Rz. 89

Für die Beurteilung, ob die Einnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlungen niedrig besteuert werden, verweist § 4j Abs. 2 S. 4 EStG auf die entsprechende Anwendung von § 8 Abs. 5 S. 2 u. 3 AStG. Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine niedrige Besteuerung insbesondere auch dann anzunehmen ist, wenn zwar nach den ertragsteuerlichen Regelungen des Empfängerstaates eine niedrige Besteuerung zu verneinen wäre, der Staat jedoch auf wirtschaftlich vergleichbare Weise (z. B. durch eine Nichterhebung von Steuern auf Lizenzeinkünfte) eine Begünstigung gewährt.[1]

 

Rz. 90

Nach § 8 Abs. 5 S. 2 AStG sind in die Berechnung der Ertragsteuerbelastung Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausl. Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausl. Gesellschaft dem in Deutschland unbeschränkt Stpfl. oder einer anderen Gesellschaft, an der der Stpfl. (in-)direkt beteiligt ist, gewährt. Die Einführung von § 8 Abs. 5 S. 2 AStG erfasst Fallgestaltungen nach dem sog. "Malta-Modell". Hier erfolgte die Erstattung der von der hochbesteuerten maltesischen Tochtergesellschaft gezahlten Steuer bei Ausschüttung der Gewinne auf Ebene des maltesischen Gesellschafters (Zwischenholding), wobei diese Erstattung zunächst nicht bei der Ermittlung der Niedrigbesteuerung nach § 8 Abs. 5 AStG zu berücksichtigen war. Nach § 8 Abs. 5 S. 2 AStG werden jedoch bestimmte, auf anderen Ebenen verwirklichte Tatbestände in die Ermittlung der Ertragsteuerbelastung einbezogen.[2] Bezogen auf die Anwendung von § 4j EStG würden also Entlastungs- oder Erstattungsansprüche, die der Ansässigkeitsstaat des Gläubigers der Lizenzzahlungen bei einer Gewinnausschüttung an einen dem inländischen Schuldner nahestehenden Anteilseigner gewährt, die Ertragsteuerbelastung nach § 4j Abs. 2 EStG reduzieren.[3] Eine unreflektierte Anwendung von § 8 Abs. 5 S. 2 AStG würde dem gesetzgeberischen Willen jedoch insofern widersprechen, als dieser nur die spezielle steuerliche Begünstigung von Lizenzeinnahmen durch eine (schädliche) Präferenzregelung sanktionieren will, nicht aber allgemeine Steuerbegünstigungen wie etwa Entlastungs- oder Erstattungsansprüche im Rahmen von Gewinnausschüttungen.[4] Eine entsprechende Anwendung von § 8 Abs. 3 S. 2 AStG sollte daher nur dann folgerichtig umgesetzt sein, wenn die ausl. Regelung einen Entlastungs- oder Erstattungsanspruch nur insoweit gewährt, wie in den ausgeschütteten Gewinnen Lizenzeinkünfte enthalten sind.

 

Rz. 91

Nach § 8 Abs. 5 S. 3 AStG liegt auch dann eine niedrige Besteuerung vor, wenn Ertragsteuern von mindestens 25 % zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden. Für Zwecke des § 4j Abs. 2 EStG sollte dies bedeuten, dass die Ertragsteuern, die in der Steuerjurisdiktion des Gläubigers der Lizenzzahlungen auf die Lizenzeinkünfte entfallen, nicht nur rechtlich geschuldet, sondern auch tatsächlich erhoben werden müssen. Anderenfalls würde der Teil der nicht erhobenen Steuern nicht bei der Ermittlung des Ertragsteuerniveaus nach § 4j Abs. 2 S. 1 EStG berücksichtigt werden dürfen. Auch hier sollte die entsprechende Anwendung von § 8 Abs. 5 S. 3 AStG so zu verstehen sein, dass die Präferenzregelung, die zu einer Nichterhebung der Ertragsteuern führt, speziell für Steuern auf Lizenzeinkünfte konzipiert sein muss (Rz. 90).[5]

[1] BT-Drs. 18/11233, 16.
[2] Zum "Malta-Modell" vgl. Kraft, IStR 2016, 129, 130.
[3] So auch BMF v. 5.1.2022, IV C 2 – S 2144-g/20/10002:007, Tz. I 2, BStBl I 2022, 100.
[4] Grotherr, Ubg 2017, 233, 243.
[5] Grotherr, Ubg 2017, 233, 243.

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