Rz. 168

Für immaterielle Wirtschaftsgüter galt ursprünglich handels- und steuerrechtlich die gleiche Regelung, nämlich ein Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter und ein Aktivierungsgebot für derivativ erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter.

Durch § 248 Abs. 2 HGB i. d. F. des BilMoG v. 25.5.2009[1], ist das handelsrechtliche Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände beseitigt und durch ein Aktivierungswahlrecht ersetzt worden. Ein Aktivierungsverbot besteht insoweit nur noch für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und vergleichbare immaterielle Wirtschaftsgüter. Gründe für das insoweit fortbestehende Aktivierungsverbot sind die Unsicherheit bei der Bewertung sowie der Umstand, dass insoweit praktisch kaum Herstellungskosten angefallen sein werden.

Andere selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände (mit Ausnahme des selbst geschaffenen Firmen- oder Geschäftswerts; vgl. Rz. 178) dürfen aktiviert werden (Aktivierungswahlrecht). Die Bewertung erfolgt mit den Herstellungskosten, die in § 255 Abs. 2a HGB konkretisiert werden als die bei der Entwicklung des Vermögensgegenstands angefallenen Aufwendungen i. S. d. § 255 Abs. 2 HGB. "Entwicklung" bedeutet dabei die Anwendung von Forschungsergebnissen oder anderem Wissen für die Neu- oder wesentliche Weiterentwicklung von Gütern und Verfahren. Nicht aktiviert werden dürfen danach Forschungsaufwendungen; Forschung ist definiert als die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können. Lassen sich Forschung und Entwicklung nicht klar von einander trennen, besteht ein Aktivierungsverbot.

Nach § 268 Abs. 8 HGB besteht eine Ausschüttungssperre für den Gewinn aus der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände. Dieser Gewinn darf nur ausgeschüttet werden, soweit die danach noch verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen und ein Gewinnvortrag, abzüglich eines Verlustvortrags, den Betrag der aktivierten selbst geschaffenen Wirtschaftsgüter abzüglich der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern erreichen. Damit wird sichergestellt, dass Rücklagen zumindest in Höhe der Herstellungskosten der aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter abzüglich bereits passivierter latenter Steuern gebildet werden.

Dagegen ist § 5 Abs. 2 EStG beibehalten worden. Daher besteht steuerlich weiterhin ein Aktivierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter. Das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht für Entwicklungsaufwendungen führt daher nicht zu einem steuerrechtlichen Aktivierungsgebot. Insoweit ist der Grundsatz der Maßgeblichkeit durchbrochen.

 

Rz. 168a

Nach § 5 Abs. 2 EStG ist für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (zum Umlaufvermögen vgl. Rz. 221) ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben worden sind. Dies bedeutet zunächst ein Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene, also insbesondere selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter. Im Zusammenwirken mit dem Vollständigkeitsprinzip des § 246 Abs. 1 HGB besteht steuer- wie handelsrechtlich eine Aktivierungspflicht für entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.

§ 5 Abs. 2 EStG ist auf alle Gewinnermittlungsarten, also auch im Bereich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG, anwendbar.[2]

 

Rz. 169

Immaterielle Wirtschaftsgüter sind Ideen, Rechte und Werte, die Wirtschaftsgut-Eigenschaft haben (vgl. § 4 Rz. 166ff.) und weder zu den Sachanlagen (materiellen Wirtschaftsgütern) noch zu den Finanzanlagen (Forderungen, Beteiligungen) gehören.[3] Es sind Wirtschaftsgüter, die ihren wesentlichen Wert aus ihrem geistigen Gehalt herleiten und insofern nicht greifbar sind. Hierunter fallen z. B. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Lizenzrechte, ungeschützte Erfindungen, Software, Rechte aus vertraglichen Wettbewerbsverboten, Belieferungsrechte, Kauf- und Verkaufsoptionen sowie der Geschäftswert.[4]

Soweit sich die Werte – ähnlich wie Eigentumsrechte – auf Sachvermögen richten (z. B. Erbbaurecht, Mietereinbauten, wirtschaftliches Eigentum an körperlichen Gegenständen; nicht aber: Nutzungsrechte an Sachen), sind sie als Sachanlagen auszuweisen (vgl. Pankow/Reichmann, in Beck’scher Bilanzkommentar, § 247 HGB Rz. 372).

Im Gegensatz zu den immateriellen Wirtschaftsgütern sind materielle Güter "körperlich" greifbar, gegenständlich. Eine "Verkörperung" des geistigen Gehalts macht ein immaterielles Wirtschaftsgut indes nicht ohne Weiteres zu einem materiellen. Abgrenzungsschwierigkeiten treten deshalb auf, wenn der immaterielle Wert auf einem Datenträger fixiert ist (Wort, Bild, Ton, Programm etc.). Die Abgrenzung folgt hier im Wesentlichen der Verkehrsanschauung und ist dementspreche...

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