinheiten ermittelter Gewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Daraus folgt notwendigerweise: Unternehmen, die von Beginn bis zum Ende ihrer Tätigkeit den Gewinn nach § 5a EStG ermitteln, was nach der aktuellen Rechtslage der Normalfall ist, erzielen in jedem Wirtschaftsjahr nur Gewinne, sodass die Gewinnerzielungsabsicht problemlos zu bejahen ist.

 

Rz. 10

Handelt es sich um Altbetriebe (Bestehen bereits vor dem Inkrafttreten des § 5a EStG), die zuvor ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG durch Bestandsvergleich ermittelt haben, ist die Gewinnerzielungsabsicht regelmäßig ebenfalls zu bejahen. Bei solchen Betrieben entstehen in den Anfangsjahren durch hohe Konzeptionskosten und ggf. degressive AfA erhebliche Anfangsverluste. Gleichwohl ist die Frage der Gewinnerzielungsabsicht bei Beginn des Betriebs anhand des eingereichten Prospekts, der Ergebnisvorschau usw. regelmäßig geprüft worden. Die Vermutung des Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht ist in der Praxis in den meisten Fällen widerlegt worden, weil ein entsprechend hoher Veräußerungsgewinn des Schiffes die Anfangsverluste übersteigt und wahrscheinlich zu einem Totalgewinn führen wird.

 

Rz. 11

Wechselt der Stpfl. nach der Verlustperiode zur Gewinnermittlung nach § 5a EStG, ist ein zukünftiger Veräußerungsgewinn aber durch die Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 5 EStG abgegolten, sodass er dann auch nicht bei der Berechnung des Totalgewinns angesetzt werden kann (strittig, vgl. Rz. 9).[5] Ein etwaiger Totalüberschuss lässt sich in diesem Fall auch unter Berücksichtigung der Hinzurechnung nach § 5a Abs. 4 EStG kaum noch darstellen. Gleichwohl bleibt die Gewinnerzielungsabsicht erhalten, da der Gesetzgeber selbst die Möglichkeit geschaffen hat, zukünftig den Gewinn nach der Tonnage zu ermitteln. Es wäre geradezu widersinnig, den Stpfl. ...

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